Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
gekommen war.
    Zur Linken von der Straße dehnen sich meist Maispflanzungen, seltener Kornfelder aus. Scharf gehütete Ziegen und Schafe, frei auf den Weiden sich herumtummelnde Büffel, Pferde und Kühe, schöne Bäume, wie Silberpappeln, Feigen-und Nußbäume, Eichen, Weiden und Platanen, ferner hohe Gebüsche von Buchsbaum und Stechpalmen – das sind die Einzeltöne des Bildes, welches Abchasien bietet. Eine unerschrockene Reisende, Frau Carla Serena, sagt ganz richtig: »Vergleicht man die drei mit ihren Grenzen aneinanderstoßenden Provinzen Mingrelien, Samurzakan und Abchasien unter sich, so kommt man zu der Ueberzeugung, daß deren respective Civilisation auf derselben Stufe steht, wie die Cultur der sie einschließenden Gebirge. Mingrelien, das in socialer Hinsicht an der Spitze marschirt, hat bewaldete und nutzbringend bewirthschaftete Höhen; Samurzakan, welches schon zurücksteht, zeigt noch halbwilde Bodenerhebungen; Abchasien endlich, das fast noch im Urzustande beharrt, besitzt nur ganz uncultivirte Berge, welche die Hand des Menschen noch nicht berührt hat. Von allen kaukasischen Bezirken wird es auch Abchasien sein, das am spätesten in den Genuß der Wohlthat persönlicher Freiheit eintritt.«
    Den ersten Halt nach Ueberschreitung der Grenze machten die Reisenden in Gagri, einem hübschen Dorfe mit schöner Kirche der heiligen Hypata, deren Sacristei augenblicklich als Speisegewölbe diente, einem Fort, welches auch das Militärkrankenhaus enthält, einem zu dieser Jahreszeit trockenen Bergstrom, der Gagrinska, und mit dem Meere auf der einen und furchtbaren Landstrichen auf der anderen Seite, wo viele Akazienbäume wachsen und da und dort Gebüsche von süßduftenden Rosen blühen. In der Ferne, aber mindestens fünfzig Werft von hier, ragt der Grenzgebirgskamm zwischen Abchasien und Cirkassien empor, dessen im blutigen Feldzuge von 1858 von den Russen hart mitgenommene Bewohner den schönen Küstenstrich fast gänzlich verlassen haben.
    Um neun Uhr Abends angelangt, hielt der Wagen hier die Nacht über still. Der Seigneur Keraban und seine Begleiter ruhten in einem der Dukhans des Ortes aus und reisten am folgenden Morgen weiter.
    Zu Mittag lieferte ihnen Pizunda, sechs Lieues von hier, frische Pferde. Van Mitten gewann dadurch eine halbe Stunde Zeit, um die Kirche zu bewundern, in der einst die alten Patriarchen des westlichen Kaukasus residirten.
    Es verdient übrigens dieses Bauwerk mit seiner aus Backsteinen aufgeführten, früher mit Kupfer bedeckten Kuppel, mit der Anordnung der, ein griechisches Kreuz nachahmenden Schiffe, den schönen Wandmalereien und seiner, von Jahrhunderte alten Ulmen beschatteten Façade unter die hervorragendsten Denkmäler der byzantinischen Baukunst des sechsten Jahrhunderts gezählt zu werden.
    Am nämlichen Tage fuhren die Reisenden noch durch die Ortschaften Guduati und Gunista, und gegen Mitternacht gönnten sie sich, nach schneller Zurücklegung einer Wegstrecke von achtzehn Lieues, einige Stunden Ruhe in dem Städtchen Sukhum-Kale, das an einer langen, offenen, nach Süden zu bis zum Cap Kodor reichenden Bai erbaut ist.
    Sukhum-Kale bildet den Haupthafen Abchasiens. Der letzte Krieg im Kaukasus zerstörte freilich theilweise diese Stadt, in der sich eine, der Mehrzahl nach aus Griechen, Armeniern, Türken und Russen mit wenigeren Abchasiern gemischte Bevölkerung zusammendrängte. Jetzt überwiegen hier kriegerische Elemente, und die Dampfer von Odessa oder Poti bringen immer neue Insassen für die, neben den alten Festungswerken errichteten Kasernen. Jene alten Werke wurden übrigens im sechzehnten Jahrhunderte unter der Regierung Amurah’s zu einer Zeit erbaut, wo die Türkei noch die Vormacht dieser Ländergebiete war.
    Ein Imbiß von echt georgischer Art, bestehend aus einer etwas scharfen Suppe von Hühnerbouillon, einem Ragout von farcirtem Fleisch und saurer, mit Safran gewürzter Milch – ein Essen, das bei zwei Türken und einem Holländer nur sehr mittelmäßige Anerkennung fand – ging noch der, um neun Uhr des Morgens erfolgten Abreise vorher.
    Nachdem sie den hübschen Flecken Kelasuri, der in dem schattigen Thale Kelasuri liegt, hinter sich gelassen, kamen die Reisenden, siebenundzwanzig Werst von Sukhum-Kale, über Kodor. Der Wagen rollte alsdann durch ungeheure Gehölze, die man mit Recht wirklichen Urwäldern vergleichen konnte, mit unentwirrbaren Lianen und dichtem Buschwerk, das nur mit der Axt oder mit Feuer zu überwinden war und dem

Weitere Kostenlose Bücher