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Keltengrab: Thriller (German Edition)

Keltengrab: Thriller (German Edition)

Titel: Keltengrab: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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viereckiger Turm mit schlanken, gestuften Zinnen, die auf eine spätere Entstehungszeit hinwiesen.
    Die Frauen sangen, aber es war mehr ein rhythmischer Sprechgesang, und er kam aus dem Inneren der Kirche. Da es dämmerte, nahm ich an, dass die Gemeinschaft die Vesper abhielt, was erklären würde, warum mir niemand aufgemacht hatte.
    Ich ging außen am Mittelschiff entlang in Richtung nördliches Querschiff, nahm den feuchten Geruch alten Steins auf und bemerkte, wie der Flechtenbelag am Sockel des Gebäudes ein unheimliches grünes Leuchten ausstrahlte. Über mir spähten in der Düsternis menschliche Gesichter aus dem gemeißelten Laubwerk, das die Kapitelle der Fenster bildete. Ich blieb kurz stehen und sah mir einige der Reliefs genauer an. Die Blättergesichter erinnerten an die Reliefs des Green Man , die man in manchen sehr alten Kirchen findet und die man häufig – ohne viel Beweiskraft – als den heidnischen Gott des Waldes interpretiert, der im Winter wiedergeboren wird. Für mich sahen sie allerdings mehr wie die Gesichter von Kindern aus.
    Während ich dort stand, schnappte ich einige Verszeilen vom Gesang der Schwestern in der Kirche auf.
    Ecce mundi gaudium …
    Schauet die Freude der Welt … Immerhin war mein Verständnis des Lateinischen besser als des mittelalterlichen Französischen.
    Procedenti virginis ex utero … Entbunden aus dem Leib einer Jungfrau …
    Sine viri semine … Ohne männlichen Samen …
    Novus annus est … Dies ist das neue Jahr …
    Sol verus in tenebris illuxit … Die wahre Sonne hat die Dunkelheit erhellt …
    Die Schwestern von St. Margaret hielten ihre eigene weihnachtliche Chorprobe, wenn auch mit beinahe säkularem mittelalterlichem Liedgut. Und die Stimmen waren jung und kräftig, nicht das dünne Tremolo älterer Frauen. Das Lied endete mit einem lauten Ruf, dann herrschte Stille.
    Da ich dachte, sie hätten ihre Probe beendet, ging ich zurück zum Haupteingang, falls sie dort herauskamen. Mir fiel auf, dass der Weg anstieg und die Mauer des Mittelschiffs zum Ausgleich für das geneigte Gelände nach Westen hin etwas an Höhe abnahm. Ich hatte den Eingang eben erreicht, als sich die Nonnen erneut in einen kräftigen Lobgesang stürzten, diesmal begleitet von Händeklatschen und einem Instrument, das wie eine Bodhran klang.
    Ich nahm mir ein paar Augenblicke, um die Westtür zu untersuchen. Sie war in einen runden Dreifachbogen eingelassen, wobei jede Ordnung der Bögen und der sie stützenden Säulen mit tief eingeschnittenen Mustern und geschnitzten Figuren verziert war. Es handelte sich um ein eindrucksvolles Beispiel eines romanischen Portals aus dem 12. Jahrhundert. Die Reliefs bestanden hauptsächlich aus grotesken Tier- und Menschengestalten, ich identifizierte unter anderem eine Cockatrice, eine Schlange mit dem Kopf eines Hahns; ein Mantikora, ein Geschöpf mit dem Gesicht eines Menschen, dem Körper eines Löwen und einem Skorpionschwanz; und einen Cynocephalus, einen Mann mit einem Hundekopf. Es gab weitere bizarre Wesen, die ich nicht kannte, und ich nahm mir vor, die Äbtissin nach dem Ursprung des Bogens zu fragen, falls sich die Gelegenheit bot.
    Ich drückte an die schweren Eichentüren, aber sie waren nicht nur verschlossen, sondern trugen eine Patina aus Ruß und Staub, die nahe legte, dass sie sehr lange nicht mehr geöffnet worden waren. Efeuranken, die sich kreuz und quer über ihren oberen Teil schlangen, bestätigten diesen Eindruck. Hier würden die Nonnen nicht herauskommen.
    Ich ging um die Kirche herum zur Südseite, wo das Mittelschiff eine Seite eines Rechtecks bildete, das den Kreuzgang umgab. Die drei anderen Seiten waren die Wohngebäude. Vom Kreuzgang mit seinen Spitzbögen und Fünfblattrosetten sah man in einen grasbewachsenen Klosterhof. Auf der gegenüberliegenden Seite verschmolz der Südflügel des Klosters mit dem Querschiff, vermutlich, damit die Gemeinde bei jedem Wetter trockenen Fußes zur Kirche gelangte.
    Im Dämmerlicht konnte ich mit Mühe eine Tür im Querschiff ausmachen und eine der Nonnen, die aus ihr heraustrat. Sie bemerkte mich und machte mir ein Zeichen zu warten, während sie die Tür abschloss. Als sie sich eilig näherte, sah ich, dass es eine hoch gewachsene, elegante Frau Mitte bis Ende vierzig war, die ein graues, zweiteiliges Kostüm und eine weiße Bluse trug. Das schwarze Haar war streng nach hinten gekämmt und wurde auf halber Höhe von einem weißen Band festgehalten, an dem ein kurzer, zum Kostüm

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