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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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hast gesagt, du hättest schon mit den entsprechenden Leuten gesprochen, und es sei alles in die Wege geleitet ...«
    »Das mag ja sein.« Eilig falle ich ihr ins Wort. »Aber inzwischen sieht die Sache etwas anders aus. Ich hab ja selbst noch nicht wieder angefangen zu arbeiten. Erst mal muss ich selbst sehen, dass ich zurechtkomme ...«
    »Du hast es beruflich doch so weit gebracht«, sagt Mum beschwörend.
    Jep, das hab ich super hingekriegt. In einem Rutsch von der Juniorassistentin zur Bossbitch aus der Hölle ...
    Stille - bis auf die Hunde, die in der Küche herumschliddern. Ich wage nicht, daran zu denken, was die da eigentlich treiben.
    »Mum, darüber habe ich auch schon nachgedacht ...«, sage ich und beuge mich vor. »Ich versuche, mein Leben zusammenzupuzzlen ... aber es ergibt einfach keinen Sinn. Warum bin ich in diese Fernsehshow gegangen? Warum bin ich über Nacht so hart und ehrgeizig geworden? Das kapier ich einfach nicht.«
    »Ich habe keine Ahnung.« Mum wirkt beschäftigt, kramt in ihrer Handtasche. »Du hast ganz normal Karriere gemacht.«
    »Aber das war nicht normal.« Ich beuge mich noch weiter vor und versuche, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. »Ich war nie eine Karrierefrau. Das weiß du genau. Wieso sollte ich mich plötzlich ändern?«
    »Schätzchen, das ist alles so lange her, ich kann mich wirklich nicht daran erinnern ... So ein braves Mädchen! Das hübscheste Mädchen der Welt!«
    Sie spricht mit einem der Hunde, wie mir plötzlich bewusst wird. Sie hört mir nicht mal zu. Typisch.
    Ich blicke auf und sehe, wie Amy vom anderen Ende des Wohnzimmers herüberkommt, noch immer Lolly lutschend.
    »Amy, Lexi hat gerade vorgeschlagen, dass du bei ihr im Büro ein Praktikum machen könntest!«, sagt Mum fröhüch. »Hättest du Lust dazu?«
    »Vielleicht!«, werfe ich ein. »Erst wenn ich wieder eine Weile gearbeitet habe.«
    »Ja. Glaub schon.«
    Die Dankbarkeit steht ihr nicht gerade ins Gesicht geschrieben.
    »Wir müssten uns allerdings auf ein paar Grundregeln einigen«, sage ich. »Du darfst meine Kollegen nicht abzocken. Und auch nicht beklauen.«
    »Ich klaue nicht!« Amy sieht gekränkt aus. »Es war nur eine Jacke, und das war eine Verwechslung. Meine Fresse!«
    »Schätzchen, es war nicht nur die Jacke, oder?«, sagt Mum nach einer Pause. »Auch das Make-up.«
    »Alle denken immer nur das Schlechteste von mir. Immer wenn irgendwas fehlt, bin ich der Sündenbock.« Amys Augen funkeln in ihrem blassen Gesicht. Sie zieht die schmalen Schultern an, und plötzlich fühle ich mich schlecht. Sie hat recht. Ich habe sie verurteilt, ohne die Fakten zu kennen.
    »Tut mir leid«, sage ich verlegen. »Ich weiß doch, dass du nicht klaust.«
    »Ja, ja.« Sie hat sich abgewendet. »Gib du mir ruhig auch die Schuld an allem. Genau wie die anderen.«
    »Aber das tue ich doch nicht.« Ich gehe zu ihr ans Fenster. »Amy, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich weiß, wie schwer es für dich war, seit Dad nicht mehr da ist ... Komm her!« Ich breite die Arme aus, um sie an mich zu drücken.
    »Lass mich in Ruhe«, faucht sie.
    »Aber, Amy ...«
    »Geh weg!« Sie weicht vor mir zurück und hebt die Arme, als müsste sie mich abwehren.
    »Aber du bist doch meine kleine Schwester!« Ich trete einfach vor und drücke sie fest an mich. Abrupt weiche ich zurück und reibe mir die Rippen. »Autsch! Was zum ... Du hast da irgendwas Hartes in der Tasche!«
    »Nein, hab ich nicht«, stößt Amy hervor.
    »Doch, hast du wohl!« Ich sehe mir ihre ausgebeulte Jeansjacke näher an. »Was um alles in der Welt hast du denn da drin?«
    »Dosenfutter«, sagt Amy ohne nachzudenken. »Tunfisch und Mais.«
    »Mais?« Sprachlos starre ich sie an.
    »Nicht schon wieder.« Mum schließt die Augen. »Amy, was hast du dieses Mal eingesteckt?«
    »Jetzt reicht‘s mir aber!«, schreit Amy. »Ich hab überhaupt nichts eingesteckt!« Abwehrend hebt sie eine Hand, und aus ihrem Jackenärmel fliegen zwei Lippenstifte von Chanel, gefolgt von einer Puderdose. Klappernd landet alles auf dem Boden, und wir starren es an.
    »Sind das etwa ... meine?«, sage ich schließlich.
    »Nein«, bellt Amy kampfbereit, aber sie ist schon knallrot angelaufen.
    »Sind sie wohl!«
    »Als ob du es überhaupt merken würdest...« Schmollend zuckt sie mit den Schultern. »Du hast doch Tausende Lippenstifte.«
    »Oh, Amy«, sagt Mum traurig. »Leer deine Taschen aus!«
    Amy wirft Mum einen vernichtenden Blick zu und fängt schnaubend an,

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