Kerstin Gier 2
…«
»200 Euro, und die haben Sie mir wiedergegeben.«
»Na, aber …«
»Sonst weiß ich von nichts«, beharrte er.
Normalerweise wäre das der Punkt, an dem er aufstand und ging. Heute aber blieb er sitzen und starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Louise, die auf dem Sofa herumturnte, schien er gar nicht zu beachten.
»Irgendwie sind Sie heute anders als sonst.«
»In drei Wochen geh ich in Pension.«
»Und was machen Sie dann?«
Er zuckte die Schultern. »Sie haben wohl keine Idee?«
Ich lachte. »Ich brauche dringend jemanden, der mir bei der Buchhaltung hilft. Hätten Sie nicht Interesse?«
»Ich dachte eher, vielleicht such ich mir ein Hobby.«
»Malen?«
»Zum Beispiel.«
Ich nickte und lächelte. Er stand auf und ging zur Tür.
»Bis nächsten Sonntag dann«, sagte er.
»Um drei«, sagte ich.
Dienstag
Diese Geschichte hat mich sehr nachdenklich gemacht. In finanziellen Dingen sind wir Frauen doch alle viel zu naiv. Leider opfern wir nur allzu gern unsere Karriere dem Familienleben und stehen später dann vor dem Nichts. Nicht, dass ich unseren Ehemännern böse Absichten unterstellen würde, aber es kann nicht schaden, auf Nummer sicher zu gehen. Ich könnte einen Vortrag organisieren, dieses Mal zum Thema Ehevertrag, Gütertrennung etc., hat wer Interesse? Ich kenne da einen Anwalt, der eine Koryphäe auf diesem Gebiet ist.
Frauke
Dienstag
Tja, da wir alle bereits verheiratet sind − von Gitti mal abgesehen, aber ich schätze, das wird in diesem Leben nichts mehr mit einem Ehemann, Schätzchen, nichts für ungut − ist es wohl für diesen Vortrag ein bisschen spät, Frauke. Und wenn du mich fragst: Frauen, die wegen der Kinder ihr Studium abbrechen und später herumheulen, dass sie ihre Karriere geopfert hätten, machen sich selbst etwas vor!
Wieder eine echt miese Geschichte mit einer saudummen Protagonistin, übrigens. Wer kann sich um Himmels willen mit so jemandem identifizieren? Ich jedenfalls nicht.
Sabine
Dienstag
Ich mochte die Geschichte und die Protagonistin sehr, Sabine. Manche Menschen sind eben von Natur aus gutherzig und haben ihre Illusionen, die Liebe betreffend, noch nicht verloren! Ich fand es so schön, dass am Ende alles gut ausging. Mein Lieblingssatz: In meinem Schafspelz wohnte nichts anderes als noch ein schafspelzigeres Schäfchen . Ist das nicht supi-süß? Ich hab’s meinem Männe vorgelesen, und er nennt mich jetzt »mein schafspelziges kleines Schäfchen«.
Mami (Kugelbauch) Ellen
PS: Und Gitti: Egal, was Sabine sagt, gib die Hoffnung nicht auf! Auch auf dich wartet irgendwo die große Liebe!
Birgit Fuchs
Mama La Bamba
Freitag
5:57 Uhr
Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl heute.
Hoffentlich wird es nicht einer dieser Tage, die man rot im Wochenplaner anstreichen muss. Oder schwarz? Meinetwegen auch lila, obwohl ich Lila hasse. Lila macht blass, wenn man ödematös veranlagt ist.
Dabei – es steht schon etwas drin im Kalender: Drei Sternchen und daneben in Schnörkelbuchstaben das Wort Mutti . Das bin ich.
Ich habe nämlich Geburtstag heute, auch das noch.
Fühle mich wie ein dickes, fettes Ödem und sehe aus wie eine, die die ganze Nacht an Paulchens Bett gewacht hat, weil der sich in halbstündigen Abständen übergeben hat.
Der gemeine Brechdurchfall hat zugeschlagen! Wieder einmal völlig unerwartet und rücksichtslos, kurz nach Mitternacht. Es scheint, als ob er sich bei uns wie zu Hause fühlt. Wahrscheinlich denken sich die lausigen Viren etwas wie: »Ach guck mal an, die Sperlings wollen Urlaub machen, ts, ts, ts. Kommt, wir greifen an. Die Mutter geht sowieso nicht arbeiten, seht nur, wie sie den ganzen Tag ihren Kindern zur Last fällt oder auf dem Sofa lümmelt.« Und zack – schon haben wir den Salat.
Leider ereilt der Erreger die Kinder immer zu so ungünstigen Terminen wie an Heiligabend, beim Flugzeug-Boarding oder im Zahnarztstuhl, nachdem der Doktor die Betäubungsspritze gesetzt hatte. Vor meinem Mann Arno allerdings scheint sich das Virus zu fürchten, er ist nämlich selten greifbar, wenn die Epidemie ausbricht.
06:05 Uhr
Setze mich auf den Badewannenrand, um mich zu sammeln.
06:12 Uhr
Sammle mich noch immer.
Der frühe Morgen war noch nie mein Ding. Ich lege meine Brille auf dem Klodeckel ab und taste mit geschlossenen Lidern nach einem Waschlappen, um meine Augen wach zu kriegen. Hmm, tut gut. Blinzle und entdecke unscharf einen Schriftzug auf dem Spiegel. Oh, es hat also doch jemand daran
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