Killing time
wieder bei der Serientätertheorie?«, fragte Hensley.
»Ja«, antwortete Jim. »Also, Lieutenant, ich möchte, dass Sie bei allen benachbarten Sheriff-Büros in einem Umkreis von hundert Meilen nachfragen, ob sie dort in den letzten sechs Monaten einen ähnlichen Mordfall hatten. Nein, sagen wir lieber innerhalb des letzten Jahres.«
Als Thomasina nach Hause kam, rief sie ihrer Mutter, die in der Küche war, zu: »Mom, ich habe Kopfschmerzen. Ich gehe in mein Zimmer und lege mich ein bisschen hin. Ich werde also nicht mit Abendbrot essen.«
Auf dem Weg in ihr Zimmer hörte sie, wie die Küchentür aufging. Bitte, lass sie nicht hinter mir herkommen. Ich möchte jetzt nicht mit ihr reden.
»Es ist ein Päckchen für dich gekommen«, sagte ihre Mutter. »Ich fand es mit der Post von heute im Briefkasten, aber es war kein Porto drauf. Seltsam, findest du nicht?«
Ein Päckchen? Noch ein Geschenk von Brandon? »Wo hast du es hingetan?«
»Ich hab’s auf deine Kommode gestellt.«
»Danke, Mom.«
»Soll ich dir ein Aspirin bringen?«
»Nein, ich hole mir eine Tablette, wenn es nicht besser wird. Aber erst mal möchte ich mich nur hinlegen.«
Thomasina eilte in ihr Zimmer, schloss rasch die Tür hinter sich und ging direkt zu ihrer Kommode. Das Päckchen, das in der Breite und Länge ungefähr vierzig Zentimeter und in der Tiefe etwa fünfzehn Zentimeter maß, war in schlichtes braunes Packpapier gewickelt und mit breitem, durchsichtigem Klebeband zugeklebt. Sie erkannte ihren Namen, der in großen schwarzen Druckbuchstaben oben auf dem Päckchen stand. Sonst nichts, kein Absender und kein Poststempel. Hatte er das Geschenk irgendwann heute vorbeigebracht und in den Briefkasten gelegt? Aber wann? Könnte Scotty Joe sich geirrt haben, als er sagte, dass Brandon mittags mit Robyn Granger weggefahren war?
Nein, das ist ausgeschlossen. Scotty Joe würde mich nicht belügen.
Sie wusste, dass Brandon und Robyn eine halbherzige Affäre hatten, doch sie hatte angenommen, dass sie vorbei war und Brandon nun bereit wäre für die wahre Liebe. Irrte sie sich? Hatten er und Robyn sich heute Nachmittag geliebt?
Hielt er sie nur zum Narren, indem er ihr Nachrichten und Geschenke schickte? Trieb er den ganzen Aufwand, obwohl sie für ihn nichts weiter war als eine weitere Eroberung?
Und wann hatte er die Zeit gefunden, um den ganzen Weg hierher nach Verona zu fahren? Oder war jemand anders in seinem Auftrag hergekommen, um das neue Geschenk abzugeben? Sie strich nervös über das Päckchen. Was schickte er ihr diesmal?
Mach es auf, dann weißt du es.
Dazu brauchte sie eine Schere.
Sie nahm das Päckchen so vorsichtig auf, als wäre der Inhalt zerbrechlich oder gar explosiv, und trug es zu ihrem Bett. Dort setzte sie sich auf die Bettkante, das Päckchen im Schoß, und suchte in ihrer Nachttischschublade nach einer Schere. Nachdem sie eine gefunden hatte, saß sie mehrere Minuten lang da, das ungeöffnete Päckchen vor sich und die Schere in der Hand. Sie dachte über den schrecklichen Nachmittag nach, der hinter ihr lag. Nur mit knapper Not hatte sie es geschafft, ihre beiden Nachmittagskurse abzuhalten, ohne in Tränen auszubrechen. Wäre Scotty Joe mittags nicht so nett zu ihr gewesen, hätte sie den Rest des Tages wohl niemals durchgestanden. Er hatte Brandon mit keinem Wort mehr erwähnt. Stattdessen hatte er sie mit Witzen und lustigen Anekdoten von den Kindern unterhalten, mit denen er im Gewaltpräventionsprogramm arbeitete. Und er hatte darauf bestanden, dass sie einen der köstlichen, kalorienreichen Brownies aus Cummings Bäckerei aß.
»Sie brauchen sich doch nicht um Kalorien zu kümmern«, hatte er ihr gesagt. »Sie haben eine tadellose Figur.«
Tatsächlich hatte sie den Brownie bis auf den letzten Krümel vertilgt und ihn sehr genossen. Und nachdem sie ihn mit ihrer Cola heruntergespült hatte, konnte sie sogar wieder lächeln. Natürlich waren sie und Scotty Joe nach dem Essen wieder jeder ihrer Wege gegangen, woraufhin die Gedanken an Brandon und Robyn zurückkehrten. In ihrer Eifersucht hatte Thomasina sich lebhaft ausgemalt, wie die beiden gerade im Bett lagen.
Du darfst Brandon nicht einfach unterstellen, dass er etwas mit einer anderen hat. Nicht ohne Beweise. Jeder ist unschuldig, solange ihm nicht das Gegenteil bewiesen wurde.
Sie nahm die Schere in die rechte Hand und schnitt das Klebeband auf. Dann entfernte sie das Packpapier, unter dem eine weiße Schachtel zum Vorschein kam. Thomasina
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