Keltengrab: Thriller (German Edition)
ausgehen, dass die Figur eine Frau darstellen soll. Und dass das Ding aus Gold ist.«
»Interessant. Auf der Seite steht ansonsten nämlich nur noch ein Satz, und wir sind uns sicher, dass es O’Hagans Handschrift ist. Er steht auf einer Linie, die er von dem Medaillon zum Wappen des Ordens gezogen hat, und er heißt: ›Jetzt bist du fällig!‹«
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Nach dem Gespräch mit Gallagher fuhr ich zunächst nach Hause, um zu duschen und mich für unser Weihnachtsessen umzuziehen. Ich entschied mich für eine nüchterne schwarze Jacke samt ebensolcher Hose und eine weiße Bluse. Kein Make-up, kein Schmuck. Es entsprach meiner Stimmung.
Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass die Beule an meiner Schläfe immerhin nicht geblutet hatte. Ich kämmte sorgfältig mein Haar darüber, um mir Fragen zu ersparen.
Im Old Mill ließen wir uns nach einigen Drinks an der Bar schließlich zum Essen an einem Tisch nieder, und das Gespräch wandte sich unvermeidlich den Ereignissen in der Folge des Funds in Monashee zu. Ich berichtete detailliert von den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir bisher gewonnen hatten – den Ergebnissen der Radiokarbondatierung, der Pollenanalyse, der Identifizierung der Stechpalmenbeeren -, und lobte Keelan dafür, dass er der WET die botanischen Informationen vorzeitig entlockt hatte.
Als das Essen serviert wurde, wechselte ich das Thema und erzählte von meinem Treffen in Newgrange am Tag der Wintersonnwende. Gayle bemerkte dazu, dass der Sonnentempel in der Inkastadt Machu Picchu ein Observatorium gewesen war, mit dessen Hilfe man um diese Jahreszeit den Abschied von der Sonne markiert hatte – so wie Newgrange ihre Wiederkehr anzeigte. Peggy forderte sie auf, mehr von ihrer Rucksacktour durch Peru zu erzählen, was sie ausführlich tat. Keelan, der mir gegenüber saß, schien sich dabei zu langweilen, und ich bemerkte, wie er mit einem Stechpalmenzweig spielte, der in einer kleinen Vase auf dem Tisch steckte.
Ich wandte den Blick wieder von ihm ab und beteiligte mich weiter an der Unterhaltung. Und plötzlich hatte ich eine sehr sonderbare Empfindung und mir stand deutlich vor Augen, was gestern nicht am richtigen Platz gewesen war. Ich hatte es in Keelans E-Mail auf meinem Monitor gesehen:
Sicher wirst du mir Recht geben, dass von den größeren Pflanzenresten aus nahe liegenden Gründen diese vertrockneten Beeren die bisher bedeutendsten sind: Es handelt sich um die Frucht des Ilex aquifolium …
Alles verlangsamte sich. Das Gespräch der beiden anderen trat in den Hintergrund, während ich beobachtete, wie Keelan in Zeitlupe den Stechpalmenzweig zwischen den Fingern drehte.
»Um einmal kurz das Thema zu wechseln, Keelan«, sagte ich ein wenig nervös. »In deiner E-Mail gestern hast du geschrieben, dass ich von dem Pflanzenmaterial, das bei der Moorleiche entdeckt wurde, die Stechpalmenbeeren aus nahe liegenden Gründen am interessantesten finden dürfte. Welche Gründe meinst du?«
Er zuckte die Achseln. »Weil du dir gewünscht hast, dass die Leiche möglichst alt ist. Stechpalmenbeeren hatten nichts mit Ernährung zu tun, sondern könnten bei einem Druidenritual benutzt worden sein, womit sie schon mal vorchristlich gewesen wäre. Also, wenn nicht steinzeitlich, dann vielleicht Eisenzeit.«
Die Antwort war plausibel. Ich hatte zweifellos gegenüber dem Team meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, der Fund könne prähistorisch sein. Aber mein Instinkt sagte mir, dass er in seiner E-Mail mehr als beabsichtigt über die Beeren verraten hatte. Denn der nahe liegende Grund, warum sie bedeutsam waren, bestand natürlich darin, dass man sie im Mund der Mordopfer gefunden hatte – was nur dem Ermittlungsteam und mir bekannt war.
»Ich muss los, Leute«, sagte Keelan plötzlich und stand auf. »Ich muss noch ein Geschenk für meine Schwester besorgen.«
Die anderen murrten, weil er die Party platzen ließ, aber dann besserte sich ihre Laune wieder, als er versprach, später noch auf einen Drink zu uns zu stoßen. Als er seinen Armeemantel anzog, klopfte er seine Handschuhe aus einem Ärmel, in dem er sie verstaut hatte. Ich hatte die fingerlosen Handschuhe schon bemerkt, aber jetzt sahen sie anders aus: Die Finger waren bedeckt.
Als er gegangen war, unterbrach ich die Unterhaltung von Gayle und Peggy. »Gayle, diese Handschuhe von Keelan – ich glaube, solche hätte ich auch gerne.«
»Du meinst seine Fäustlinge? Die sind wirklich ideal für unsere Arbeit. Halten dir
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