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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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hatten wir das halbe Schuljahr einen Lehrer gehabt, der unter dem Namen Fuselfesus lief. Er predigte uns immer vom Lehrerpult aus etwas vor, und als er einmal im Lehrerzimmer eingeschlafen war und sich vollgepisst hatte, wurde er gefeuert.
    Jedenfalls wurde das erzählt.
    Edmund schüttelte den Kopf.
    »Das bleibt in der Familie«, sagte er. »Das dringt nicht nach außen, wird nicht offiziös.«
    »Ach so«, sagte ich. »Aber ich glaube, das heißt offiziell.«
    »Ist doch scheißegal, wie das heißt«, sagte Edmund. »Immerhin ziehen wir ihretwegen so oft um. Das nehme ich jedenfalls an.«
    Mir tat Edmund Wester Leid.
    Und sein Vater auch.
    Vielleicht tat mir sogar Frau Wester ein bisschen Leid.
    ***
    Abends guckten wir uns im Saga-Kino einen Jerry-Lewis-Film an. Dazu hatten mich die Westers auch eingeladen.
    »Verdammte Scheiße«, sagte Edmund, als wir nach Hause gingen. »Alle sollten wie Jerry Lewis sein. Dann wäre die Welt prima.«
    »Wenn alle wie Jerry Lewis wären«, erwiderte ich, »dann wäre die Welt schon vor mehreren tausend Jahren untergegangen.«
    Edmund dachte darüber eine Weile nach.
    »Du bist nicht doof«, sagte er dann. »Man braucht auch Perry-Mason-Typen, da hast du ganz Recht.«
    »Paul Drake und Della«, sagte ich.
    »Paul Drake ist verdammt gut«, sagte Edmund. »Wenn er mitten während eines Kreuzverhörs in den Gerichtssaal tritt und Perry mit einem Auge zuzwinkert. Verdammte Scheiße, was für ein Typ!«
    »Er hat immer eine weiße Jacke und eine schwarze Hose an«, erklärte ich. »Oder umgekehrt.«
    »Immer«, nickte Edmund.
    »Della liebt ihn«, sagte ich.
    »Einspruch«, sagte Edmund. »Della liebt Perry.«
    »Verflucht noch mal«, widersprach ich. »Sie liebt Paul Drake.«
    »Okay«, sagte Edmund. »Sie liebt beide. Das ist ja auch nicht so ungewöhnlich.«
    »Und deshalb kann sie sich nie für einen von beiden entscheiden«, erklärte ich. »Einspruch stattgegeben.«
    Wir wiederholten die Sprüche eine Weile.
    »Einspruch abgelehnt.«
    »Einspruch stattgegeben.«
    »Ihr Zeuge.«
    »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
    »Nicht schuldig!«
    An Karlessons Kiosk trennten sich unsere Wege. Edmund wohnte weiter hinten in der Mossbanegatan und ich nahe beim Idrottsparken. Karlesson hatte gerade eben geschlossen, die grünen Läden waren vorgeklappt und die Kaugummiautomaten mit Eisenketten und Vorhängeschloss am Fahrradständer festgezurrt.
    »Weißt du, dass man mit einer abgebrochenen Wurstgabel in den Kaugummiautomaten kommt?«, fragte ich Edmund
    »Ha?«, fragte Edmund. »Was meinst du?«
    Ich erklärte es ihm. Man brach einfach nur einen Zentimeter von dem flachen Ende des Wurstpieksers aus Holz hinten ab. Das ging übrigens mit den kleinen Eislöffeln genauso gut, aber die waren nicht so leicht zu finden. Dann drückte man das kleine Holzstück in den Schlitz für die Fünfundzwanzig-Öre- Münze und drehte das Rad. No problem. Klicketi klicketi klick. Rassel Rassel. Klappte jedes Mal.
    »Stimmt das?«, fragte Edmund. »Oder flunkerst du nur rum?«
    Wir wühlten eine Weile im Papierkorb, der an der Wand hing, und fanden schließlich einen klebrigen Eislöffel. Ich nahm Maß und brach ein Stück mit dem Daumennagel ab. Wartete eine Weile, weil eine Horde kichernder Mädchen vorbeischlenderte, und dann führte ich das Kunststück vor.
    Vier Kugeln und ein Ring.
    Wir nahmen jeder zwei Kugeln, und Edmund bekam den Ring, um ihn seiner alkoholisierten Mutter zu schenken.
    »Echt toll«, sagte Edmund. »Wir sollten im Sommer nachts mal herkommen und den ganzen Automaten leeren.«
    Ich nickte: Das war ein Plan, den auch ich schon im Kopf gehabt hatte.
    »Man muss nur genügend Gabeln haben«, sagte ich. »Aber um die Wurststände liegen ja immer reichlich welche rum. Bei Hermans und Törners auf dem Markt.«
    »Eines Nachts machen wir das«, erklärte Edmund.
    »Abgemacht«, sagte ich. »Eines Nachts im Sommer.«
    Dann verabschiedeten wir uns voneinander und gingen nach Hause.
     
    ***
     
    Ich wusste, dass mein Bruder Henry ein ungewöhnlicher Mensch war, aber wie ungewöhnlich er wirklich war, begriff ich erst, als er eines Abends etwas Bestimmtes sagte, es muss in der allerletzten Schulwoche gewesen sein.
    »Kanonen-Berra ist ein Arschloch«, sagte er.
    Ich hatte das Thema aufgebracht. Oder genauer gesagt das Thema Ewa Kaludis, und danach hatte ich wohl etwas in der Richtung gesagt, dass sie mit Berra zusammen war.
    »Wie gesagt, ein richtiges Arschloch.«
    Das stellte er einfach so

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