Kennwort: Schwarzer Ritter
Sozialversicherungsnummern, Wohnorte und sogar Arbeitsstellen zu erfinden. Es war noch gar nicht so lange her, da waren nur die geschicktesten Kriminellen zu solchen Dienstleistungen fähig. Aber inzwischen waren neue Papiere ebenso leicht zu beschaffen wie ein Angelschein. Man musste sich nur ins Internet einloggen, und gegen eine Gebühr erfuhr man, wie man sich eine neue Identität zulegen konnte.
Das Problem war so groß geworden, dass manche Polizeireviere Abteilungen speziell für Computerkriminalität eingerichtet hatten, in denen die entsprechenden Anzeigen bearbeitet wurden.
„Heißt das“, sagte Mitch, der den Stapel von Mitteilungen auf seinem Schreibtisch nicht beachtete, „dass wir diesen Kerl nicht fassen können?“
Frank zog ein Kaugummi aus seiner Hemdtasche und begann, es auszupacken. „Das wäre die schlimmste Alternative. Einer unserer Detectives sitzt an einem Fall, der so ähnlich ist wie der Mord an deiner Schwester. Die Leiche des Mädchen wurde in einem abseits gelegenen Motel gefunden, und außer ihrer E-Mail gab es so gut wie keine Indizien. Er hält mich auf dem Laufenden.“
Frank steckte sich das Kaugummi in den Mund. „Irgendwas Neues von Luther?“
„Ich warte noch auf den Autopsie-Bericht. Ich habe auch Informationen über einen von Torres’ Leibwächtern angefordert.“
„Warum?“
Mitch zuckte mit den Schultern. „Ich hab so ein Gefühl im Bauch. Er kommt mir irgendwie bekannt vor, und es ärgert mich, dass ich ihn nicht einordnen kann.“
„Sagst du mir Bescheid, wenn du etwas herausgefunden hast? Wenn das, was Luther Whorley passiert ist, mit Mollys Tod zusammenhängt, brauche ich so viel Unterstützung wie möglich.“ Er warf die Kaugummiverpackung in den Papierkorb neben Mitchs Schreibtisch. „Wie geht’s Kate?“
„Ach, du kennst sie doch. Sie beißt sich durch, egal was passiert.“
Frank lachte. „Ihr zwei seid schon ein feines Paar, weißt du das? Warum reiß ich mir eigentlich noch ein Bein aus, wenn ich mich genauso gut zurücklehnen und euch beiden die ganze Arbeit überlassen könnte.“
„Weil das keinen Spaß machen würde, Frank.“
„Vielleicht hast du Recht.“ Er stand auf. „Grüß Kate von mir, ja?“
„Klar.“
25.
KAPITEL
„S ie hören mir nicht zu, Maurice.“ Obwohl Emile allmählich ärgerlich wurde, versuchte er, sich zu beherrschen. Immerhin sprach er mit dem Mann, der ihn hoffentlich wieder einstellen würde. „Das könnte die größte Story werden, die der
Bordeaux-Matin
seit Jahren hatte. Todd Buchanan ist nicht irgendwer, sondern der Sohn einer sehr wohlhabenden und einflussreichen Familie aus Washington. Sein Vater ist Oberster Bundesrichter. Können Sie sich die Schlagzeilen vorstellen?“
An Maurice’ skeptischem Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass er seinen ehemaligen Chef noch nicht restlos überzeugt hatte. Emile machte ihm keinen Vorwurf. Schließlich hatte er allen Anlass, misstrauisch zu sein – nach allem, was er mit Emile in den vergangenen Jahren erlebt hatte. Aber seine Alkoholexzesse waren endgültig Vergangenheit. Jetzt musste er nur noch Maurice davon überzeugen.
Der erfahrene Zeitungsmacher, ein korpulenter Mann mit Magenproblemen und einem hässlichen, beaujolais-roten Muttermal auf der Stirn, steckte sich noch eine Tablette gegen die Magensäure in den Mund. „Wie kommen Sie denn darauf, dass Todd Buchanan in Saint-Jean-de-Luz ist?“ wollte er wissen.
„Ich weiß, dass ich ihn irgendwo gesehen habe. Wirklich“, bekräftigte er, als Maurice die dichten Augenbrauen hochzog. „Sie kennen mich, Maurice. Wenn mir mal jemand auffällt, dann präge ich mir sein Gesicht für alle Zeiten ein.“
„Saint-Jean-de-Luz ist eine kleine Stadt. Warum haben Sie ihn noch nicht gefunden?“
„Ich habe noch nicht so intensiv gesucht. Aber wenn Sie mir Ihr Wort geben, fange ich sofort mit den Recherchen an. Alles, was ich von Ihnen will, ist die Zusage, dass Sie mir meinen Job zurückgeben, wenn ich die Story abliefere.“
„Ist das alles?“ fragte Maurice sarkastisch.
Emile räusperte sich. „Ich brauche einen kleinen Vorschuss.“
Als Maurice ihn misstrauisch musterte, machte Emile eine abwehrende Handbewegung. „Nicht für Alkohol, Maurice. Den habe ich aufgegeben. Ich brauche das Geld, um einen Wagen zu mieten, für Benzin und um Informanten zu bezahlen. Sie wissen doch, was es heißt, für eine solche Story zu recherchieren.“
Grummelnd erhob sich Maurice und begann, in seinem engen,
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