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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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bedeuten, daß ihre
Mutter ihm ihr Geheimnis verraten hatte, und sie haßte ihre Mutter sowieso
schon so leidenschaftlich, daß nichts es noch schlimmer machen konnte.
    Seit sie mit Neil zusammen war, hatte
ihre Mutter ihr klar zu verstehen gegeben, wie sehr sie die Beziehung
mißbilligte. Während sie hilflos zusehen mußte, wie ihre Tochter sich
verliebte, hatte sie zwei Jahre lang geschmeichelt, manipuliert und ihnen
Steine in den Weg gelegt, bis sie endlich einen Grund gefunden hatte, darauf zu
bestehen, daß sie sich nicht mehr trafen. Margaret war so beseelt davon, ihre
Trennung endgültig zu besiegeln, daß sie sogar bereit war, weit weg zu ziehen.
Und die ständigen Attacken ihrer Mutter hatten Alison so zugesetzt, daß sie nun
keine Kraft mehr hatte, Widerstand zu leisten. Sie drehte sich zur Wand und
starrte auf die zitronengelbe Blümchentapete, bis ihre Mutter das Zimmer
verließ. Dann kamen ihr die Tränen und durchnäßten das heiße Kissen unter ihrer
Wange.
    Jetzt dagegen starrte sie durch den
Gardinenspalt zum kalten Sternenhimmel empor. Sie würde nicht zulassen, daß ihr
jemand Neil wegnahm. Nicht, nachdem sie ihn wiedergefunden hatte.
     
    Durch das Tafelglasfenster sah Charlie
Prince seine Lunchverabredung kommen.
    »Schön, dich zu sehen«, sagte er und
hauchte ihr einen Kuß auf beide Wangen. Dann zeigte er ihr, wo sie ihre
knallgelbe Jacke abgeben konnte.
    Die Empfangsdame hielt das Kleidungsstück
weit weg von ihrem schlanken, schwarzgekleideten Körper, als wäre es
kontaminiert, und drückte Ginger ein Ticket in die Hand.
    »Bist du mit dem Fahrrad hier?« fragte
Charlie unnötigerweise, als Ginger auch das Hinterrad ihres Drahtesels über die
Theke reichte.
    »Ja. Sorry, aber mir haben sie schon
zwei geklaut, und es ist kinderleicht, sie abzuschrauben — wie ich festgestellt
habe, als mir klar wurde, daß der Typ, der mein letztes mitgehen lassen hat,
nicht länger als fünf Minuten gebraucht haben kann.«
    »Aha«, sagte Charlie unsicher. Um sich
wieder auf vertrauteres Territorium zu retten, fügte er hinzu: »Bist du schon
mal hiergewesen?«
    »Nein«, sagte sie und griff sich eine
Handvoll der sehr geschmackvollen, schwarzweißen Werbepostkarten vom Empfang.
Verblüfft beobachtete er, wie sie sie in ihren glänzenden, schwarzen Rucksack
steckte.
    »Warum wolltest du denn dann
herkommen?« fragte er leichthin.
    »Ich hab was drüber gelesen. Sie
hatten gute Kritiken, und mir gefiel die Vorstellung, in einer Bank Mittag zu
essen, obwohl es hier gar nicht mehr so aussieht, oder?« Gingers Augen
wanderten zu dem spitzen, modernen Kronleuchter, der die gesamte Decke einnahm.
    An jeder Ecke der Stadt wurden
Restaurants in Räumlichkeiten eröffnet, die vorher völlig andere Funktionen
gehabt hatten. Ehemalige Gerichtssäle, Lagerhäuser, Fabriken, sogar die
Unfallstation eines Krankenhauses, alles wurde zu Futterpalästen umfunktioniert.
Nach der düsteren Stimmung der frühen Neunziger gingen die Leute wieder essen.
Ginger hatte eine themenbezogenere Ausstattung erwartet, mit altmodischer
Holztäfelung, Kassiererinnen, die die Bestellungen entgegennahmen, und einem
Speisesaal im Büro des Managers, aber das helle Interieur dieses Restaurants
hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit einer Bank. Es war schick und
einfach nett, und der teuerste Laden, der ihr eingefallen war, als Charlie sie
an ihrem ersten Arbeitstag überraschend angerufen hatte.
    Sie setzten sich und hörten geduldig
zu, als die Kellnerin sie über die Spezialitäten des Hauses aufklärte.
    »Ich kann mir das meist sowieso nicht
merken, obwohl ich mir wirklich Mühe gebe, mich zu konzentrieren. Normalerweise
nicke ich dann, lächle und sage, daß alles sehr lecker klingt«, gab Ginger zu
und schnappte sich die Speisekarte, sobald die Frau verschwunden war.
    Sie hatte vor, sich das teuerste
Gericht auszusuchen, egal, was es war. Sie sagte sich — sie wußte, es war
unfair — , daß sie Charlie jeden Monat Ausgaben von hunderten von Pfund
ersparte, indem sie ihn nicht bei den Behörden anschwärzte.
    Es fiel ihr sehr schwer, ihm ins
Gesicht zu sehen. Da Guy ihm so ähnlich sah, mußte sie sich dauernd
zusammenreißen, sich nicht nach vorne zu beugen und ihm einen Kuß auf die Wange
zu drücken. Außerdem, dachte sie, hatte er sie schließlich eingeladen, also
konnte er auch gefälligst Small Talk machen.
    »Wie läuft’s denn so bei der BBC?«
fragte er schließlich, nachdem sie bestellt hatten.
    »Ganz okay«, sagte

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