Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition)
Appartement geräumt war, ergab sich dort jedoch noch eine winzige, ungeplante Schwierigkeit. Die witzigen, überhaupt nicht so lauten Partys und zahlreichen Gäste hatten nämlich ihre Spuren hinterlassen. Neben einigen kleineren Schäden an der Tapete, fanden sich jene charakteristischen Merkmale, die man sonst nur in Nachtbars ausmacht, in denen das Rauchen noch gestattet wurde. Die wirkte nicht mehr weiß, weiß angehaucht oder ließ wenigstens vermuten, mal hell gewesen zu sein sein. In Wahrheit besaß die Tapete, und zwar
überall,
einen üblen Gelbschimmer, der an einigen Stellen bemerkenswert ins Braun überging.
Von der geforderten 'mängelfreien Übergabe' konnte keine Rede sein.
„Das ist Scheiße“, ächzte Tina, als sie die Katastrophe beäugten.
„Ist es nicht!“, widersprach der ewig optimistische Prof prompt. „Wir müssen nur streichen.“
Das klang super, leicht ohnehin, bedeutete jedoch in der Praxis, dass sie die kommenden vier Abende in dem kahlen Appartement zubrachten. Okay, zwei Abende, denn an den übrigen Tagen musste Tina sich leider wegen Arbeit entschuldigen.
Bereits am nächsten Tag versammelten sich in dem kleinen Raum ungefähr dreihundert Personen. Jeder zeigte sich hochmotiviert, mit mindestens einem Pinsel bewaffnet und in fleckige Gewänder gehüllt. Was darauf hindeutete, dass es sich hierbei nicht um Studenten, sondern eher um professionelle Maler handelte. Alle wollten einen Teil der acht vorhandenen Wände streichen und forderten mindestens Bier, um dabei nicht vor Erschöpfung zusammenzubrechen.
Daher beschäftigte Tina sich vorrangig mit dem Verteilen der Getränke, wenn sie überhaupt anwesend war.
Als sie am Dienstag nach ihrem etwas längeren Besuch im Supermarkt eintraf, konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, die Zahl der Freiwilligen habe sich noch einmal um gute zwanzig erhöht. Jetzt stritten die sich tatsächlich um jeden noch nicht frisch geweißten Zentimeter. Leicht unpraktisch erwies sich hierbei, dass jeder seine eigene Farbe mitführte. Dahinter gelangten Tina und Daniel jedoch erst, als das Desaster bereits perfekt war. Am späten Donnerstagabend betrachteten die beiden stirnrunzelnd das Ergebnis. Die Wände wiesen ungefähr dreißig der gängigen weißen Schattierungen auf. Von Reinweiß konnte keine Rede sein.
„Was jetzt?“
Daniel hob die Schultern. „Ganz klar, die Übergabe findet abends statt.“
„Das funktioniert nie!“
„Abwarten!“
* * *
Unglücklicherweise
– wie Tina dem Prof glaubhaft versicherte – musste sie am Fünfzehnten leider arbeiten. Deshalb oblag es ihm, die Übergabe erfolgreich über die Bühne zu bringen.
Als er sie um acht am Supermarkt abholte, erübrigte sich jede Frage, Daniels Grinsen sprach für sich. Tina fragte trotzdem, schon, um das Protokoll zu bedienen. „Und?“
„Kein Problem.“
Argwöhnisch musterte sie ihn, nachdem die beiden im Wagen saßen. Heute befand sich das Verdeck sogar mal oben. Jedoch nicht aufgrund der eisigen Temperaturen, sondern weil neuer Schneefall eingesetzt hatte und Daniel um seine Polster fürchtete. „Die Abnahme wurde nicht zufällig von einer Frau vorgenommen, oder?“
Er grinste.
„Lass mich raten, um die Vierzig, seit dreißig Jahren mit einem ekelhaften, verfetteten Bürohengst verheiratet?“
„Ich muss sagen, du enttäuschst mich.
Lissy .
..“ Er hob eine Augenbraue und Tina stöhnte. „... ist ganz frisch ins Unternehmen eingestiegen. Vierundzwanzig, todunglücklich, weil unlängst von ihrem Freund verlassen und das auf äußerst niederträchtige Weise, wie ich hinzufügen möchte. Da ist er doch glatt mit ihrer besten Freundin durchgebrannt.“
„Nein!“, hauchte sie verblüfft. „So etwas gibt es
wirklich
? Ich dachte, das wäre eine düstere Legende!“
„Und Lissy trinkt gern Tequila. Weshalb wir uns für das Wochenende im
PITY
verabredet haben. Noch Fragen?“
„Nicht, dass ich wüsste.“ Erschöpft schüttelte sie den Kopf.
Lachend trat Daniel das Gaspedal durch und Tina fragte sich, ob dieser arrogante Kerl irgendwann einmal nicht mit seiner Tour durchkam. In diesem speziellen Fall verspürte sie durchaus Dankbarkeit, in Wahrheit fiel ihr ein Stein vom Herzen. Aber es ging doch nicht an, dass er immer und überall mit seinem Mist erfolgreich war. Während der übrige Teil der Menschheit sich mühsam durchs Leben beißen musste, oder?
Nach einer Weile wandte er den Kopf in ihre Richtung und sie blickte in grüne, funkelnde
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