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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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liefen rosa-, purpur- und elfenbeinfarbene Flecken ineinander wie Wasserfarben auf nassem Papier. Der Himmel sah nach Schnee aus, aber der Wetterbericht, den ich kurz danach beim Ankleiden hörte, meldete keinen, jedenfalls nicht im Osten des Landes.
    Als ich zur Küche ging, kam Boo aus dem Wohnzimmer, das gesamte Fell stand ihm vom Körper weg, als wäre er in die Steckdose geraten. Er sah mich mit einer Mischung aus Angst und Entrüstung an, dann setzte er sich vor die Tür zum Waschraum und miaute kläglich. Er wollte hinaus und benutzte, für ihn ungewöhnlich, seine Stimme. Nun kam der Grund für sein gesträubtes Fell in Sicht: Attila der Hunnenkönig in blauer Latzhose – mein dreieinhalbjähriger Neffe. Eoin erspähte seine Beute erneut und nahm die Verfolgung auf. Boo schoss in panischem Schrecken durch meine Beine, schlitterte an dem Kind vorbei und um die Ecke in Richtung der von meiner Mutter bewohnten Haushälfte, wo er sich in einer Sackgasse wiederfinden würde.
    »Holla, junger Mann«, sagte ich und fing Eoin mit einem Arm auf, als er an mir vorbeistürmen wollte. Gleichzeitig öffnete ich die Tür zum Waschraum, so dass die Katze schließlich in den Garten entfliehen konnte.
    »Will die Katze«, sagte Eoin und strampelte, um sich loszumachen. Ich legte beide Arme um ihn und fragte, ob er nicht lieber einen heißen Toast mit Schokolade hätte.
    »Nein … doch!«, erwiderte er.
    Richard war in der Küche und stellte ein paar Sachen für Greta auf ein Tablett. »Zwei Wünsche hatte sie für den ersten Morgen«, sagte er. »Lange liegen bleiben, ohne dass ein gewisses Kind auf ihr herumkrabbelt, und Frühstück – unbedingt mit Porridge – ans Bett.«
    »Die Glückliche«, sagte ich. »Ihr Frühstück sieht aber gar nicht gut aus, oder, Eoin? Wir dagegen machen uns jetzt einen Schokotoast.«
    »Jaa … Schokotoast.«
    Richard nahm das Tablett und machte sich auf den Weg. »Guten Appetit«, sagte er beim Hinausgehen.
    Zehn Minuten später erinnerte Eoin an einen Clown mit einem traurig nach unten gezogenen Schokoladenmund. Ich feuchtete ein Küchenhandtuch an und wischte ihm gerade Mund und Hände ab, als sein Vater zurückkam.
    »Ab mit dir, Eoin. Deine Oma will dich sehen, ich glaube, du sollst ihr was helfen …«
    Eoin überlegte nicht lange und galoppierte zur Tür hinaus.
    Richard und ich waren allein. Das Thema, das wir am Vorabend noch hatten vermeiden können, kam wie ein Eilzug auf uns zu, und wir konnten ihm nicht mehr ausweichen.
    »Kaffee?«, fragte ich in dem Versuch, noch ein paar Sekunden bis zum Aufprall herauszuschinden.
    »Nein danke.« Er setzte sich auf einen Hocker und sah die Fotos durch, die noch auf der Theke lagen, seit Finian hier gewesen war. »Von wo sind die?«
    Ich nahm ihm gegenüber Platz. »Die habe ich in einem Kloster namens Grange Abbey gemacht. Dort gibt es eine romanische Kirche.«
    Er sah sich die gemeißelten Figuren genau an. »Und die befinden sich über dem Eingang?«
    »Ja, hauptsächlich Fantasiegestalten, wie du siehst.«
    »Das ist genau, was ich nicht sehe.« Er nahm das Vergrößerungsglas zur Hand. »Jedenfalls nicht auf den beiden inneren Bogen.«
    »Was siehst du dann?«
    »Halt mal, Schwester. Mir dünkt, Ihr weicht unserem Thema aus.«
    Uns gegenseitig in nachgeäfftem Shakespeare-Englisch anzureden, war eine Gewohnheit, die auf unsere Kindheit zurückging. Theoretisch missbilligte mein Vater es, aber insgeheim gefiel es ihm.
    Vielleicht konnte Humor die Lokomotive zum Entgleisen bringen. Ich warf mich in die Brust, wedelte mit den Armen und erhöhte die Phonzahl. »Welch’ Martern sinnst du jetzt, Tyrann, mir aus? Welch Rädern? Foltern? Brennen? Schinden?«
    Richard legte in einer theatralischen Geste beide Hände auf die Brust und intonierte: »Sei verdammt, wenn du so von mir denkst.«
    Wir lachten beide. Wir zitierten wahllos Zeilen aus dem Wintermärchen . Zumindest stammten alle aus demselben Stück, was uns nicht immer wichtig gewesen war.
    »Aber im Ernst, Illaun. Wegen Dad, und ob er Weihnachten nach Hause kommt. Ich habe heute früh als Erstes mit Mum darüber geredet …«
    Er hatte mich also ausmanövriert und sie zuerst auf seine Seite gezogen.
    »… und ich glaube, es wäre wirklich zu viel für sie, wenn er hierher kommen würde.«
    Was war das?
    »Ich wollte wissen, ob sie das sagt, weil du dagegen bist, aber sie meinte, damit habe es nichts zu tun. Sie würde ihn ebenfalls gerne hier haben, aber sie wolle Eoin ihre ungeteilte

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