Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
Vom Netzwerk:
und musste sich eingestehen, dass er geschmeichelt war. Er hatte noch nie gehört, dass ihn jemand ins Herz geschlossen hatte, schon gar nicht ein Kind. Tobias’ Bruder und seiner Frau war jedenfalls noch nie über die Lippen gekommen, dass seine Nichten und Neffen etwas für ihren Onkel übrig hatten. Was Tobias kalt ließ, denn er sah die Gören am liebsten von hinten, was wiederum daran lag, dass die drei auf der nach oben offenen Nerv-Skala bei sämtlichen Familienfesten jedes Mal mühelos ihre eigenen Rekorde brachen. Quengeln, dazwischenreden, wenn Erwachsene sich unterhielten, kreischen und hektisches Hin- und Herlaufen waren ihre bevorzugten Waffen. Das einzig Positive, was er über das Trio berichten konnte, war, dass sie ihm möglichst aus dem Weg gingen.
    »Apropos Gartenbesuche«, hakte Tobias jetzt nach, »die dauern immer exakt eine Viertelstunde. Manchmal verabschiedet sich Finn auch ein bisschen früher. Aber niemals später. Er hat seine Armbanduhr genau im Auge, ich habe ihn beobachtet. Warum macht er das wohl?«
    Annika lachte. »Ich habe keine Ahnung. Warum fragst du ihn nicht selbst?«
    »Gute Idee. Darauf bin ich nicht gekommen«, sagte Tobias und kam sich dämlich vor. Keine gute Voraussetzung, um eine Frau, die er von Minute zu Minute erotischer fand, zu beeindrucken. »Was ich noch sagen wollte: Ähem … also, ich habe nichts gegen Finn. Er ist ein aufgeweckter Junge. Und, hm, sehr gut erzogen. Ja, wirklich. Das ist mehr, als ich von meinen Nichten und Neffen behaupten kann.«
    Kaum war das heraus, hätte er sich ohrfeigen können. Er hatte so spießig und kleinkariert wie sein Vater geklungen. Und wie ein Kinderfeind dazu. Ich habe nichts gegen Finn … Dabei war es doch so, dass er speziell Finn mögen würde, wenn er Kinder im Allgemeinen mögen würde. Was nun mal nicht der Fall war. Na und? Er mochte auch keine Zucchini und keine Innereien und keine Hunde und hasste Temperaturen unter zehn Grad Celsius und musste sich dafür vor niemandem rechtfertigen.
    Annikas Mundwinkel zogen sich nach oben, und Tobias vermutete, dass sie sich über ihn amüsierte – und er konnte es ihr nicht verübeln. »Danke für die netten Worte. Ich würde mir ja gern einen Mutter-Orden auf die Brust heften, aber Finn erzieht sich weitgehend selbst. Er ist ein richtiger Schatz. Meine Mutter ist überzeugt, dass seine Seele alt und weise ist. Ich glaube, sie hat Recht. Übrigens: Die Katze mag dich offensichtlich auch. Ich finde es erstaunlich, dass sie neben dir im Gras liegt, wenn du im Garten bist. Rosine ist sonst sehr scheu Fremden gegenüber.«
    »Apropos Katze«, sagte Tobias, dankbar für den Themenwechsel. »Wo steckt denn das Tierchen heute?«
    »Rosine ist krank und sehr, sehr wackelig auf den Beinen. Ich war vorhin mit ihr bei der Tierärztin. Sie hat ihr Möglichstes getan, um es ihr leichter zu machen, aber wir werden uns wohl bald von ihr verabschieden müssen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Tobias und meinte es auch. Ihm war plötzlich Micki eingefallen, der sich durch seine Kindheit geschnurrt hatte und irgendwann von einem Streifzug nicht mehr zurückgekommen war. Seine Schwester und er hatten den dicken, schwarzweißen Kater sehr vermisst und lange um ihn getrauert.
    »Ja, mir auch. Rosine ist seit neunzehn Jahren meine Freundin. Finn hängt auch schrecklich an ihr. Sie war immer da, egal, wo wir gewohnt haben, und egal, wie es uns gerade ging.« Annika nannte Rosines Krankheit nicht beim Namen, und Tobias fragte nicht nach. Es war nicht wichtig. Was auch immer die Katze plagen mochte, ihr eigentliches Leiden bestand darin, dass ihre Lebenszeit abgelaufen war. Neunzehn Jahre waren ein biblisches Alter für einen Stubentiger, und egal, was man mit dem Tier anstellte, keine ärztliche Kunst konnte das Rad der Zeit zurückdrehen. Tobias war drauf und dran, Annika zu fragen, ob sie Lust hatte, im Biergarten an der Ecke etwas mit ihm zu trinken, als sie verkündete, dass sie jetzt leider aufbrechen müsse, sie sei verabredet.
    »Schade«, sagte Tobias. »Es war nett, mit dir zu plaudern.«
    Sie lächelte ihn an. »Ja, das fand ich auch.«
    Tobias räusperte sich. »Vielleicht könnten wir uns ja mal wieder unterhalten.«
    »Ja, vielleicht. So weit auseinander wohnen wir ja nicht. Es ist auch nicht verboten, bei mir zu klingeln«, sagte Annika lächelnd und packte ihre Habseligkeiten zusammen.
    Am Samstagnachmittag sah Tobias Annika wieder. Hand in Hand mit einem gut aussehenden, dunkelhaarigen

Weitere Kostenlose Bücher