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Keine Frage des Geschmacks

Keine Frage des Geschmacks

Titel: Keine Frage des Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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apitíta«, wünschte ein Bariton an Raccaros Tisch, und die Männer verputzten in Rekordgeschwindigkeit den Vorspeisenteller, zu dem ein 97er »Faiveley Puligny-Montrachet« serviert wurde. Zum Hauptgang stiegen die Herren dann auf einen Roten um. Vom »Mouton Rothschild« bestellten sie gleich zwei Flaschen.
    Mit einer weiteren SMS hatte sie Gilo geraten, irgendwo essen zu gehen. Raccaro habe im Hotel eingecheckt. Sie würden sich dann später sehen. Als die Männer beim Kaffee angelangt waren, zog Lele seine Unterlagen aus einer Mappe und legte sie den anderen vor. Sie hörte, dass es um Einkaufszentren und Hotelneubauten ging, Spekulationsobjekte und Geldwaschanlagen, die derzeit nicht die erwartete Rendite abwarfen.
    »Kein Geschäft mehr ohne Garantien! Wir werden deineGesellschafter in der AFI.« Einer der Männer, etwas älter als die anderen und mit einer sehr teuren, massivgoldenen Uhr am Handgelenk, war ziemlich ungehalten.
    »Hast du schlecht geträumt, Boris?«, keifte Raccaro. »Einkaufszentren, Hotels oder Kunstwerke. Der Finanzmarkt ist derzeit zu labil. Wie wollt ihr sonst eure Kohle anlegen? Ihr wisst doch selbst, dass diese Objekte ideal für große Investitionen sind. Der Abschreibungsbedarf ist hoch, und nach Ablauf der Sperrfristen lassen Hotels sich in Eigentumswohnungen umwandeln. Mittelfristig trocknen wir mit diesen Einkaufszentren die Geschäfte in den Innenstädten aus, dann bringen sie gute Gewinne. Rationalisieren, heißt das Stichwort! Daran arbeitet die halbe Welt: weniger Produkte, weniger Geschäfte, mehr Umsatz und noch mehr Gewinn. Diese ganze Vielfalt kostet doch nur Geld und stiftet kulturellen Wirrwarr. Und die Leute, die behaupten, dass Diversität Reichtum bedeute, schalten wir nach und nach aus. Eine vorübergehende Mode. In der Sowjetunion hattet ihr die Sache besser in der Hand. Die politische Achse Tripolis–Rom–Moskau funktioniert Gott sei Dank, weder aus Paris noch aus Berlin kommt Widerstand. Auch wenn die Politik ein bisschen langsamer vorgehen muss, damit sie die Kontrolle nicht verliert, wäre die geschäftliche Realität ohne den Beitrag der Deutschen und Franzosen deutlich schlechter. Wir sind auf einem ausgezeichneten Weg.«
    »Langfristig vielleicht, Raccaro«, kommentierte der Mann, den Lele vorher Boris genannt hatte. »Deine letzten Investionen hinken dafür auf allen vier Füßen.«
    Lele wischte den Einwand mit einer unwirschen Handbewegung weg. »Ich habe die Situation völlig unter Kontrolle. Die Leute tun, was ich sage. Hab Geduld, bis die Krise durchgestanden ist.«
    »Und in der Zwischenzeit kassieren andere. Vergiss es. Ich will Garantien.«
    »Steck dir dein Misstrauen in den Arsch! Du willst welche, ich will welche. Glaubst du, dass meine Freunde aus Cosenza und Caserta von vorgestern sind? Der ganze Obst- und Gemüseanbau wirft nur deshalb ein Vermögen ab, weil inzwischen alle zusammenarbeiten und sich nicht mehr um Kleinigkeiten streiten. Die einen kontrollieren den Anbau, die anderen die Transporte. Und die dritten sorgen sich um die richtigen Anlagen. Und genauso geht’s mit den Projekten der Energieversorgung. Das weißt du deutlich besser als ich. Die geplante Flüssiggas-Aufbereitungsanlage in Triest, die Pipeline durch den Golf, das können wir nur realisieren, wenn wir alle davon profitieren.«
    »Und was ist mit der AFI?«
    »Eine Hand wäscht die andere, Boris. Okay, du wirst mein Gesellschafter, ich werde deiner. Nur so geht das, wenn du der bisherigen Geschäftsbasis misstraust.«
    Margherita tippte ein paar Stichworte in ihr Telefon und machte heimlich ein paar Schnappschüsse. Sie verließ das Restaurant, nachdem Lele gegen zweiundzwanzig Uhr die Rechnung abzeichnete. Trinkgeld hinterließ er keines.
    »Frühstück morgen um neun in meiner Suite. Studiert solange den Vertrag, und das Geld gebt ihr mir dann morgen.« Der kleine Mann, der selbst als er aufgestanden war, die sitzenden Russen nicht überragte, zeigte auf den Aktenkoffer neben dem Stuhl einer seiner Gäste. »Ich gehe schlafen, Towarisch.«
    Die drei Männer blieben am Tisch zurück und bestellten eine weitere Flasche »Mouton Rothschild«.
    Margherita traf Gilo auf dem Lungomare Adriatico wieder. Während sie Arm in Arm inmitten der Touristen Richtung Sabbia d’Oro schlenderten, berichtete sie ausführlich und so rasch sie konnte.
    »So was liest man nie in der Zeitung, warum eigentlich?«, fragte sie aufgebracht. »Wenn nur die Hälfte von dem stimmt,was ich gehört

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