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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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gelebt, oder?«
    Ich sah ihn durchdringend an. »Um als Miss Bowe, in Klammern: Castleboyne, aufgeführt zu werden? Wohl bewandert im Zeichnen und Singen und offenkundig auf der Suche nach einem Mann, um mit sieben Kindern und einem trunksüchtigen Gatten obendrein gesegnet zu werden? Nein danke.«
    »Hoppla, schon verstanden.«
    Ich war in meinem Versuch, ihn von dem falschen Gedanken abzubringen, wahrscheinlich zu weit in die Gegenrichtung gesteuert, dennoch sagte mir irgendetwas, dass mir Finian sowieso nicht glaubte. Aber der Zeitungsausschnitt hatte mich an etwas anderes erinnert, das ich schon früher fragen wollte. »Weil wir gerade beim Thema Weihnachtsdekoration sind, erzähl mir doch etwas über Stechpalmen. Warum verwenden wir sie, was symbolisieren sie?«
    »Du hast doch einen bestimmten Grund, danach zu fragen, hab ich Recht?«
    Ich beschrieb, was ich in Traynors Mund gesehen hatte.
    »Du lieber Himmel. Tut mir Leid, dass ich gefragt habe. Also … hmm … An der Stechpalme hängen viele Sagengeschichten. Sie soll Blätter ausgetrieben haben, um die Heilige Familie vor Herodes’ Soldaten zu verbergen, und ist seitdem immergrün. Die Dornenkrone soll aus ihren Zweigen geflochten worden sein, und Jesu Blut soll die ursprünglich weißen Beeren rot gefärbt haben. Auch abergläubische Vorstellungen gibt es im Zusammenhang mit der Stechpalme – sie soll Männern Glück bringen, so wie der Efeu Frauen. Andererseits haben ihn Jungfrauen am Weihnachtsabend um ihr Bett herum aufgehängt, als Schutz vor Albgestalten …«
    Nichts von diesen Legenden und dem Aberglauben konnte ich mit dem Mord an Traynor in Verbindung bringen.
    »Die frühchristliche Kirche mochte die Stechpalme nicht sehr, weil sie zum römischen Fest der Saturnalien als Geschenk verwendet wurde, das Übel abwehren sollte, und außerdem war sie den keltischen Druiden heilig, die sie mit dem Sonnengott in Verbindung brachten, da sie im kahlen Wald zu dieser Jahreszeit besonders auffiel. Sie dachten sich die roten Beeren auch als das Menstruationsblut der Göttin. Mal sehen, ob mir noch etwas einfällt …«
    Ich sah auf die Uhr. Ich hatte noch Einkäufe zu erledigen, und nach der Sieben-Uhr-Messe fand eine weitere Chorprobe statt.
    »Es gibt eine englische Tradition, nach der sie um Bienenstöcke herum angebracht wird.«
    Ich dachte, ich hätte Finian falsch verstanden. »Sagtest du Bienenstöcke?«
    »Ja, Bienenstöcke. Wegen des Summens der Bienen.«
    »Des Summens?«
    »Ja. Man glaubte, dass am Heiligen Abend die Bienen zur Ehre von Christi Geburt in ihren Stöcken summten.«
    Meine Nachforschung hatte ein völlig unerwartetes Ergebnis erbracht. Natürlich stellte Finian keinen Zusammenhang mit meinem Erlebnis von letzter Nacht her. Aber war es nur ein gespenstischer Zufall oder etwas Unheilvolleres?
    »Es heißt, sie würden die erste Zeile von Psalm einhundert befolgen – ›Jauchzt vor dem Herrn‹.«
    »Apropos jauchzen – ich muss später zur Chorprobe und habe vorher noch ein paar Dinge zu erledigen.«

19
     
    Nachdem der Chor bei der Sieben-Uhr-Messe gesungen hatte, blieben wir zur Probe in der Kirche. Gillian Delahunty lag mit einer schweren Erkältung danieder und wurde an der Orgel von Schwester Bernadette McNeill ersetzt. Schwester Bernadette gehörte dem Gnadenorden an und hatte Generationen von Schulkindern in Castleboyne unterrichtet. Der Orden hatte die Lehrtätigkeit aufgegeben, und das Kloster war inzwischen ein Hotel, doch eine Reihe älterer Schwestern lebte immer noch in der Stadt.
    Während wir unsere Liedermappen wegpackten und noch ein wenig plauderten, rückte ich näher an Schwester Bernadette heran, und als ich sah, dass sie sich zum Gehen wandte, begleitete ich sie die Treppe von der Empore hinab.
    »Wie geht es deinem Vater, Illaun?«
    »So gut man es unter diesen Umständen erwarten kann.«
    »Es ist grausam für jeden, der es erleidet, aber noch schlimmer für Leute wie deinen Vater.«
    »Dass er sein Gedächtnis verliert, meinen Sie?«
    Diese Feststellung war in der einen oder anderen Form schon so häufig getroffen worden, dass ich sie kaum mehr wahrnahm. Das lag an dem Umstand, dass viele Leute glaubten, meinen Vater zu kennen, wegen seiner Rolle als freundlicher Ladenbesitzer in einer Fernsehserie. Es war genau diese Vorstellung, öffentliches Eigentum zu sein, die ihn zu dem Entschluss geführt hatte, zurück ans Theater zu gehen. Und eines Abends dann, als er den Wladimir in Warten auf Godot spielte,

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