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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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erschien das Gesicht des Forschungsleiters. »Die Lyonen …«, stieß Donaton Rell hervor. »Sie sind tot, alle tot!« Und als Esebian nicht sofort reagierte: »Haben Sie verstanden, Konsul?«
    Tot. Eine beschleunigte Evolution, im Lauf von wenigen Jahren über Tausende von Generationen hinweg. Alle tot. Eine weitere Sackgasse.
    Dies ist nicht mehr meine Welt, dachte Esebian, und es war ein Gedanke, der in Caleb und all den anderen wurzelte.
    »Konsul?«
    »Beenden Sie die Experimente«, sagte Esebian.
    »Was?«
    »Ich verlasse Angar.« Esebian winkte und unterbrach damit die Verbindung. Donaton Rells verdutzte Miene verschwand.
    Er vergewisserte sich, dass der Raum nach dem kurzen Außenkontakt wieder sicher war, holte dann die kleine Scheibe hervor, die der Fremde ihm gegeben hatte, und drehte sie einige Male hin und her. Sie schien aus Messing zu bestehen, war aber erstaunlich schwer, schwerer als Blei oder Gold. Stabile Pseudomaterie, über eine Quantenverschränkung mit dem Mann verbunden, der sie ihm gegeben hatte. Er nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger, drückte sie und spürte eine kurze Vibration, als die Scheibe seine DNS überprüfte. Wieder erschien das Gesicht eines etwas fünfzig Scheinjahre alten Mannes mit Tätowierungslücken im schwarzen Haar vor ihm.
    »Die zwanzig Stunden sind noch nicht um«, stellte Tirrhel fest.
    »Ich übernehme den Auftrag«, sagte Esebian. »Als Honorar erhalte ich von Ihnen genug Meriten für die beiden letzten Aufstiege, erst zum Residenten und dann zum Erlauchten.«
    »Wie ich es Ihnen versprochen habe.« Der Mann nickte kurz.
    »Wie heißt das Ziel?«
    »Sein Name lautet El'Kalentar. Sie werden alle notwendigen Informationen erhalten und haben ein Echtjahr Zeit, den Auftrag zu erfüllen. Ich setze mich mit Ihnen in Verbindung.«
    Die kleine Scheibe in Esebians Hand löste sich auf, und er war wieder allein am Tisch.
    Allein mit seiner Überraschung, seinem Schock. El'Kalentar war nicht irgendein Erlauchter, sondern der Vorsitzende des Direktoriats, Mächtigster unter den Unsterblichen und Regent der Hohen Welten und Tausend Tiefen.

 
     
     
    Lang ist die Nacht dem Wachenden,
    Lang ist der Weg dem müden Leib,
    Lang ist der unverständigen
    Wahrheitverkenner Wandelsein.
     
EIN FLÜGELSCHLAG UND EIN STEIN
4
     
    Das Fernschiff schwebte dunkel und tot vor den bunten Fäden des Filigrans: eine mehr als zwei Kilometer lange Walze der Meronna; die einst hell erleuchteten Kuppeln am Rumpf wirkten jetzt wie schwarze Warzen am Leichnam eines Riesen.
    Resident Akir Tahlon, Präfekt der Hohen Welten und Erster Hochkommissar des Direktoriats, sah aus dem großen Fenster der Observationskapsel, die langsam an dem toten Schiff entlangglitt. »Sind das … Kratzer und Schrammen in der Außenhülle?«, fragte er und holte die entsprechenden Stellen mit dem Zoom heran.
    »Korrosion«, sagte sein Assistent Ranidi. Er hatte einen Schwarm Sensoren losgeschickt, die eine wahre Datenflut übermittelten. Der Magister beim Filigranport verarbeitete sie in Echtzeit und schickte der Kapsel die wichtigsten Analyseergebnisse. Sie erschienen in den Displayfeldern vor dem Assistenten. »Die Kolakona muss starker Strahlung ausgesetzt gewesen sein. Über einen längeren Zeitraum hinweg.«
    »Wie lange?«, fragte Tahlon nachdenklich.
    »Etwa hundert Jahre.«
    »Nachdem sie nicht mehr genug Energie für die Schirmfelder hatte. Wie lange hat die energetische Autonomie eines solchen Schiffes Bestand?«
    »Mindestens dreihundert Jahre.«
    »Womit wir schon bei vier Jahrhunderten wären.« Die Kapsel verharrte an einer der Kuppeln, und Licht ging von ihr aus, durchdrang die getrübte Schalenstruktur und erhellte das Innere. Tahlon glaubte, mehrere mumifizierte Leichen zu erkennen. »Vierhundert Jahre … Es dürfte wohl kaum Überlebende an Bord geben.«
    »Nein«, bestätigte sein Assistent, der erste Daten aus dem Innern der Walze empfing. »Nach so langer Zeit ist natürlich niemand rekonvertierbar.«
    Eine Crew von vierzig Personen und fast dreitausend Passagiere. Tot. Ausgelöscht. Durch einen … Unfall? Tahlon fragte sich, ob diese Bezeichnung angemessen war. Mit einem »Unfall« verband er Vorstellungen von Chaos und Zerstörung. Aber er wusste bereits, dass sie an Bord der Kolakona alles intakt vorfinden würden.
    Er hatte dies alles schon einmal gesehen, nicht hier beim Filigran von Hajok, sondern bei einem anderen, das fast zehntausend Lichtjahre entfernt war und durch das inzwischen

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