Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
Vom Netzwerk:
Blankeneser Gymnasiasten mit Deosprays duellierten. Es stank erbärmlich.
    »Das kann doch nicht gesund sein«, hustete ich in die Deowolke.
    »Wollen Sie sich beschweren oder was?«, raunzte mich einer der Rotzlöffel an.
    »Jungs, das sind noch nicht mal Tester, mit denen ihr hier rumsprüht. Ich finde das nicht in Ordnung.«
    »Wir finden das aber in Ordnung«, sagte Rotzlöffel zwei. »Wenn wir was kaufen wollen, haben wir ja wohl das Recht, es vorher auszuprobieren.«
    »Können wir ja nichts für, wenn die alle nach Scheiße riechen«, kicherte Rotzlöffel eins und fing wieder an, seinen Freund vollzusprühen. Ich sah den Kopf des Filialleiters kurz hinter einem Regal auftauchen. Aber er verdrehte nur die Augen und verschwand wieder.
    »Jungs, bitte, hört auf, ich bekomm keine Luft mehr«, bat ich die beiden.
    »Hey, wenn Sie mir Ärger machen wollen, überlegen Sie sich das gut. Mein Vater ist Anwalt«, erklärte Rotzlöffel eins, und ich sah mit einem Mal sein ganzes Leben vor mir: Eltern, die ihm jeden Morgen mit dem Frühstück eintrichterten, dass er etwas Besonderes sei und sich im Leben nichts gefallen lassen dürfe. Lehrer und Professoren, die mit seinen Eltern befreundet waren und ihn durch sämtliche Prüfungen durchwinkten. Nach dem Studium gleich ein gut bezahlter Job, weil der Vater seine alten Seilschaften zu nutzen wusste. Und eine Ehefrau, die alles mit sich machen ließ. Man könnte auch sagen: Ich stand gerade vor einer kleinen Robert-Ausgabe. Und irgendetwas in mir fing an, sich zu regen.
    »Ach, dein Vater ist Anwalt?«, hakte ich nach. »Wirklich?«
    »Klar! Wenn Sie mir blöd kommen, verklagt er Sie.«
    Ich fing an, in meiner Handtasche zu wühlen. »Na, dann sag mir doch mal deinen Namen und den von deinem Vater auch gleich. Wenn er dann das nächste Mal in meinem Gerichtssaal auftaucht, würde ich mich gern mit ihm über dich unterhalten. Wo ist denn mein Stift …«
    Rotzlöffel zwei hatte ganz genau zugehört. »Äh, ’tschuldigung, aber … haben Sie gerade gesagt ›in meinem Gerichtssaal‹?«
    Ich nickte in meine Handtasche, damit die beiden nicht sahen, dass ich schon ganz rot geworden war.
    »Die ist Richterin«, flüsterte Rotzlöffel zwei seinem Freund, dem Anwaltssohn zu. »Wir hauen besser ab.«
    »Frau, äh, Richterin«, sagte Rotzlöffel eins, »tut mir leid.«
    Und dann zischten die beiden so schnell nach draußen, dass ihre Hilfiger-Sneakers nur so rauchten.
    »Manchmal wird aus einem Schaf ein Wolf«, kommentierte Herr Grenzmeier, als ich ihm davon erzählte. Das mit dem Schaf fand ich zwar nicht besonders schmeichelhaft, aber er hatte wohl Recht damit.
    »Sie sollten sich noch eine Weile mit diesem Wolf beschäftigen, bevor das Schaf zurückkommt«, orakelte er.
    Aber das Schaf war schneller wieder da, als Herr Grenzmeier seinen Spruch aufsagen konnte. Ich quälte mich mit rabenschwarzem Gewissen durch den Tag, stellte mir vor, wie die beiden Rotzlöffel zu Hause ihren Eltern von mir erzählen würden, wie erzürnte Väter nach mir suchen, mich finden und schließlich wegen Amtsanmaßung an den Haaren vor Gericht zerren würden … Nein, ich war mir sicher, dass die Wolfsnummer absolut nichts für mich war. In meinem Schafspelz wohnte nichts anderes als ein noch schafspelzigeres Schäfchen. Da war vor lauter Schafswolle kein Platz für Wölfe.
    Dachte ich.
    Ich lag falsch.
    Das Deoduell im Drogeriemarkt war gute zwei Wochen her, ich holte Louise gerade vom Kindergarten ab, als mich eine der anderen Mütter fast mit ihrem SUV rammte, während sie auf dem Bürgersteig parkte. Erschrocken schlug ich mit der Hand gegen ihren Kotflügel. Es war mehr eine Abwehrbewegung, eine reflexhafte Schutzreaktion, mit der ich mich vor Louise warf, als ein erzürntes Um-mich-Schlagen. Aber die Frau war schon aus ihrem traktorartigen Gefährt gesprungen und kreischte mich an.
    »Wissen Sie, wie teuer der Wagen war? So viel verdienen Sie in zwei Jahren nicht mal brutto!«
    Mir, dem Schäfchen, blieb der Mund offen stehen, sonst hätte ich liebend gern etwas gesagt wie: »Sie ja wohl auch nicht!«
    Ich spürte, wie Louise ängstlich an meiner Hand zerrte. »Mama, ich will heim«, flüsterte sie zaghaft.
    Die Frau musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. »Ich hab Sie doch schon mal gesehen«, murmelte sie, und dann fiel es ihr leider ein. »Ja, Sie sind doch die, die es nötig hat, im Secondhand-Laden zu klauen!«
    Oh nein. Blankenese war einfach viel zu klein. Aber wenigstens schien

Weitere Kostenlose Bücher