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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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ihr erwacht. Ich habe interessante Gespräche für ihn vorbereitet, damit er auf andere Gedanken kommen und sich erholen kann. Ein Besuch zu diesem Zeitpunkt war nicht vorgesehen.«
    »Wir kennen uns«, sagte Esebian, legte die Hände aufs Geländer und sah ins Becken. »Und ich habe ebenfalls ein interessantes Gespräch für ihn.« Als sich Forcade Clar nicht von der Stelle rührte, fügte er hinzu: »Ich möchte es allein mit ihm führen.«
    Mit einem verärgert klingenden leisen Schnaufen ging der Betreuer.
    Einige Sekunden lang hörte Esebian nur das leise Summen der Maschinen auf den drei anderen Seiten des Beckens, und dann kam eine Art Schnattern aus dem Halbdunkel auf der anderen Seite des Raums. Die visuellen Erweiterungen zeigten Esebian einen abgesperrten Bereich mit drei affenartigen Geschöpfen in einem großen Klettergerüst. Zwei von ihnen schwangen an ihren langen Armen langsam hin und her; das dritte saß ganz oben auf einer kleinen Plattform und beobachtete Esebian aus runden schwarzen Augen.
    Er hob die Kom-Scheibe und drückte sie an die Schläfe, wo sie haften blieb und eine Verbindung mit seinen Kommunikationserweiterungen herstellte.
    »Ich bin zurück«, sagte Esebian. »Erkennst du mich?«
    Die zuvor glatte Oberfläche der Flüssigkeit im Becken kräuselte sich. »Ja«, ertönte eine Stimme aus einem Artikulator an der hohen Decke. »Ja, ich erkenne dich. Obwohl du anders aussiehst und anders … bist. Als Talanna hast du mich besucht, und auch einmal als Caleb. Lukas brachte dich hierher, vor … hundertsechzig Jahren.«
    »Lukas ist tot. Ein Erlauchter hat ihn umgebracht.«
    »Ich habe davon gehört«, sagte Erebos. »Die Datennetze sind voll davon. Und auch von dir. Aus Talanna ist Esebian geworden, nicht wahr?«
    »Ich habe auch einige andere Leben geführt«, erwiderte Esebian und fragte sich kurz, warum ihm dieser Hinweis wichtig erschien. Er stellte fest, dass inzwischen alle drei affenartigen Wesen auf der Plattform über dem Klettergerüst saßen und ihn beobachteten. »Du hast Gesellschaft, wie ich sehe.«
    »Es ist der nächste Schritt in meiner Entwicklung«, sagte Erebos, und Esebian glaubte, Stolz in der Artikulatorstimme zu hören. »Ich werde Teil des Weltwaldes. Ich wachse in ihnen hinein und dehne mich in ihm aus. Seine gewaltige Biomasse erweitert mich, und die Laii sind meine Arme und Beine, meine Augen und Ohren. Wo sie sind, bin auch ich. Hallo, Esebian.«
    Jedes der drei Affenwesen hob den rechten Arm und winkte. Nach kurzem Zögern erwiderte Esebian den Gruß und dachte an die Faserstränge, die, wie er gesehen hatte, von dem Gebäude in den Wald führten.
    »Wenn du gelernt hast, den Wald gewissermaßen als zusätzliche Hirnmasse zu nutzen …«
    »Er denkt, auf einem sehr niedrigen Niveau, und ich denke mit ihm, in einer Resonanz, die uns beiden nützt. Meine jüngsten Berechnungen zeigen: Wenn die Entwicklung auf diese Weise weitergeht, kann in zehntausend Jahren ein Qualitätssprung stattfinden, der zu einer globalen Kollektivintelligenz führt, an deren Spitze die Laii stehen. Wenn das geschieht, verwandelt sich Drossos in eine Welt des Friedens. Ich bin fest entschlossen, dieses Ziel zu erreichen.«
    »Wenn du so lange lebst«, sagte Esebian und fragte sich, ob er jemals in der Lage sein würde, für sich selbst Pläne über einen Zeitraum von zehntausend Jahren zu schmieden.
    »Ich habe meine eigene Art von Unsterblichkeit, Esebian. Meine Zellen sterben, aber ich schaffe neue und übertrage das, was die alten empfunden und gedacht haben, in sie. Die ganze Zeit über sterbe ich und werde neu geboren.«
    »Wenn du dich im Wald ausdehnst und in Resonanz mit ihm denkst … Welches Potenzial hast du inzwischen erreicht?«
    »Ich bin bei sieben Komma eins Prozent eines Seeders angelangt, Esebian«, antwortete Erebos durch den Artikulator, und diesmal war der Stolz unverkennbar. »Das hat kein anderer Brainer vor mir erreicht.« Eine kurze Pause, und dann: »Ich bedauere sehr, was mit Lukas geschehen ist. Jacinta hat mir den Bericht übermittelt, aber wenn du gestattest: Ich würde es gern von dir selbst hören. Was ist passiert?«
    Esebian blickte auf das tonnenschwere Gehirn im Becken und schilderte die Ereignisse noch einmal, in allen Einzelheiten. Als er schließlich schwieg, waren fast zehn Minuten der halben Stunde bis zur nächsten Traumphase vergangen, die keinen Schlaf bedeutete, sondern tiefe Versenkung in Datenströme, Planungen, interplanetare und

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