Keltengrab: Thriller (German Edition)
versuchte, meine zunehmende Besorgnis zu verbannen und mich auf die Zeremonie zu konzentrieren – für mich die fröhlichste und gelösteste der christlichen Feiern. Theoretisch ist die Wiederauferstehung zu Ostern der Höhepunkt – ein glorreicher Sieg über den Tod, der uns allen bevorsteht. Aber es folgt zu dicht auf Ereignisse, die uns die dunkle Seite unserer Natur enthüllen.
Weihnachten verlangt nicht, dass wir über unsere düstereren Bedürfnisse nachdenken. Es besteht darauf, dass wir am Wunder einer neuen Geburt teilhaben, jenen Moment im Leben, der stets alle tief zu berühren scheint, die Zeuge davon werden, wie immer die Umstände sein mögen.
Du bist naiv, Illaun. Nicht jede Geburt ist ein Grund zum Feiern. Denk an das, was du im Leichenschauhaus gesehen hast, denk an die Reliefs am Kirchenportal.
Ich wollte diese Bilder nicht im Kopf haben. Sing …
Stille Nacht, heilige Nacht,
Alles schläft, einsam wacht
Denk an Herodes.
Nur das traute, hochheilige Paar,
Holder Knabe im lockigen Haar,
Denk an das, was du im Leichenschauhaus gesehen hast.
Schlaf in himmlischer Ruh’,
Denk an Traynor und O’Hagan, aus deren lippenlosen Mündern Stechpalmenbeeren kullern.
Schlaf in himmlischer Ruh’.
Ich verließ die Kirche, sobald die Messe vorüber war, ohne noch mit irgendwem zu plaudern. Kaum im Freien, überprüfte ich erneut mein Handy. Gallagher hatte sich noch nicht gemeldet. Ich wählte seine Mobilnummer, aber er ging nicht ran. Ich rief die Polizeistation in Drogheda an, erklärte, wer ich war, und fragte nach seiner Privatnummer. Der Beamte, mit dem ich sprach, konnte keine finden, deshalb bat ich um Fitzgibbons Mobilnummer. Die bekam ich, und als Fitzgibbon sich meldete, waren im Hintergrund Stimmengewirr und laute Musik zu hören, die eine Verständigung schwierig machten. Er war in einem Pub. Ich schlug vor, er solle nach draußen gehen, was er widerwillig tat.
»Was ist los? Ich friere hier draußen.«
Ich erklärte, dass Gallagher nicht länger als eine Stunde in der Grange Abbey bleiben wollte und versprochen hatte, mich anzurufen, wenn er dort fertig war.
»Er besucht wahrscheinlich seine Kinder.«
»Besucht sie?«
»Ja, er lebt seit kurzem getrennt. Die Kinder sind bei seiner Frau.«
»Haben Sie eine Telefonnummer oder eine Adresse, unter der ich ihn erreichen könnte?«
»Nein. Und Matt selbst ist gerade umgezogen. Am besten, Sie versuchen es weiter unter seiner Handynummer.«
»Machen Sie sich keine Sorgen um ihn?«
»Sorgen? Warum sollte ich mir Sorgen machen? Wir haben das Arschloch eingesperrt, das die Morde begangen hat. Und ich denke, wenn Matt die Kinder ins Bett gebracht hat, wird er sich ein wohlverdientes Bier genehmigen. Apropos – auf mich wartet auch eins da drinnen. Frohe Weihnachten.«
Als ich nach Hause kam, schauten Richard und Greta gerade It’s A Wonderful Life im Fernsehen. Eoin war offenbar erst in der letzten halben Stunde eingeschlafen. Meine Mutter war nebenan in der Küche, sie drückte Nelken und klebte Ananasscheiben in das Fett auf dem Schinken, den sie zuvor drei Stunden in Bier gedünstet und dann auskühlen lassen hatte. Jetzt noch ein Mantel aus braunem Zucker und eine Stunde ins Backrohr, dann war er fertig.
Ich machte Kopfschmerz und Müdigkeit geltend und ging zu Bett. Den Versuch, noch ein wenig zu lesen, gab ich bald auf, machte das Licht aus und versuchte zu schlafen. Nach und nach hörte ich, wie sich auch die anderen zurückzogen, und es wurde still im Haus. Ich schwang die Beine aus dem Bett, schlüpfte in Hausschuhe und Morgenmantel und schlurfte zur Küche. Der Schinken ruhte auf der Arbeitsplatte neben dem Herd, ich rupfte ein Stück heraus und steckte es in den Mund. Er war saftig und würzig wie immer.
Ich öffnete den Kühlschrank und nahm einen Karton Milch heraus. Als ich zu einem Glas griff, fiel mir zwischen Eoins Spielfiguren, die in einem Korb auf der Anrichte lagen, etwas auf, das nicht dorthin gehörte. Ich stellte das Glas weg, schnippte Spiderman zur Seite, und zum Vorschein kam die Schnitzerei, die Keelan an Traynor verkaufen wollte.
Die hatte ich völlig vergessen, meine letzte Erinnerung daran war, wie Gallagher sie von einer Hand in die andere gleiten ließ. Ich war davon ausgegangen, dass er sie als Beweismittel mitgenommen hatte, aber sie musste in eine Sofaritze gerutscht sein, wo Eoin sie gefunden hatte. Gut möglich, dass er den ganzen Tag damit gespielt hatte.
Ich goss mir Milch ein, setzte mich
Weitere Kostenlose Bücher