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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Vergiß das nicht. Medai war dafür in Erwägung gezogen und abgelehnt worden. Vergiß auch das nicht.«
    Er saß völlig überrascht da, alle seine Überlegungen hatten sich als falsch und nutzlos herausgestellt. »Sir«, sagte er, aber Eddan wandte sich von ihm ab und stand auf, zeigte deutlich, daß er keine weiteren Fragen in dieser Angelegenheit wünschte. Auch Niun erhob sich, suchte eine Möglichkeit, weiter zu fragen, ließ hilflos die Hand fallen. Wenn Eddan nicht antworten wollte, würde er nicht antworten, und es war ziemlich wahrscheinlich, daß Eddan alles gesagt hatte, was er sagen konnte und was er zu sagen wußte.
    Die She'pan ist mit seinem Tod zufrieden , hatte Melein gesagt; die Kälte dieser Äußerung hatte ihn erstarren lassen. Und: Medai war in Erwägung gezogen und abge lehnt worden , hatte Eddan ihm berichtet.
    Zum erstenmal tat ihm sein Vetter leid, sah er alles von innen nach außen gekehrt.
    Er selbst, in seiner jugendlichen Eifersucht... Medai, dessen einziges Verbrechen darin bestanden hatte, einen Blick auf Melein geworfen zu haben, während die She'pan anderes für ihn geplant hatte. Kesrith war eine harte und unbarmherzige Welt. Die Mutter von Kesrith war wie ihre Welt, ohne Gnade.
    Seine eigene Sturheit war ihrem Willen zuwidergelaufen. Er hatte ihr getrotzt, ohne ihre Gründe zu kennen. Er hatte etwas getan, was Kel'ein nicht taten, hatte ihre Fähigkeit geprüft, ihn aufzuhalten, zu einer Zeit, zu der das Volk sich Spaltung am wenigsten leisten konnte.
    Es war möglich, dachte er, daß nicht allein die Regul Medai getötet, sondern daß die She'pan und sogar Melein ihren Teil dazu beigetragen hatten.
    Er bedauerte Medai und fürchtete um sich selbst. Er wünschte sich, er hätte mit ihm gesprochen – jetzt, wo sie beide Männer waren, nicht nur einer von ihnen –, um von Medai zu erfahren, was Eddan ihm nicht sagen konnte. Er blickte auf die schwarzumhüllte Gestalt auf der Bahre, als er die Seile wieder aufnahm und entdeckte, daß er alles Vertrauen verloren hatte.
    Er hätte in all diesen Jahren nicht allein sein müssen, dachte er plötzlich, und Medai hätte nicht sterben müssen, und so viele Dinge hätten nicht geschehen müssen, wenn er die She'pan nicht dazu gezwungen hätte, zwischen ihnen zu wählen.
    Es waren nicht allein die Regul, die Medai getötet hatten.
    * * *
    Es war Abend, als sie den heiligen Ort erreichten, die Klippen, die windigen Winkel, in denen die Höhlen von Sil'athen die Toten des Volkes bargen, die vor dem Sonnenbegräbnis gestorben waren. Es gab dort viele, viele Gräber, deren älteste in die Zeit zurückreichten, bevor es Regul auf Kesrith gegeben hatte – und die letzten für jene, die auf Nisren geboren waren und hier Zuflucht gesucht hatten.
    Das Tal war ein tiefer Einschnitt zwischen den Klippen, die eine neue Höhenstufe des Hochlandes markierten. Der Sand war hier rot, beginnend mit den Klippen, im Gegensatz zum blassen Tiefland, und die roten Felsen waren gelegentlich von weißen Streifen durchzogen. Wo die Felsen eine feste Kappe trugen, hatten die Winderosion und die brennenden Regenfälle seltsame Säulen und ungeschlachte Formen gebildet, die den Weg durch Sil'athen bewachten und im abendlichen Licht des roten Arain bizarre Schatten warfen. Auf einer der Felsspitzen wuchs eine Anemone, deren Fühler wie Glasfasern mit roten Flecken im Sonnenuntergang glitzerten. Zur Linken des Eingangs lauerte seit vielen Jahren ein Gräber. Die Kel'ein umgingen diesen Wächter in einem weiten Bogen.
    Es war eine Schande, hier am Ende zu taumeln. Niun spürte die Bewegung des Sandes unter den Fü- ßen und fing sich, fürchtete zuerst einen kleineren Gräber, den er zuvor nicht entdeckt hatte; aber es war nur ein altes Loch, das nur aus weichem Sand bestand. Er riß sich zusammen, klopfte den Staub von dem Knie, auf das er gefallen war, stemmte sich in die Seile und schüttelte verschiedene angebotene Hände ab. Ein schwarzer Schatten mit roter Tönung legte sich über sein Blickfeld; die nicht länger dem bewußten Willen folgende Membrane hatte sich halb geschlossen. Seine Atemluft schmeckte aufgrund seines eigenen verdampfenden Schweißes nach Salz.
    Sie gingen an den alten Gräbern vorbei, den Tausenden des alten Kath aus den Tagen vor den Regul. Dann waren da die zwölf ihres eigenen Kath, entsprechend der Überlieferung mit den Gesichtern nach Westen begraben, der aufgehenden Sonne, der dämmernden Hoffnung zugewandt. Sie waren die

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