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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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an Lebensmitteln und Geräthen versehen war, ohne die beiden Nargilehs zu rechnen, welche bei der Collision glücklich gerettet und nun zur Verfügung der Eigenthümer gestellt wurden. An diesem Theile der Küste liegen die Dörfer alle ziemlich nahe bei einander; nur selten trennen sie vier bis fünf Lieues. Man konnte also stets leicht ausruhen und sich mit dem Nöthigsten versorgen, wenn der ungeduldige Ahmet einige Standen der Ruhe bewilligte und vorzüglich, wenn die Dukhans der Dörfer hinreichend mit Nahrungsmitteln versehen waren.
    »Nun vorwärts!« wiederholte Ahmet nach seinem Onkel, der schon in der Araba Platz genommen hatte.
    Da trat Bruno an Van Mitten heran und sagte mit ernstem, fast befehlerischem Tone:
    »Mynheer, wie stehts mit dem Vorschlage, den Sie dem Seigneur Keraban machen wollten?
    – Ich fand noch keine Gelegenheit dazu, antwortete Van Mitten ausweichend, er scheint mir eben nicht zum besten aufgelegt zu sein…
    – Also sollen wir da hinein kriechen? fragte Bruno, in möglichst verächtlicher Weise nach der Araba zeigend.
    – Ja… vorläufig!
    – Aber wann werden Sie sich entschließen, jene Frage wegen des Geldes zu stellen, von der unsere Befreiung abhängt?
    – Im nächsten Dorfe, antwortete Van Mitten.
    – Im nächsten Dorfe?
    – Ja, in Archawa!«
    Bruno warf als Zeichen der Mißbilligung den Kopf zurück und begab sich hinter seinem Herrn in’s Innere der Araba. Das schwerfällige Fuhrwerk polterte doch in ziemlich gutem Trott die abhängige Straße hinunter.
    Das Wetter ließ zu wünschen übrig. Im Westen ballten sich gewitterdrohende Wolken zusammen. Dieser Theil der Küste, welcher mit voller Wucht von der Geißel der atmosphärischen Strömungen der offenen See getroffen wurde, sollte wahrscheinlich manche Schwierigkeiten bieten. Dem Wetter macht man indeß keine Vorschriften, und die fatalistischen Getreuen Mohammed’s verstehen besser als Andere, es zu nehmen, wie es gerade kommt. Jedenfalls war zu befürchten, daß das Schwarze Meer nicht mehr lange seinem griechischen Namen des Pontus Euxinus, das ist »das gastfreundliche« Ehre machen sollte, sondern weit eher seinem türkischen Namen Kara Dequits, der von minder guter Vorbedeutung ist.
    Zum Glück war es nicht die hohe und bergige Partie von Lasistan, welche die gewählte Reiseroute durchschnitt. Hier mangelt es an Straßen gänzlich, und man muß quer durch Wälder ziehen, welche oft noch keine Axt gelichtet hat. Die Araba hätte hier unmöglich durchkommen können. Die Küste ist besser fahrbar, und hier fehlt es nie an einem Wege von Dorf zu Dorf. Er wendet sich durch Gehege von Fruchtbäumen, unter dem Schatten von Nußbäumen und Kastanienbäumen und zwischen Lorbeergebüschen und Alpenrosen hin, welche unentwirrbare Ranken von wildem Wein mit einander verschlingen.
    Wenn der Küstensaum von Lasistan also den Reisenden ziemlich bequemes Fortkommen bietet, so ist er dafür in seinen tiefen Theilen ungesund. Hier dehnen sich fieberausathmende Sümpfe aus und vom Mai bis August herrscht der Typhus endemisch. Zum Glück für den Seigneur Keraban und die Seinigen befand man sich im Monat September, und ihre Gesundheit war nicht von Gefahren bedroht. Strapazen – ja! Krankheiten… nein! Und wenn man nicht allemal von einer Krankheit wiedergenest, so kann man sich doch mit Sicherheit ausruhen. Wenn der starrsinnigste aller Türken so sprach, konnten seine Begleiter nicht wohl etwas darauf antworten.
    Die Araba hielt bei dem Dorfe Archawa gegen neun Uhr Morgens. Man richtete sich ein, in einer Stunde wieder aufbrechen zu können, ohne daß Van Mitten einen Anknüpfungspunkt gefunden hätte, das bekannte Anleiheproject gegen seinen Freund Keraban zu erwähnen.
    Das veranlaßte Bruno zu der Frage:
    »Nun, Mynheer, ist es geschehen?…
    – Nein, Bruno, noch nicht.
    – Aber, es wäre wohl Zeit…
    – Im nächsten Dorfe.
    – Im nächsten Dorfe?
    – Ja, in Witse.«
    Bruno, der ja in Geldangelegenheiten von seinem Herrn abhing, wie sein Herr von dem Seigneur Keraban, nahm in der Araba Platz, ohne dieses Mal seine üble Laune zu verbergen.
    »Was hat denn der Bursche? fragte Keraban.
    – Nichts, beeilte sich Van Mitten zu antworten, um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. Er ist vielleicht etwas erschöpft.
    – Er? versetzte Keraban. Er sieht ja vortrefflich aus! Mir kommt’s selbst vor, als ob er fetter würde!
    – Ich? rief Bruno tief innerlich verletzt.
    – Ja! Er hat Anlagen, ein echter Türke mit

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