Keltengrab: Thriller (German Edition)
wenigstens keine unzivilisierten, aufsässigen Iren. Wie heißt der Orden übrigens?«
»Keine Ahnung …« Ich zog den Hörer beiseite und gähnte. »Noch eine Frage. Hat frankalmoign rechtlich noch Bestand?«
»Weiß ich nicht. Nach meiner Quelle hier ist frankalmoign 1925 offiziell als Idee aus dem englischen Recht verschwunden. Aber als Begriff dürfte es schon lange vorher irrelevant geworden sein.«
»Wieso?«
»Weil praktisch der gesamte katholische Kirchenbesitz bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts konfisziert worden war, und die protestantische Aristokratie förderte Klöster und dergleichen nicht. Dennoch könnte frankalmoign noch gelegentlich in Besitzurkunden aufgetaucht sein, wie vielleicht in diesem Fall. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass die Grange Abbey außer der Liegenschaft selbst noch irgendwelche Rechte oder Privilegien verkaufen konnte, die sie für geleistete Dienste erhalten hatte.«
»Faszinierend. Aber ich fürchte, ich muss unser Gespräch beenden, Finian. Ich bin fix und fertig.« Eine beinahe schmerzhafte Müdigkeit hatte mich überfallen.
Wir verabschiedeten uns, und ich wankte in Richtung Bett. Meine letzten Gedanken, während ich wegdöste, galten der Frage, welche Dienste den Nonnen von Grange Abbey wohl achthundert Jahre ungestörten Besitzrechts eingebracht haben konnten. Gebete für die Toten? Das hörte sich nach einem sehr guten Geschäft an.
In der Dunkelheit war nichts zu sehen, nur etwas zu spüren. Zwei Pfoten, die mir seitlich in den Bauch gestoßen wurden und mich abwechselnd gleichmäßig bearbeiteten. Und ein Geräusch war zu hören. Ein Schnurren.
»Herrgott, Boo, geh schlafen, ja«, jammerte ich.
Er hatte sich irgendwo im Zimmer versteckt, bevor ich ins Bett ging. Es würde mir nichts übrig bleiben, als aufzustehen und ihn rauszuwerfen. Aber vielleicht gab er ja ausnahmsweise einmal Ruhe. Ich döste wieder ein.
Irgendwann danach, vielleicht ein, zwei Stunden später, lag ich wieder wach. Ich horchte nach dem Schnurren, wartete auf den sanften Stoß seiner Pfoten, sein dünnes Miauen oder gar den dumpfen Laut, wenn er sich seitlich gegen die Tür warf – aber nichts. Boo schlief. Was hatte mich also geweckt?
Horatio bellte. Und ich wusste mit Sicherheit, es war nicht das erste Mal. Wenn er nicht aufhörte, würde ich aufstehen müssen. Aber ich war so müde, dass ich abwartete und hoffte, es würde vorübergehen.
Der Hund bellte wieder, und der Ton drang mir in den Kopf wie ein Meißel. »Verdammter Mist«, murmelte ich und wälzte mich aus dem Bett. Ich schlurfte den Flur entlang zum Waschraum, wo ich in ein Paar hellrote Clogs schlüpfte und eine alte grüne Jacke überwarf, die dort hing. Ich hörte Horatio an der Tür schnüffeln, bevor ich ihn durchließ. Er begrüßte mich nicht, sondern wandte sich sofort zur Tür, die in den Garten führte, wo er in angespannter Haltung darauf wartete, hinausgelassen zu werden. Immerhin wusste ich, dass wir keinen Eindringling im Haus hatten.
»Ist da draußen etwas, alter Junge?«, flüsterte ich. Ich zögerte, scheute mich, die Tür aufzumachen. Sicher war es ein Fuchs oder ein Kaninchen, ein Tier, dem Horatio vielleicht noch nie begegnet war und das seine Aufregung erklären würde. Er winselte nun und scharrte an der Terrassentür.
Ich konnte ins Wohnzimmer gehen und die Vorhänge der beiden großen, gläsernen Schiebetüren zurückziehen, die ebenfalls auf die Terrasse hinausgingen. Aber irgendwie hätte ich mich dadurch angreifbarer gefühlt. Ich entriegelte die Waschraumtür, drehte den Knauf und öffnete sie gerade so weit, dass ich hinausspähen konnte. Der Hund schoss durch die Lücke und knurrte ins Dunkel. Ich erwartete, Fauchen und Schreie zu hören, wenn er auf seine Beute traf, aber kein Laut war zu vernehmen. Ich machte die Tür weiter auf und schaltete das Terrassenlicht an. Dichter Nebel hüllte den Garten ein, das Licht drang nur wenige Meter über die geflieste Terrasse.
Genau an der Grenze meines Blickfelds kauerte Horatio auf den Terrakottafliesen. Er war dem Garten zugewandt, kroch aber rückwärts und sah mit schief gelegtem Kopf nach oben, die Ohren flach angelegt, die Zähne gefletscht und die Nackenhaare steil aufgestellt. Und statt zu knurren, gab er ein merkwürdiges Pfeifen von sich. War er verletzt?
Ihm gegenüber wich eine Gestalt in einem weißen Gewand oder einer Art Overall langsam in den Nebel zurück. Ich blinzelte, um den Schlaf zu vertreiben. Ich konnte kein Gesicht
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