Kein Sex ist auch keine Loesung
von Susanne für untragbar befundenen und in Plastiktüten
verschnürten Klamotten aus der Mülltonne vor ihrem Haus zu retten und zur Aufbewahrung an mich zu nehmen.
Nur echte, tiefe Männerfreundschaft kann einen dazu bewegen, im Müllcontainer eines 1 2-Familien -Hauses sämtliche Aldi-Tüten nach Bekleidungsresten abzusuchen.
Ein unschöner Zwischenfall ereignete sich allerdings daraufhin letzten Sommer, bei der Gartenparty unseres Fitnessclubs.
Ich hatte mir leihweise ein Hawaiihemd aus Vince’ Bestand übergeworfen, natürlich gereinigt, sonst hätte ich mit dem Geruch
das örtliche Bestattungsunternehmen auf den Plan gerufen. Susanne, die mich daraufhin einige Male mit angewidertem Blick umkreiste,
als wäre ich eine mit den Wildecker Herzbuben plakatierte Litfaßsäule, blieb nach der dritten Runde abrupt stehen. Mit abfälligem
Tonfall sagte sie dann erst zu Vince: «Guck mal, Schatz, so ein scheußliches Hemd hattest du doch auch mal», und im Anschluss
zu mir: «Wird Zeit, dass du dir eine Freundin suchst.»
Zurück zu Elisa. Vielleicht ist sie ja auch schon längst Hals über Kopf mit einem reichen Knopf, wie Nadja ihn aufgetan hat,
über alle Berge. Man kennt solche Typen ja. Ich schätze, er hat sie mit Geld und Geschenken willenlos gemacht. Geld macht
nun mal sexy, da kann mir einer erzählen, was er will. Es symbolisiert Macht, Unabhängigkeit und unterstützt Minderbemittelte
– vor allem bei der |161| Suche nach einer Frau. (Ich denke da zum Beispiel an Chris de Burgh oder Oliver Kahn.)
Aber Elisa muss doch wissen, dass ich kurz vor einer Gehaltserhöhung stehe. Vielleicht wurde sie ja auch entführt. Ich könnte
zum Beispiel eine Suchmeldung herausgeben. Oder einen Reiseruf durchs Radio schicken:
Gesucht wird die wunderschöne Elisa Hausmann, sie ist extrem sexy und duftet herrlich nach frischen Brötchen. Erschrecken
Sie nicht, denn sie ist in Begleitung des Amphibienmenschen. Der Mann riecht nicht besonders gut, ist als gefährlich einzustufen
und bedarf dringend einer Zahnbürste.
Oder ich könnte
Aktenzeichen
XY
ungelöst
auf sie ansetzen:
Guten Abend, meine Damen und Herren, auch heute befassen wir uns wieder mit dem außergewöhnlich brutalen Entführungsfall eines
jungen, hübschen Mädchens. |162| Die Polizei und ihr zurückgelassener, völlig verzweifelter Liebhaber sind schon seit sechs Tagen in großer Sorge. Es muss
von einem Gewaltverbrechen ausgegangen werden, da nicht anzunehmen ist, dass die hübsche Frau ihrem Entführer freiwillig gefolgt
ist. Hinweisen aus der Bevölkerung wird unter allen Umständen nachgegangen.
Ist es wirklich erst sechs Tage her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Es kommt mir wie sechs Wochen vor. In jedem
Fall sollte ich darüber nachdenken, bei mir zu Hause eine Fangschaltung installieren zu lassen, für den Fall, dass der Zombie
sie gegen Geld wieder hergeben will.
Und während ich noch überlege, wie viel Lösegeld mir Elisa wohl wert wäre – immerhin sind unsere Tage ja ohnehin gezählt –, stapfe ich die Treppen zur Agentur hoch.
Klaus sitzt mit geröteten Augen auf seinem Posten. Um den Hals baumelt eine Sonnenbrille, die er blitzschnell über sein aufgequollenes
Gesicht stülpt, als ich überraschend durch die Tür trete. Neben den Herpesbläschen auf seiner Oberlippe eigentlich ein sicheres
Indiz dafür, dass heute Montag sein müsste. Klaus verliebt sich schätzungsweise jedes zweite Wochenende mehr oder weniger
unsterblich in irgendeine überzüchtete Variation von Moritz Bleibtreu. Die Woche darauf ist dann meist alles wieder vorbei,
was zur Folge hat, dass Klaus jeden zweiten Montag, klinisch tot und völlig verheult, in der Agentur auf halbmast hängt.
Da aber heute bereits Dienstag ist, hat er sich eventuell in einen Friseur verknallt. Die haben ja bekanntlich montags frei
und werden somit erst einen Tag später untreu.
|163| Klaus schickt einen feindseligen Blick, gepaart mit zusammenhanglosem Gejammer über Männer – diese Schweine –, in meine Richtung und macht ein Gesicht wie jemand, der bei der Testamentsvollstreckung leer ausgegangen ist.
Ich will sein Leid nicht länger mit ansehen und verschanze mich in meinem Büro, wo ich sogleich damit beginne, einen Haufen
liegengebliebener Strafarbeiten zu erledigen, bis mich das Telefon aufschreckt.
«Hi, Tom, Lisa hier.»
Mir schießt das Adrenalin durch die Adern.
«Lisa? Ach, hallo, Elisa.»
Dies ist mit
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