Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
üblichen Maßstäben messen kann. Und ich sehe vieles in dir, vor dem man Angst haben kann. Aber ich habe keine Angst vor dir. Du warst ehrlich über deine Geschäfte. Ich liebe dich. Du bist mein Mann. Deine Geschäfte werden Teil meines Lebens sein, weil sie mich ernähren. Und unsere Kinder.« Hier wurde ihre Stimme kurz weich. Er nahm ihre Hand und küsste sie. Aydan seufzte, dann sprach sie weiter, jedes einzelne Wort war ihr wichtig. »Deswegen wirst du mir niemals etwas verheimlichen. Ich werde immer alles über deine Geschäfte wissen. Und du wirst dich nicht umbringen lassen. Sonst kann ich dich nicht heiraten und nicht deine Kinder bekommen. Du bleibst dein Leben lang bei mir, und unsere Kinder werden erst um dich weinen, wenn sie selbst Kinder haben.«
Sie schwiegen lange. Odhan musste sich klar werden, ob er das alles versprechen konnte.
Und dann tat er es.
Sie fuhren jetzt an einem großen See vorbei. Odhan Celik wohnte noch nicht sehr lange in der Gegend, er hatte noch nie von diesem See gehört. Aber er interessierte ihn auch nicht. Er sah auf die Uhr. In zehn Minuten sollten sie da sein. Can war ein guter Fahrer, er würde die Fahrzeit schon richtig kalkuliert haben. Celik lehnte sich entspannt in die Polster.
Letztes Jahr hätte er um ein Haar sein Versprechen gebrochen. Wegen Perschel. Er nahm es ihm nicht wirklich übel. Geschäft war Geschäft, und Celik hatte dem Rockerboss und seinen »Skulls« damals gehörig Feuer unterm Arsch gemacht, und sie dachten, er hätte einen ihrer Brothers umbringen lassen. Perschel hatte die Nerven verloren. So was passierte. Seine Leute waren ein undisziplinierter Haufen von Säufern, Drogenwracks und Hurenböcken gewesen. Keine Profis. Sie hatten den Mumm, aber nicht das kalte Herz für diese Arbeit.
Celiks Leibwächter hatten sie lange genug im Vorraum aufgehalten, dass er seine Familie in Sicherheit bringen konnte. Aydan hatte ihn angezischt, er solle das seine Leute erledigen lassen, aber es hatte ein Blick von ihm genügt, dass sie verstand. Er musste sich stellen. Seine Männer waren in der Unterzahl, auch wenn sie die besseren Kämpfer waren. Er durfte sich nicht verstecken.
Es war knapp gewesen. Aber dafür gehörte ihm jetzt die Stadt. Alles, was mit Gift oder Waffen zu tun hatte, lief nur über ihn. Und Perschel war jetzt sein Zuträger. Lebte dank Odhan Celiks Gnade.
Der Wagen kam zum Stehen. Can sah seinen Boss im Rückspiegel an.
Celik pfiff durch die Zähne.
»Mein Wochenendhaus«, hatte Uwe von Carst gesagt, »du kannst es jederzeit nutzen, wenn du möchtest. Auch für Besprechungen, bei denen ich als Anwalt nicht zugegen sein sollte.« Er hatte gelächelt. »Ich habe dort offiziell ein Büro, so dass niemand das Recht hat, diese Räume abzuhören.«
Wie Perschel an einen so hochklassigen Anwalt gekommen war, war Celik ein Rätsel. Wahrscheinlich einfach nur Kohle und eine gewisse Faszination für das Milieu. Und jetzt konnte sich Perschel von Carst nicht mehr leisten, und faszinierend war er auch nicht mehr mit seinem klebrigen Puff. Celik hatte von Carst vor Gericht beeindruckend gefunden. Und jetzt war er Celiks Anwalt.
Von Carst war nicht bestechlich. Er fand einfach, dass auch ein Berufskrimineller ein Recht auf eine gute Verteidigung hat. Aber Dienste, die nicht nach der Rechtsanwaltsvergütungsordnung abgerechnet wurden, ließ Uwe von Carst sich sehr gut bezahlen. Die von Carsts waren »altes Geld«. Diesen Begriff hatte Celik von Hamburger Geschäftspartnern gelernt. Er bedeutete, dass Geld einerseits selbstverständlich da war, andererseits aber durchaus verdient sein wollte. Eine gute Haltung, sie gefiel Celik. Tradition. Werte. Das war wichtig.
Odhan Celik war der jüngste von vier Brüdern. Aber er allein hatte der ganzen Familie Wohlstand gebracht. Er kam für das Alter der Eltern auf und sorgte für jeden Einzelnen in seiner Familie. Er wollte, dass die Kinder seiner Kinder und später deren Kinder irgendwann »altes Geld« wären.
Tarik kam auf den Wagen zu. Also war Okan schon im Haus. Celik ließ die Scheibe herunter, sah Tarik an. Der nickte.
Celik öffnete die Tür und stieg aus.
Merten Zingerle rührte seinen Kaffee um und um. Das machte Grewe nervös, aber er bemühte sich, es nicht zu zeigen. Hatte seine Fragen wie nebenbei gestellt. Vernehmungen. Darin war Grewe gut. Am besten mit Therese zusammen, sie waren ein Topteam.
»Nee, also mir fällt sonst nichts ein. Tut mir leid.«
Grewe konnte sich nicht dagegen
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