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Killing God

Killing God

Titel: Killing God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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und er weint und stöhnt und er will, dass ich einen Schluck aus seinem Glas trink … und dann hört die Welt auf, sich zu drehen.
    Alles hält an und ist tot.
    Und ich bin nicht mehr Dawn. Ich bin ein erstarrtes Ding, das vollkommen still liegt und seinen Körper hart wie Stein werden lässt und versucht, nicht zu fühlen, was geschieht …
    Aber ich fühl es.
    Mehr kann ich nicht sagen. Ich kann es nicht noch mal durchstehen. Ich kann mich nicht erinnern.
    Es tut weh.
    Es macht, dass ich blute.
    Es macht, dass ich weine.

    Danach, als ich blutig und mit Schmerzen in meinem Bett lieg (und schon anfang, in meine Höhle zu kriechen), ist in meinem Bewusstsein nur das Geräusch von Dads Weinen und wie er schwankend zur Tür stolpert.
    Die Hymne ist verstummt.
    Das Haus ist unnatürlich still.
    Mein Herz ist tot.
    »Gott, vergib mir«, hör ich Dad schluchzen, als er die Tür öffnet und geht. »O Gott … bitte vergib mir.«

darklands (2)
    Er hat es nur ein Mal getan. Das eine Mal in dieser kalten Winternacht vor zwei Jahren, zwei Wochen bevor er das Haus verließ und nie mehr zurückkam … das war’s.
    Das einzige Mal.

    (and i awake from dreams
    to a scary world of screams)

    Und es gibt wirklich keinen Grund 4 . Ja, ich will Gott umbringen, weil er Dad dazu gebracht hat, sich selbst zu verlieren, und ihn in etwas anderes verwandelt hat. Aber ich werf ihm nicht vor, dass er Dad dazu gebracht hat, mir das anzutun, was er getan hat. Denn ich glaub nicht, dass Gott
dafür
verantwortlich ist. Ich
weiß
nicht, was Dad dazu gebracht hat.
    Ich weiß es einfach nicht.
    Und es gibt keinen Grund 4 , weil er es sowieso nicht getan hat.
    Nicht
mein
Dad.
    Es war ein anderer Dad, der verlorene Dad.
    Und er hat es einem andern Ich angetan.
    Einer andern Dawn.
    Der Dawn, die in einer Höhle lebt.

    (Es ist eine Tatsache, eine wissenschaftliche Tatsache, dass jede Zelle des menschlichen Körpers alle sieben Jahre erneuert wird. Jede einzelne Zelle. Was bedeutet, dass das, was ich jetzt bin, was ganz anderes ist als das, was ich vor sieben Jahren war. Und obwohl das, was ich jetzt bin, nur zu zwei Siebteln anders ist als das, was ich vor zwei Jahren war, reicht der Unterschied trotzdem, um mich zu einem andern Ich zu machen.
    Das ist eine Tatsache.
    Eine wissenschaftliche Tatsache.)

    Natürlich weiß ich, dass ich mir in dem Ganzen was vorlüge, und ich weiß auch, dass ich, als Mum ein paar Tage nach der kalten Dezembernacht zu mir kam und mich fragte (mit Angst in den Augen), ob alles in Ordnung wäre … ich weiß, dass ich auch ihr damals was vorgelogen hab.
    »Ja«, sagte ich. »Alles okay.«
    »Bist du dir ganz sicher?«, hakte sie nach. »Ich meine, wenn es irgendwas gibt,
irgend was
, worüber du mit mir reden willst …«
    Aber es gab nichts.
    Es gibt nichts.
    Wie könnte es was geben?

    (and i feel that i’m dying
    and i’m dying)

    Ich lüge, aber es ist die Wahrheit: Es gibt keinen Grund 4 .

save me
    Als ich aufwache, sind Taylor und Mel weg. Ich weiß nicht, wie spät es ist … frühmorgens, spätnachts. Keine Ahnung. Ich sehe alles verschwommen, ich kann die Digitalziffern auf meinem Wecker nicht erkennen. Sie schweben in der Dunkelheit wie rot glühende, unscharfe Miniraumschiffe. Deshalb
weiß
ich nicht, wie spät es ist, aber es fühlt sich an wie diese Un-Zeit, diese Leere mitten in der Nacht, wenn die Welt am kältesten und dunkelsten ist und du nirgends einen Laut hörst.
    Und ich fühl mich …
    Sündig.
    Ich fühl mich schlecht und sündig.
    Gott, mir ist schlecht.
    Ich lieg auf dem Bett, auf der Zudecke, und hab nichts an als das alberne rosa T-Shirt , weshalb ich starr gefroren bin; auch das Make-up in meinem dämlichen Gesicht fühlt sich kalt und schmutzig starr an. Ich fühl mich wie tot. Ein totes Ding. Und ich
wünsch
mir, ich wär tot. Denn wenn ich tot wär, wär mir zumindest nicht so entsetzlich schlecht, würde es mir nicht den Magen umdrehen.
    Verdammt, das ist ja nicht auszuhalten.
    Ich hab Krämpfe im Bauch, die Blase tut weh, weil sie so voll ist. Mein Mund ist ausgetrocknet, die Lippen kleben aneinander. Mir tut alles weh. Ich riech schlecht. Es pocht in meinem Schädel und kreist und wirbelt und alles verschwimmt …
    Und ich kann mich an nichts erinnern.
    Was ist passiert?
    Was ist mit Taylor und Mel passiert?
    Wann sind sie gegangen?
    Wann bin ich eingeschlafen?
    Wieso fühl ich mich so?
    Was ist passiert?
    Langsam, ganz langsam setze ich mich auf. Stechende Schmerzen schießen durch

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