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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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im
warmen, goldenen Licht der Abendsonne auf der Brücke gestanden hatten, und dann
an die nächste Bar, die sie nach einem Drink wieder verlassen hatten, weil sie
voll Touristen war. Doch danach verschwamm der Abend zu einer vagen,
undeutlichen Impression von Straßenlaternen und Fetzen hirnverbrannter Gespräche
über Dinge, die sie vor zwanzig Jahren unternommen hatten. Sie hatte darauf
beharrt, daß sie am selben Tag nach Biba gefahren waren, an dem sie Bryan Ferry
gesehen hatten, aber er wußte ganz sicher, daß er noch nie in Biba gewesen war.
Sie war mit ihrer Mutter dorthin gefahren, sagte er zu ihr. Sie hatten einen
langen, sinnlosen Streit darüber gehabt, und zum Schluß war er aufgestanden und
auf die Straße gelaufen. Er wußte überhaupt nicht, wo er hingehen sollte, und
war erleichtert gewesen, als er hörte, wie sie hinter ihm herrannte. Danach
glaubte er sich zu erinnern, bei McDonald’s gewesen zu sein, aber er konnte
sich nicht vorstellen, daß Alison diese Schwelle freiwillig überschritten
hätte, nicht einmal im größten Rausch.
    Es war sehr spät gewesen, als sie
zurück ins Hotel gekommen waren. Der Nachtportier hatte geschlafen und war
nicht gerade erfreut gewesen, die beiden zu sehen, als er die Tür aufschloß.
Neil wußte nicht mehr, ob sie die Treppe oder den Aufzug genommen hatten, aber
er war in der Morgendämmerung aufgewacht, vollständig bekleidet, und Alison
hatte neben ihm geschnarcht. Er hatte solche Kopfschmerzen, daß er kaum
sprechen konnte. Wortlos hatten sie das Zimmer geräumt und sich abgemeldet.
    Am Bahnhof hatte sie die
Geistesgegenwart gehabt, eine große Flasche Mineralwasser zu kaufen, aus der
sie abwechselnd schlürften. Jetzt schob sie ihm ein paar weiße Tabletten über
den Tisch.
    »Paracetamol«, sagte sie.
    »Danke«, antwortete er und schluckte
sie.
    Der Zug raste durch die Felder
Frankreichs.
    »Woran denkst du gerade?« fragte
Alison ihn nach einer Weile.
    Das Schmerzmittel fing an zu wirken.
Es durchflutete seinen Schädel mit irgendeiner Chemikalie, die die kochenden
Säurestrahlen neutralisierte, die auf kleine Teile seines Gehirns zu zielen und
sie aufzulösen schienen.
    »Ich habe versucht herauszubekommen,
warum französische Häuser anders aussehen als englische«, sagte er und deutete
aüfs Fenster, während ein Dorf vorbeisauste. »Ich glaube, es liegt daran, daß
Vorder- und Hinterfront flach sind, so daß das Dach zwei Seiten hat, und nicht
vier — wie ein Dreieck und keine Pyramide, wenn du verstehst, was ich meine...«
    Verdutzt sah sie ihn an. »Das ist
typisch Mann, sich über sowas Gedanken zu machen«, rief sie lachend aus.
    »Wieso?« fragte er sie, aber dann
stimmte er zu, weil er Angst hatte, einen weiteren sinnlosen Streit zu
provozieren. »Wahrscheinlich ist es das. Woran hast du denn gedacht?«
    Sie dachte darüber nach, wie wenig er
sich verändert hatte. Am Tag zuvor hatte sie geglaubt, daß er sich sehr
verändert hatte und daß das der Grund war, weshalb es zwischen ihnen nie
funktionieren würde, aber das war es nicht. Sie war es, die jetzt anders war,
und selbst wenn sie sich doch nicht grundlegend verändert hatte, dann hatten es
ihre Maßstäbe getan. Mit Siebzehn hatte er alles gehabt, was allgemein
begehrenswert war — er sah gut aus, er hatte ein Motorrad, und er war Kapitän
sowohl der Fußball- als auch der Kricketmannschaft der Schule. Diese Dinge
hatte er immer noch, und trotzdem bedeutete es ihr nichts. Doch das waren
Gedanken, die sie nicht mit ihm teilen konnte.
    »Ich habe über Ben nachgedacht«,
erzählte sie ihm und wählte ein neutrales Thema. Sie machte eine Pause, als der
Kellner ihnen Kaffee nachschenkte. »Das ist das erste Mal, daß ich weg war, und
ich habe ihn vermißt. Das hätte ich gar nicht gedacht... Er hat mich
anscheinend auch vermißt. Er hat angeblich Ball gesagt. Das heißt, sein
Wortschatz hat sich verdoppelt«, fügte sie hinzu.
    »Woher weißt du das?«
    »Justine hat es mir erzählt... Ich
habe gestern morgen angerufen.«
    »Oh.«
    Wieso hatte er nicht auch zu Hause
angerufen? fragte er sich. Er geriet plötzlich in Panik, doch dann fiel ihm
ein, daß es in Ordnung war. Sie hatten sich geeinigt, daß er nicht anrufen
sollte, weil sie bei Ginger auf dem Land waren. Wenn es Probleme gab, würde Lia
ihn verständigen. Er hatte ihr die Nummer des Hotels gegeben. Langsam beruhigte
er sich wieder.
    »Ben spricht also schon einzelne
Worte?« fragte er Alison.
    »Nicht so richtig. Er lallt. Da

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