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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ehebruch-Peitsche? Bin ich denn ein anderer Mensch geworden? Bin ich jetzt Fetischistin und gehe in S/M-Bars, um Männer im nietenbesetzten Korsett an der Leine spazieren zu fuhren?
    Plötzlich fühle ich mich beobachtet, und als ich herumfahre, steht Eric wieder in der Tür. Sein Blick fällt auf die Peitsche, und erstaunt zieht er die Augenbrauen hoch.
    »Oh!«, sage ich erschrocken. »Ich hab ... das hab ich eben gefunden! Ich wusste nicht ...«
    »Die solltest du lieber nicht offen herumliegen lassen, damit Gianna sie nicht findet.« Er klingt amüsiert.
    Ich starre ihn an. Mein benebeltes Hirn macht Überstunden. Eric weiß über die Peitsche Bescheid. Er grinst. Das würde ja bedeuten ...
    Oh. Nein.
    Oh nein oh nein oh nein.
    »Davon stand aber nichts im Handbuch, Eric!« Ich würde gern belustigt klingen, doch meine Stimme klingt zu schrill.
    »Im Handbuch steht ja auch nicht alles.« Seine Augen blitzen.
    Okay, das ändert die Lage. Ich dachte, im Handbuch müsste alles stehen.
    Nervös betrachte ich die Peitsche. Und ... was passiert damit? Peitsche ich ihn aus? Oder er ...
    Nein. Ich mag gar nicht daran denken. Ich werfe das Ding wieder in die Schublade und stoße sie zu. Meine Hände sind ganz feucht.
    »Genau.« Eric zwinkert mir zu. »Versteck sie gut. Bis nachher.« Er geht hinaus, und wenig später höre ich die Haustür.
    Jetzt könnte ich einen kleinen Wodka vertragen.
    Am Ende gebe ich mich mit einer Tasse Kaffee und zwei Keksen zufrieden, die mir Gianna aus ihrer privaten Notreserve zuspielt. Mein Gott, wie ich Kekse vermisse. Und Brot. Und Toast. Ich könnte sterben für ein Scheibchen Toast, so knusprig und golden, mit dick Butter ...
    Egal. Hör auf, von Kohlenhydraten zu träumen! Und hör auf, über diese Peitsche nachzudenken! Ist doch nur ´ne kleine Peitsche. Na und?
    Mum kommt um elf zu Besuch. Bis dahin habe ich nichts weiter vor. Ich schlendere ins Wohnzimmer, setze mich auf die Lehne des teuren Sofas und schlage eine Illustrierte auf. Nach zwei Minuten klappe ich sie wieder zu. Ich bin viel zu angespannt zum Lesen. Sieht so aus, als bekäme mein perfektes Leben plötzlich kleine Risse. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Und ich weiß nicht, was ich machen soll.
    Ich stelle meine Kaffeetasse ab und starre meine Fingernägel an. Ich war ein ganz normales Mädchen mit krausen Haaren und Frettchenzähnen und einem bescheuerten Freund. Und einem ziemlich beschissenen Job, aber Freundinnen, mit denen ich Spaß hatte, und einer gemütlichen, kleinen Wohnung.
    Und jetzt ... Ich muss immer noch zweimal hinsehen, wenn ich mich im Spiegel betrachte. In dieser Wohnung gibt es rein gar nichts, in dem ich mich wiederfinde. Die Fernsehshow ... die hohen Absätze ... meine Freundinnen, die nichts mehr mit mir zu tun haben wollen ... ein Mann, der behauptet, er sei mein Liebhaber ... Ich begreife einfach nicht, was aus mir geworden ist. Was zum Teufel ist bloß mit mir passiert?
    Schließlich lege ich die Zeitschrift beiseite und gehe ins Arbeitszimmer. Da steht mein Schreibtisch, blitzblank, der Stuhl akkurat darunter geschoben. In meinem ganzen Leben hatte ich noch keinen so ordentlichen Schreibtisch. Kein Wunder, dass mir gar nicht erst in den Sinn gekommen ist, es könnte meiner sein. Ich setze mich und ziehe die oberste Schublade auf. Sie ist voller Briefe, ordentlich in Plastikfolien abgelegt. Die zweite ist voller Bankauszüge, von einer blauen Heftzunge zusammengehalten.
    Himmelarsch. Seit wann bin ich denn so verklemmt?
    Ich öffne die letzte, größte Schublade und rechne schon mit ordentlich sortierten Tipp-Ex-Fläschchen oder irgendwas, aber sie ist leer, bis auf zwei Zettel.
    Ich nehme die Kontoauszüge hervor und blättere sie durch. Meine Augen werden immer größer, als ich mein monatliches Gehalt sehe, mindestens das Dreifache von dem, was ich früher verdient habe. Der Löwenanteil scheint auf das Gemeinschaftskonto mit Eric zu gehen, bis auf eine große Summe, die jeden Monat an etwas namens Unito Acc. überwiesen wird. Ich muss unbedingt rausfinden, was das ist. Ich lege die Kontoauszüge beiseite und hole die beiden Zettel in der untersten Schublade hervor. Auf dem einen erkenne ich meine Handschrift, aber es sind nur Kürzel, und ich verstehe nicht, was es heißen soll. Sieht fast aus wie ein Code. Der andere Zettel wurde aus einem Block herausgerissen, und ich habe mit Bleistift etwas daraufgeschrieben - drei Worte.
    Ich wünschte nur
    Ich starre den Zettel an, gebannt. Was?

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