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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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holen, der diese Barriere mit der entsprechenden Ausrüstung und roher Gewalt durchbrechen konnte.
    Wir alle haben eine solche Tür in uns. Hinter ihr verbergen wir Persönliches, und was wir für uns behalten, ist vielleicht nicht immer vom Besten. So oder so war Warner nicht da und konnte ihnen den Zugang nicht verwehren.
    »Macht sie auf«, sagte Barclay.
    Dann stapfte er wieder nach oben an die frische Luft und ins Sonnenlicht. Er stellte sich in einen abgeschiedenen Winkel, um einen Mann anzurufen, den er auf einer von Warners Partys kennengelernt hatte, einen Mann, der ihn zur Seite genommen, ihm seine Karte gegeben und ihm gesagt hatte, er solle ihn in dem Fall anrufen – und auch nur dann –, wenn es ein Problem gab, welches aus dem Ruder zu laufen und an die Öffentlichkeit zu dringen drohte. Der Sheriff wusste von diesem Mann nur, dass er Paul hieß und dass er froh und glücklich gewesen wäre, nie wieder mit ihm sprechen zu müssen.
    Doch wenn es je unvermeidlich war, diesen Anruf zu tätigen, so vermutete Barclay, dann jetzt.

32
    I ch rannte, lief, taumelte unter einem Himmel, der sich zusehends bewölkte, nach Sarasota zurück. Im Zentrum ging ich das Risiko ein und trat an einen Bankautomaten, da ich mir ausrechnete, dass ich, sollte ich abgewiesen werden oder einen Alarm auslösen, längst über alle Berge wäre, bevor jemand vorfahren konnte, um mich festzunehmen. Tatsächlich spuckte der Apparat – ohne Ausflüchte oder Widerrede – zweihundert Dollar aus, was mir wie pure Magie erschien und völlig unerwartet kam.
    Ich ging mit dem Geld in eine nahe gelegene GAP -Filiale und kaufte mir rasch eine neue Jeans sowie ein Hemd, bevor ich drei Häuser weiter einen Walgreens aufsuchte. Ich zog mich in der Starbucks-Toilette um, unterzog mich einem Styling mit Waschen, Zähneputzen, Deodorieren, und warf meine alten Kleider in den Abfalleimer. Direkt an den Baristas vorbei marschierte ich wieder hinaus, ohne einen Blick über die Schulter zu riskieren und festzustellen, ob sie die Verwandlung mitbekommen hatten.
    Das passiert selten, da die Leute meist viel zu sehr von ihren eigenen Sorgen und Neurosen in Anspruch genommen sind, um die der anderen auch nur zu registrieren. Darüber lassen sich die Blogs über positives Denken endlos aus, und offenbar haben sie recht. Niemand weiß von der Hölle des anderen. Es ist ihnen egal. Sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, in ihrer eigenen zu schmoren.
    Ich winkte ein Taxi heran und fuhr zum St. Armands Circle. So wie ich es auch sonst mit allen möglichen Leuten tat, plauderte ich unterwegs mit dem Fahrer über Immobilienpreise. Nachdem er mich abgesetzt hatte, lief ich zu der Stelle, an der ich am Vorabend meinen Wagen gelassen hatte.
    Ich drehte die Klimaanlage voll auf und wartete, bis sie richtig anlief. Als es endlich kälter wurde, fühlte ich mich ein wenig besser, auch wenn ich von meinem Sitz aus den Tisch draußen am Bo’s sehen konnte, an dem ich gestern Abend Cassandra getroffen hatte. Irgendwann im Lauf der letzten Stunde hatte sich eine erste, hauchdünne Schicht Narbengewebe über die schrecklichen Ereignisse der letzten Nacht gelegt. Zugleich war etwas anderes passiert: Ich war wütend. Sie war ein nettes Mädchen gewesen. Ein liebes Mädchen. Auch wenn ich noch keine Ahnung hatte, was rings um mich passierte, wusste ich zumindest, dass es ihr den Tod gebracht hatte. Und dafür würde jemand bezahlen.
    Doch das lag in der Zukunft. Der nächste Schritt meines Plans – einem höchst bescheidenen Plan, bei dem ich mich damit zufriedengab, einen Schritt nach dem anderen zu machen und zu hoffen, dass ich nicht sofort auf die Nase fiel – sah vor, zu The Breakers zu fahren und einfach so weiterzumachen wie immer. Mit Karren plaudern, meine E-Mails erledigen. Wenn ich »einfach nur der Typ von nebenan« war, dann würde man irgendwelche schlechten Dinge, die mir jemand anzuhängen versuchte, danach beurteilen, ob sie mir ähnlich sahen. Ob sie dem Kerl ähnlich sahen, der ich gerne sein wollte. Mir selbst, wer auch immer das war.
    Danach konnte ich wieder versuchen herauszufinden, wo zum Teufel Stephanie war, um endlich zu erfahren, ob sie in Schwierigkeiten steckte oder aber nur unbändig sauer auf mich war.
    Bevor ich losfuhr, wählte ich noch einmal Deputy Hallams Nummer. Immer noch keine Antwort. Als Nächstes rief ich bei uns zu Hause an. Nichts, doch ich gab die Tastenkombination ein, über die ich Fernzugriff auf den

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