Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
geheißen habe und aus White Plains in New York stamme. Sie war in den sechziger Jahren ein gefragtes Fotomodell gewesen und richtete dauernd ihre Kamera auf Fleur. »Nur so zum Spaß«, meinte sie.
Fleur verabscheute es, fotografiert zu werden. Sie riss sich das T-Shirt über den Kopf und lief ins Meer.
Madame Duverge folgte ihr und hielt den Auslöser gedrückt.
Irgendwann entdeckte Fleur, dass die jungen Männer an den feinsandigen griechischen Stränden ihr genauso nachstarrten wie die in Châtillon-sur-Seine. »Wieso verhalten die sich so blöd? Das macht mich nervös. Ich kann nicht mal mehr ungestört schnorcheln«, beklagte sie sich bei Belinda.
Ihre Mutter trank einen Schluck Gin Tonic. »Ignorier sie einfach. Sie sind nicht wichtig.«
Als Fleur nach den Ferien zum letzten Schuljahr in den Konvent zurückkehrte, hatte sie keine Ahnung, dass sich ihr Leben abrupt ändern sollte. Im Oktober, kurz nach ihrem sechzehnten Geburtstag, brach ein Feuer in ihrem Schlafsaal aus, und alle Mädchen wurden schleunigst evakuiert. Ein Fotograf der lokalen Tageszeitung lichtete die Töchter der einflussreichen französischen Elite ab, wie sie in ihren Schlafanzügen vor dem rauchenden Gebäude standen. Der Schlafsaal nahm durch den Brand erheblich Schaden, zum Glück jedoch wurde niemand verletzt. Aufgrund der Prominenz der Familien fanden mehrere Fotos den Weg in die Le Monde , unter anderem auch eine Großaufnahme der nahezu totgeschwiegenen Tochter von Alexi Savagar.
Alexi war intelligent genug gewesen, Fleurs Existenz nicht zu verheimlichen. Stattdessen hatte er, sobald ihr Name fiel, eine versteinerte Miene aufgesetzt, woraus geschlossen wurde, dass seine Tochter gewiss behindert wäre, womöglich gar geistig zurückgeblieben. Allerdings war die bezaubernd schöne junge Frau mit den vollen Lippen und den faszinierenden Augen bestimmt kein bedauernswertes Geschöpf, das man vor der Öffentlichkeit verstecken musste.
Alexi war außer sich vor Zorn, dass die Zeitung sie identifiziert hatte, aber da war es schon zu spät. Die Leute begannen Fragen zu stellen. Dummerweise musste Solange Savagar ausgerechnet zu diesem kritischen Zeitpunkt sterben. Und Alexi hätte die rufschädigenden Spekulationen auf gar keinen Fall dulden können, warum seine auf dem Foto offensichtlich kerngesunde Tochter der Beerdigung ihrer Großmutter fernblieb.
Er wies Belinda an, ihren kleinen Bastard nach Paris zu holen.
7
Ich lerne heute meinen Vater kennen. Dieser Gedanke wirbelte Fleur im Kopf herum, als sie einer Hausangestellten durch die totenstille, ungemütliche Eingangshalle des Stadtpalais in der Rue de la Bienfaisance folgte. Vor einem kleinen Salon mit einer schweren, holzgerahmten Tür blieb die Angestellte stehen, drückte die Klinke herunter und trat zurück.
»Baby!« Unversehens sprang Belinda von einer seidengepolsterten Couch auf. Sie hielt einen Drink in der Hand, und die goldschimmernde Flüssigkeit schwappte über den Glasrand. Sie stellte das Glas ab und breitete die Arme aus.
Fleur lief zu ihr. Dabei stolperte sie über den Perserteppich und wäre fast gestürzt. Sie umarmten einander, und als sie das blumige Shalimar inhalierte, fühlte Fleur sich gleich besser. Sie hatte ihre Mutter wahnsinnig vermisst.
Belinda wirkte blass und sehr elegant in ihrem schwarzen Kostüm von Dior und den halbhohen Slingpumps mit offener Spitze. Fleur, die Alexi bewusst nicht durch Kleidung beeindrucken wollte, trug eine schwarze Schurwollhose mit V-Ausschnitt-Pullover und darüber einen alten Tweedblazer mit schwarzen Samtrevers. Jen und Helene, ihre beiden Freundinnen, hatten vorgeschlagen, sie solle ihre Haare hochstecken, um reifer auszusehen, aber das hatte sie nicht getan. Die beiden Spangen, mit denen sie sich das Haar nach hinten gesteckt hatte, passten zwar nicht zusammen, aber es musste reichen. Schließlich befestigte sie ihr silbernes Reitabzeichen am Jackenaufschlag. Das gab ihr Selbstvertrauen. Und das hatte sie bitter nötig, seufzte sie im Stillen.
Belinda streichelte Fleurs Wange. »Ich freue mich so, dass du hier bist.«
Fleur gewahrte die dunklen Schatten unter den Augen ihrer Mutter, den Drink auf dem Tisch, und sie umarmte sie noch inniger. »Du hast mir so gefehlt.«
Belinda fasste sie bei den Schultern. »Es wird nicht einfach werden, Baby. Aber wir wollen das Beste hoffen. Geh Alexi nach Möglichkeit aus dem Weg.«
»Ich hab keine Angst vor ihm.«
Fahrig winkte Belinda ab. »Seit Solanges
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