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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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elfjährigen Schüler beibringen, wie man
ein Turngerät benutzt.
    Anouska kicherte.
    »Ich dachte, sie ahmen einen nach«,
sagte er zu Lia, die sie beim Spielen beobachtete und den Blick nicht von ihnen
wenden konnte.
    Es war, als hätte er endlich kapiert,
daß Anouska einem mehr gab, wenn man Zeit und Mühe in sie investierte.
Vielleicht hatte er an Silvester den guten Vorsatz gefaßt, sich mehr zu
bemühen. Sie sah, daß es ihm langsam Spaß machte, sich mit dem Baby zu
beschäftigen, und er sprach inzwischen von sich selbst als Daddy. Als Lia ihn
das zum ersten Mal hatte sagen hören, leise, als wollte er ausprobieren, wie es
sich anhörte, hatte sie heftig schlucken müssen, um die Tränen zurückzuhalten.
Sie fragte sich, ob die Veränderung, die sie an ihm feststellte, irgend etwas
mit dem Verkauf seines Motorrads zu tun hatte. Es war, als hätte er damit auch
den Teil von sich aufgegeben, der sich nach den Tagen der Freiheit sehnte,
bevor sie das Baby hatten, als hätte er akzeptiert, daß sein Leben sich
verändert hatte. Nur wenn man aufhörte, sich gegen etwas aufzulehnen, konnte
man es schätzen lernen. Inzwischen ertappte sie ihn nur noch selten dabei, wie
er sie mit diesem seltsamen, verlorenen Blick ansah, der ihr zum ersten Mal zu
der Zeit aufgefallen war, als das Baby geboren war.
    Es war zwar schön, glückliche Familie
zu spielen, aber sie verbrachten nicht genug Zeit miteinander, dachte sie. Sie
fragte sich, was sie dagegen unternehmen konnten. In seiner Schule wurde
demnächst eine Ofsted-Inspektion durchgeführt, was mehr Arbeit und Überstunden
bedeutete. Er kam oft sehr spät nach Hause. Jetzt, wo auch sie arbeitete, waren
sie meist beide zu müde, um sich groß zu unterhalten oder gemeinsam
auszuspannen. Sie hatte ihm gar nicht von ihrem Ausflug zu John Lewis erzählt,
fiel ihr auf, weil sie im Moment seine Laune nicht gut genug einschätzen
konnte, um seine Reaktion vorauszusehen. Und noch so einen Ausbruch wie letztes
Mal würde sie nicht verkraften.
    »Können wir uns dieses Jahr einen
Urlaub leisten?« fragte sie ihn plötzlich.
    Er sah vom Baby auf und lächelte sie
an. »Ich habe mich schon gewundert, warum auf einmal überall Prospekte
herumliegen.«
    »Na ja, sie sind kostenlos, und da
sind schöne Bilder drin. Ich dachte, die kann sie prima in Stücke reißen...«,
versuchte sie zu erklären. Sie hatte die Prospekte Anfang der Woche in einem
Reisebüro mitgenommen.
    Er fühlte sich schrecklich, als sie
ihre Haushaltsausgaben verteidigen wollte. War er wirklich so ein Geizhals, daß
sie Angst hatte, Geld auszugeben?
    »Du mußt dich nicht für jedes einzelne
Pfund rechtfertigen«, sagte er freundlich zu ihr. »Um Weihnachten herum habe
ich mir Sorgen gemacht, aber inzwischen sind wir aus dem Gröbsten raus. Dank
Ginger Prospect!«
    Lia strahlte. Zum ersten Mal gab er
zu, daß es eine gute Idee gewesen war, den Job anzunehmen. Vielleicht lief es
jetzt auch besser zwischen ihnen, weil sie zum Unterhalt beitrug. Es mußte eine
große Belastung für ihn gewesen sein. Sie hatte es sich zu leicht gemacht
anzunehmen, daß sich in seinem Leben nicht viel verändert hatte, daß er jeden
Morgen, wenn er zur Arbeit ging, die Tür zu aller Verantwortung schloß. Sie
hatte nicht bedacht, wieviel zusätzlicher Druck auf ihm lastete, weil er für
drei Personen aufkommen mußte. Neil war ein grüblerischer Mensch. Er sprach nie
über seine Sorgen, sondern brütete im stillen vor sich hin. Sie sah auf seine
Hände, die normalerweise ein Barometer seiner Ängste waren, und bemerkte, daß
die Fingernägel bis aufs Fleisch abgekaut waren.
    »Können wir?« fragte sie ihn
aufgeregt.
    »In den Urlaub fahren? Warum nicht?«
sagte er und fühlte sich noch schuldiger, als er sah, wie glücklich sie der
simpelste Satz machen konnte. »Vielleicht in den Osterferien? Eine Woche?«
    »Wollen wir nach Portugal fahren? Wir
könnten eine Pauschalreise mit Selbstverpflegung buchen. Und wenn wir in das
Dorf zurückkämen, wären sie so glücklich, uns mit einem Baby zu sehen, daß wir
wahrscheinlich umsonst essen könnten!«
    »Ja, in Ordnung«, sagte er und war
sich nicht sicher, ob er dahin zurückkehren wollte, wo sie sich kennengelernt
hatten, obwohl er nicht wußte, warum sie es nicht tun sollten.
    »Ich werde mich mal informieren.«
    »Buch einfach, wenn du das Richtige
findest«, sagte er zu ihr.
    »Man kriegt Rabatt, wenn man sofort
bucht«, sagte sie und fragte sich, ob ihre Beweggründe, die

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