Kerstin Gier 2
lächelnd. Auf Ralfs Gesicht erscheint dieses lausbubenhafte Grinsen, in das ich mich damals Knall auf Fall verliebt hatte. »Ich hole schnell eine Decke, auf die wir uns legen können«, sagt er und geht rein. Ich lehne mich zurück und schaue in die Sterne.
Montag
Diese Geschichte war wirklich witzig. Und so wahr! Au-pair-Mädchen aus dem Osten wollen wirklich immer nur das Eine: deinen Ehemann. Ach, und mein Lieblingssatz: »Da können wir uns doch gleich ein Schild um den Hals hängen: Wir erziehen unsere Kinder scheiße!«
Liebe Grüße von Sonja, die übrigens parallel wieder einmal Thomas Manns »Buddenbrocks« liest, aber trotzdem ab und an Spaß an seichter Lektüre hat.
Montag
Sonja, ich sag’s nur ungern, aber obwohl die Lektüre ein schwerer Brocken ist, heißt es »Die Buddenbrooks«, sollte man vielleicht wissen, vor allem, wenn man es »wieder mal« liest. Zu »Mama entspannt sich«: Ich konnte mit der Geschichte leider nichts anfangen, weil ich mich absolut nicht mit einer Protagonistin identifizieren kann, die Größe 42 oder mehr trägt. Sorry. So eine Person kann man doch nicht ernst nehmen.
Sabine
Montag
Ich dachte, du wolltest wegen des kompromittierenden Covers nicht mitmachen, Sabine? Oder liest du das Buch jetzt auf dem Klo?? Na ja, egal, ich fand die Geschichte jedenfalls supi-süß, weil die Botschaft doch heißt: Keine Familie ist perfekt, aber Hauptsache, man hat sich lieb, und das finde ich auch.
Mami (Kugelbauch) Ellen, die ihren Männe und Timmi und Jimmi und das Wurzelchen total lieb hat!
Montag
Ich hatte Sabine eine von meinen selbstgefilzten Buchhüllen geschenkt, damit sie bei unserer Leserunde mitmachen und Übergewichtige beleidigen kann, ohne sich in der S-Bahn zu blamieren. Ich hätte noch zwei Varianten im Angebot: moosgrün mit Glitzersteinen und lila mit applizierter Eule.
Mami Gitti, die sich heute einfach mal nicht beleidigen lässt
Henrike Heiland
Zum Kuckuck
Herr Grenzmeier und ich kannten uns jetzt fast auf den Tag genau ein halbes Jahr. Mittlerweile verstanden wir uns blind. Man könnte sagen, er war der wichtigste Mann in meinem Leben, und es hatten sich über die Wochen und Monate liebgewonnene Rituale eingespielt. Jeden Morgen um sieben klingelte mein Wecker nach vier Stunden Schlaf. Ich machte Frühstück, brachte Louise in den Kindergarten, rannte zurück, ließ die Wohnungstür angelehnt, damit Herr Grenzmeier nicht klingeln musste, kochte Kaffee und stellte mich unter die Dusche. Wenn ich fertig geduscht hatte, war er schon da, trank seinen Kaffee und zählte das Geld, das ich ihm hingelegt hatte.
»Ist das alles?«, fragte er dann.
Ich nickte. Er wusste genau, dass ich ihn nicht anlog, weil ich leider nie log, aber er fragte trotzdem. Er fragte nicht, weil es ihm zu wenig war, sondern weil er nach einem halben Jahr immer noch erschüttert war, dass ich keinen besser bezahlten Job finden konnte. Vielleicht fragte er auch, weil er fragen musste.
Die nächste Frage lautete immer: »Haben Sie denn auch genug für sich und Louise?«
Dann machte ich ein tapferes Gesicht und nickte wieder, nur diesmal etwas bedächtiger. Die ersten paar Wochen hatte er leicht gezuckt, war dann aber ohne ein weiteres Wort aufgestanden und gegangen. Irgendwann hatte er angefangen, von dem Geld ein Scheinchen wegzunehmen und mir zurückzugeben. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er selbst hier und da was aus seiner eigenen Tasche dazulegte. Aber wir redeten nie darüber.
Irgendwie hatte ich mich schon richtig an Herrn Grenzmeier gewöhnt, und auch an die Pfandsiegel, die er auf meiner spärlichen Einrichtung in der winzigen Anderthalbzimmer-Wohnung im Souterrain einer Mehrfamilienvilla am nicht mehr ganz so schicken Rand von Blankenese verteilt hatte. Herr Grenzmeiers Vornamen war mir nicht bekannt, er war bestimmt nicht mehr weit von der Rente entfernt und sprach nur wenig. Er war sehr groß und dünn und trug keinen Ehering. Seine Kleidung war ordentlich, aber nicht teuer. Mehr wusste ich nicht über Herrn Grenzmeier. Abgesehen von seinem Beruf, natürlich. Herr Grenzmeier war Gerichtsvollzieher.
Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn Herr Grenzmeier in Rente ging und ein Neuer nachkam. Der Neue würde bestimmt nicht so nett sein, hier und da ein Scheinchen unter den Tisch fallen zu lassen, damit ich mit Louise auch mal ins Kino gehen oder am Blankeneser Markt ein handgemachtes Bioeis essen konnte. Der Neue würde sich bestimmt
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