Killer-Camping
sich in das bereits wieder trockene Handtuch, als würde sie frieren. »Was schon? Flirten, einen Urlaubsflirt beginnen. Mich in Augenschein nehmen.«
»Okay, das reicht.«
»Und jetzt lebt er nicht mehr«, flüsterte sie und sprach gegen den lauen Wind. »Was oder wer kann ihn getötet haben? Hast du noch immer keine Idee, John?«
»Nein, leider nicht.«
»Ich bin auch völlig von der Rolle. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Wir bewegen uns wie auf Glas, das jeden Augenblick zerbrechen kann und damit die schöne Welt zerstört, damit die andere ihr wahres Gesicht zeigt. Ich hasse das einfach.«
Eine Antwort bekam Jane von mir nicht. Ich konzentrierte mich mehr auf das Rudern.
Das Ufer war mittlerweile näher gerückt und damit auch die nicht so belebte Stelle am Strand, die ich anvisiert hatte. Dort wartete Lady Sarah, die uns nicht aus den Augen gelassen hatte. Ihr heller Hut leuchtete, und der Wind spielte mit der Krempe.
»Was sollen wir Lady Sarah sagen?«
»Die Wahrheit, Jane.«
»Meinst du?«
»Sie muß wissen, daß wir in Gefahr sind.«
»Auch alle anderen.«
Ich nickte. »Richtig, aber wenn dich ein Zeuge beim Gespräch mit Kenny beobachtet hat, kann dieser Zeuge ohne weiteres aussagen. Du verstehst, was ich damit meine?«
»Sicher. Der Mörder könnte es erfahren.«
»Falls der Zeuge nicht selber der Killer ist. Alle hier sind verdächtig, wir drei ausgenommen.«
»Nein, das kann ich nicht unterstreichen. Ich glaube nicht, daß die jungen Menschen so etwas tun würden. Da irrst du dich bestimmt, John. Wir müssen uns auf wenige konzentrieren.«
»Wunderbar. Und wer ist das?«
»Das kann ich dir leider auch nicht sagen.«
»Eben.«
Lady Sarah winkte. Jane grüßte zurück und legte noch einen Schlag zu, geriet in das flache Gewässer und hörte, wie der weiche Sand unter dem Bootskiel schabte.
»So«, sagte sie zur Begrüßung und mit einer strengen Internatsdirektorenstimme, »jetzt möchte ich gern erfahren, was dort draußen auf dem Wasser los war. Von hier aus konnte ich leider nicht viel erkennen.«
»Sei froh«, antwortete ich beim Aussteigen.
»Was denn?«
»Es gab einen Toten.«
Sarah Goldwyn war so leicht nicht zu erschüttern, auch in diesem Moment nicht. Sie ging nur einen Schritt zurück und schluckte. »Das kann doch nicht wahr sein, der dritte Mord?«
»Leider.«
»Und wo ist der Tote?«
»Sein Kopf lag bei uns im Boot«, erklärte Jane Collins. »John brachte ihn mit, als er tauchte.«
»Wie…?«
Ich erklärte die Zusammenhänge, und Sarah Goldwyn wollte es kaum glauben. Sie war aschgrau geworden, nagte auf der Unterlippe und meinte schließlich: »Das ist schlimmer, als ich gedacht habe. Dann scheint wohl die gesamte Umgebung verseucht zu sein — oder?«
»So sehe ich das auch«, gab Jane ihr recht. »Ich würde vorschlagen, daß wir uns in den Wohnwagen zurückziehen.«
»Soll ich mitkommen, John?«
»Nein, Sarah, bisher hat niemand auf uns geachtet. Versuch du, etwas herauszufinden. Vielleicht hörst du wichtige Dinge, wenn du dich mit den anderen Menschen unterhältst.«
Sie nickte. »Darauf kannst du dich verlassen. Ich werde meine Augen und Ohren nicht verschließen. Sollen wir einen Treffpunkt ausmachen?«
»Das Restaurant wäre nicht schlecht«, schlug Jane vor. Damit war ich einverstanden, auch Sarah Goldwyn hatte nichts dagegen.
»Ich gehe dann«, sagte sie.
Wir schauten ihr nach, wie sie in den Schatten hineinschritt. Es kam uns vor wie ein Symbol…
***
Er freute sich, denn er hatte es geschafft! Der dritte Tote!
Die Gestalt rieb sich die Hände. Allmählich weitete sich der Schrecken aus. Das war auch vorgesehen, so hatte er es haben wollen. Der längst vergangenen Zeit mußte Tribut gezollt werden. Niemand ahnte, was sich hier verbarg. Idioten waren es gewesen, die auf dem Gelände einen Campingplatz errichteten. Aber sie würden sich wundern, alle sollten sich wundern. Keiner entkam.
Der Mann atmete tief durch. Er wußte, daß man ihn nicht sehen konnte, denn er hatte das Versteck längst erreicht, war hineingegangen in die andere, die unheimliche Welt, die von einem Hauch des Grauens durchweht wurde. Hier war er der zweite Herrscher, der erste war leider noch nicht befreit worden.
Er tappte weiter.
Nichts erhellte die Finsternis, und der Mann brauchte zudem kein Licht. Erkannte sich in den Tiefen unter der Erde gut aus, er war ein Suchender gewesen, doch nun hatte er gefunden.
Das Geheimnis des Schreckens…
Uralt, längst in
Weitere Kostenlose Bücher