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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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plötzlich, blieb stehen und drehte sich zu mir um. Sein Gesicht war angstverzerrt. Im Garten war noch immer das grässliche Knurren und Bellen zu hören – dagegen war die menschliche Stimme verstummt. Ich befürchtete das Schlimmste.
    »Aber … es wäre Wahnsinn, ohne irgendeine Waffe dort hineinzugehen, wenn ein wilder Hund frei herumläuft«, stammelte
der Rektor. »Er muss getötet werden – jemand muss den Constable oder einen der Serjeants-in-Arms holen, die eine Armbrust mitbringen können. Einer von euch – beeilt euch!«, fuhr er die Schar unzulänglich bekleideter Jungen an, die mit offenen Mündern am Ende des Ganges standen. »Holt den Constable – sofort!« Die Jungen wechselten erschrockene Blicke, ehe einige von ihnen auf den Hof rannten.
    »Könnten wir nicht einen Stock oder einen Schürhaken oder etwas in der Art benutzen? Wir müssen dort hinein, Rektor – ich fürchte, für den armen Kerl, der da in der Falle sitzt, kommt sonst jede Hilfe zu spät.« Ich streckte drängend eine Hand nach den Schlüsseln aus.
    Der Rektor blickte sich panikerfüllt um.
    »Doch wie um alles in der Welt kommt ein Hund in den Garten?« , fragte er verwirrt mit zusammengezogenen Brauen. Es klang, als spräche er mit sich selbst.
    »Ist das denn kein Wachhund, der Eindringlinge vertreiben soll?«, gab ich, nun selbst verdutzt, zurück. »Könnte er einen Dieb gestellt haben, der über die Mauer geklettert ist?«
    »Hier gibt es keinen Wachhund.« Die Stimme des Rektors klang gepresst vor mühsam unterdrücktem Entsetzen. »Nur der Pförtner hat einen, aber der ist alt, blind, hat nur drei Beine und schläft im Pförtnerhaus am Haupttor. Es ist keinem Universitätsangehörigen gestattet, ein Tier zu halten.« Er schüttelte den Kopf, als traue er seinen eigenen Ohren nicht, als die Kreatur im Garten mit ihrem höllischen Lärm fortfuhr.
    »Tretet zur Seite«, befahl eine ruhige Stimme hinter uns, und die im Gang zusammengedrängte Studentenschar gab einem groß gewachsenen, jungen Mann mit schulterlangem hellen Haar den Weg frei, der ein kostbares Wams und Hosen trug – in schwarzer Seide, prächtig gefüttert in Purpurrot, gekrönt von einer kunstvoll ausgearbeiteten Halskrause. Er sah aus, als wollte er eine Tanzveranstaltung oder ein Theater in London besuchen, und nicht, als wäre er wie wir anderen von Verwirrung und Furcht erfüllt aus dem Bett gekrochen. In einer Hand hielt er
einen englischen Langbogen von der Art, wie ihn der Adel zur Jagd benutzt – größer als er selbst und mit Goldintarsien und grünem und rotem Flechtwerk verziert. In der anderen trug er einen ledernen, gleichfalls mit verschlungenen Ranken und vergoldeten Blättern geschmückten Köcher.
    »Gabriel Norris!«, entfuhr es dem Rektor, als sein Blick auf den Bogen fiel. »Was hat das zu …«
    »Ihr müsst das Tor öffnen, Doktor Underhill«, ordnete der junge Mann an. »Wir dürfen keine Zeit verlieren, hier schwebt ein Mann in Lebensgefahr.«
    Trotz der Dringlichkeit der Situation sprach er so ruhig, als habe er und nicht der Rektor hier die Befehlsgewalt. Halb benommen schloss der Rektor das Tor auf, und der junge Mann trat hindurch, wobei er einen Pfeil an die Sehne legte. Ich ging ihm zögernd nach, und der Rektor folgte wiederum mir, sich dicht an der Mauer haltend.
    Der Nebel hing schwer zwischen den knorrigen Stämmen der Apfelbäume, die wabernden Schatten spielten meinen Augen Streiche. Als ich mich vorsichtig vortastete, bemerkte ich plötzlich in der am weitesten entfernten nordöstlichen Ecke einen mächtigen, langbeinigen Hund – dem Umriss nach eine Art Wolfshund, dachte ich, obwohl ich ihn nicht klar erkennen konnte. Ich presste mich gegen die Mauer, während dieser Gabriel, unübersehbar in seinen protzigen Kleidern, unbeirrt auf das Tier zuschritt, das noch immer knurrte und einen schlaffen schwarzen Gegenstand zu seinen Füßen zwischen den Zähnen schüttelte. Als ich näher kam, lichtete sich der Nebel, und ich konnte den Hund deutlich sehen. Sein Maul war blutig und mit Fleischfetzen verklebt. Bei diesem Anblick wurde mein Herz schwer und mein Magen krampfte sich zusammen, denn ich wusste, dass wir zu spät gekommen waren. Der junge Mann blieb ein paar Schritte von dem Tier entfernt stehen, der Hund, der ihn gewittert oder gehört hatte, hielt bei dem Zerfleischen seiner Beute inne und hob den Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde lang verstummte sein Knurren, und er bewegte sich
auf Norris zu, der im

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