Kesrith – die sterbende Sonne
handelte sich um ein Schiff von einer Größe, wie sie seit vielen Jahren nicht mehr auf dem planetaren Hafen gesehen worden waren.
In der Dunkelheit und der Ferne war das Schiff nicht mehr als eine Gestalt aus Licht, ohne Kennzeichen, ohne Namen. An nichts konnte man erkennen, was es war. Plötzlich wußte Niun, daß seine Leute davon erfahren haben mußten, daß sie zweifellos bereits davon alarmiert gewesen waren, nur er nicht.
Er sprang vom Felsen herab und fing an zu laufen, mit Füßen, die schnell die Richtung änderten, hier und da, wo die schroffe Erde Gefahren in sich barg. Er benutzte nicht die Straße, sondern rannte querfeldein eine alte Mri-Spur entlang und erreichte atemlos und mit stark schmerzender Brust die Tür des Edun.
Es war still in den Hallen. Er hielt nur einen Augenblick lang inne, dann erstieg er die Treppe zum Turm der She'pan, wobei er die erste Windung fast rannte.
Und dort begegnete ihm ein Schatten – der alte Dahacha, der mit seinem großen, mürrischen Dus die Stufen herabschlenderte. Alle blieben ruckartig stehen, und das Dus nahm noch eine Stufe und grollte eine Warnung.
»Niun«, sagte der alte Mann, »ich habe dich gesucht.«
»Da ist ein Schiff«, begann Niun atemlos.
»Das ist hier keine Neuigkeit«, erwiderte Dahacha. »Die HAZAN ist zurück. Yai! Komm rauf, Junge, du wirst vermißt!«
Niun folgte ihm voller Freude. Die HAZAN – das Kommandoschiff der Zone; und es war höchste Zeit, daß sie kam, zu den Regul, die sich panisch und unordentlich zurückzogen. Also gab es bei den Regul noch Entschlossenheit, noch eine gewisse Autorität, um in dieser Situation der Auflösung die Kontrolle zu behalten.
Und die HAZAN! Mit der HAZAN kam Medai, sein Vetter, sein Kel'en-Gefährte, zurück von den Menschenkriegen mit all der Erfahrung und dem gesunden Verstand, der dem an der Front kämpfenden Kel eigen war.
Bei Medai erinnerte er sich auch an andere Dinge, die weniger schön waren; aber nach sechs Jahren spielte das keine Rolle mehr, wenn die Welt ins Chaos stürzte. Niun folgte Dahacha die sich windende Treppe hinauf, und ein Hochgefühl durchströmte ihn.
Ein weiterer Kel'en.
Ein Mann, dem die anderen zuhören würden, wie sie es niemals bei Niun tun würden, der die Welt noch niemals verlassen hatte.
Medai, der unter den Anführern der Regul gedient hatte, der ihren Geist kannte, wie nur wenige Kel'ein die Gelegenheit gehabt hatten, ihn kennenzulernen – er, Kel'en auf dem Schiff des Bai der Zonen von Kesrith.
5
Die Tür war verschlossen, wie immer während der Arrestperiode. Trotzdem versuchte es Sten Duncan erneut, schlug in dem Bewußtsein, daß es nutzlos war, mit der Faust dagegen und ging dann zu dem alten Mann zurück.
»Sie haben es abgelehnt, eine Antwort zu geben«, sagte Stavros. Er saß auf dem Schreibtischstuhl, der Bildschirm der Konsole an seinem linken Ellenbogen zeigte ein eintöniges Grau. Er machte einen unsicheren Eindruck, was für ihn selbst zu einer so schlimmen Zeit unüblich war.
Sie waren auf dem Planeten gelandet. Das war klar.
»Wir hätten andocken sollen«, sagte Duncan schließlich, womit er dem geringsten Teil der in seinem Geist brodelnden Betroffenheit Ausdruck verlieh.
Stavros reagierte nicht auf diese Beobachtung, sondern blickte ihn nur leidenschaftslos an. Duncan las Scham aus diesem Blick.
»Wenn die Pläne geändert worden sind, muß entweder auf der Station oder auf dem Planeten etwas nicht in Ordnung sein«, sagte Duncan. Er versuchte, dem alten Mann wenigstens eine kleine Beruhigung zu entlocken, ein Zurückweisen seiner Auffassungen – sogar ausgesprochenen Zorn. Damit konnte er umgehen.
Und als Stavros ihm überhaupt keine Antwort gab, sank er auf einen Stuhl am Tisch, den Kopf in die Hände gestützt, erschöpft von der Anspannung des Wartens. Für sie war es Nacht, und sie war halb vorbei.
»Vielleicht schlafen sie«, kam es unerwartet von Stavros, der Duncan mit dem völligen Fehlen von Verbitterung in der Stimme überraschte. »Falls sie sich entschlossen haben, auch nach der Landung den Schiffszyklus aufrechtzuerhalten, oder wenn wir in der örtlichen Nacht gelandet sind, könnte es sein, daß Bai Hulagh schläft und seine Befehlsempfänger nicht bereit sind, unabhängig von seiner Autorität eine Antwort zu geben. Die Regul belästigen einen Älteren seines Ranges nicht.«
Duncan blickte ihn wieder an. Er glaubte diese Erklärung nicht, war aber über diese Geste von Stavros froh, egal, ob er noch eine
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