Kind des Glücks
konnte nicht abstreiten, daß er etwas Wahres gesagt hatte.
Wendi jedoch verpaßte mir einen Tritt vors Schienbein und warf mir einen Blick zu, der ausreichte, um mich schweigen zu lassen.
»Ich unterschätze keineswegs Ihre therapeutischen Bemühungen«, erklärte sie Urso. »Ich habe sie bereits Ihrem karmischen und finanziellen Konto gutgeschrieben. Denn sonst hätte ich sicher dreimal soviel für die Rechte verlangt.«
»Die Übereinkunft wurde von beiden Seiten freiwillig geschlossen«, sagte Urso fast winselnd, während er sich um Unterstützung an mich wandte. »Das kannst du doch nicht bestreiten, Sunshine?«
Ehe ich antworten konnte, gebot Wendi uns mit erhobener Hand Schweigen. »Freiwillig geschlossen?« schnaubte sie. »Erst erklären Sie, Ihre Kunst sei verantwortlich für ihre augenblickliche Gesundheit, und dann erklären Sie, daß das arme, geistesgestörte Wesen fähig gewesen sein soll, freiwillig ein Geschäft abzuschließen, während sie obendrein arm war wie eine Kirchenmaus?«
Urso trommelte auf seinem Schreibtisch herum. Er zuckte die Achseln. Er seufzte. Sein Gesicht nahm einen fast unterwürfigen Ausdruck an. »Ich bin Heiler, kein Autor oder Anwalt«, sagte er unsicher. »Ich weiß in diesen Dingen nicht Bescheid. Vielleicht habe ich unwissend eine einschlägige Vorschrift verletzt, aber Arglist oder einen vorsätzlichen Verstoß kann man mir nicht vorwerfen…«
»Gut gesprochen«, sagte Wendi zuckersüß und giftig. »Dann werden Sie zweifellos gern bereit sein, die unschuldigen Resultate Ihrer unwissenden Handlungen zu korrigieren, nicht wahr?«
Urso musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Im Interesse der Harmonie und Gerechtigkeit könnte ich mich wohl von zweitausend Krediteinheiten trennen…«, sagte er nachdenklich.
»Viertausend«, sagte Wendi. »Denn da wir nun festgestellt haben, was Sie sind, wäre es doch unangemessen, über den Preis zu hadern?«
»Dreitausend«, konterte Urso sofort.
»Dreitausendfünfhundert. Schließlich hat das Clear Light Sanatorium zwar einen gewissen wissenschaftlichen Ruf in den Menschenwelten erworben, was meiner jungen Freundin zu danken ist – und diesen Ruf will es sicher nicht dadurch gefährden, daß etwa der Inhalt dieses Gesprächs außerhalb dieser vier Wände bekannt wird…«
»Einverstanden«, stöhnte Urso. »Sie verhandeln hart, certainement.«
»Au contraire«, dehnte Wendi Shasta Rumi. »Ich bin auf den Menschenwelten als gebildete Ästhetin bekannt, die kaum fähig ist, den schäbigen Details des Handels die rechte Aufmerksamkeit zu widmen.«
Urso wäre fast erstickt.
Wendi lachte.
Nachdem Urso die entsprechende Summe transferiert hatte, begleitete Wendi mich zu meinem früheren Zimmer, wo ich meine spärliche Garderobe in meinen Rucksack packte. Sie befummelte angewidert einen der Umhänge.
»Es ist kaum der Mühe wert, dieses Zeug einzupacken, Liebes«, sagte sie. »Kaum passend für die Gesellschaft, in die du jetzt aufgenommen wirst.« Sie beäugte mich abschätzend. »Wir haben fast die gleiche Größe«, sagte sie. »Es wird nicht schwierig sein, einen Teil meiner Sachen zu ändern, damit du angemessen bekleidet bist. Offenbar ist es sinnlos, auf diesem nikulturni Planeten nach etwas wie haute couture zu suchen.«
Mit genug Krediten auf meinem Chip für drei oder vier Elektrokoma-Fahrten fand ich endlich auch meinen psychischen Atem wieder, was heißen soll, daß ich mein eigenes Schicksal den zugegebenermaßen hilfreichen Händen meiner Freundin und Mentorin entriß; denn seit unserer Begegnung hatte ich kaum Gelegenheit gehabt, über meine eigenen Wünsche nachzudenken.
»Ich kann dir nicht genug für deine Hilfe danken, Wendi«, sagte ich. »Aber ich muß meinem eigenen Weg folgen, und dank dir habe ich nun die Mittel, um ihn zu beschreiten.«
»Deinem eigenen Weg folgen?« sagte Wendi gedehnt, als wäre dies ein völlig neuer Gedanke. »Vraiment, wir müssen alle unserem eigenen Stern folgen, ma chère«, stimmte sie bereitwillig zu. »Die Tatsache, daß ich von so weit her gekommen bin, um dich zu treffen, soll hier keine Rolle spielen. Aber was, wenn ich fragen darf, ist die Bestimmung, die dein Herz sich weigern läßt, deine Geschichte in der Matrix für die Nachwelt aufzuzeichnen? Ich habe noch nie gehört, daß jemand diese Ehre ablehnte…«
»Meinem Weg als wandernde Geschichtenerzählerin zu folgen und die Menschenwelten zu besuchen«, erklärte ich.
»Wenn das alles ist, warum willst
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