Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
interstellare Kommunikation. Seit Erebos auf Lukas' Initiative hin vor mehr als dreihundert Jahren – noch vor Esebians Geburt als Winford – von Bioingenieuren geschaffen worden war, wuchs er immer mehr in die Rolle eines organischen Magisters hinein. Vielleicht erreichte er dieses Ziel erst in zehntausend Jahren, wenn es auf Drossos zu dem Entwicklungssprung kam, der die grüne Hölle in ein grünes Paradies verwandeln würde, aber Esebian zweifelte nicht daran, dass Aurora auch weiterhin alles daransetzte, ihm dabei zu helfen. Vielleicht erleben wir es , hörte er Caleb tief in sich flüstern. Wenn du dich endlich besinnst und keine Zeit mehr verlierst.
    »Ich trauere um Lukas«, sagte Erebos, und die Oberfläche der klaren Flüssigkeit im Becken kräuselte sich erneut. »Er gab mir den Auftrag, Aurora zu verändern, und daran arbeite ich. Nicht nur ich wachse, Esebian. Auch Aurora wächst. Wir helfen den Menschen der Gemischten Gebiete, und nicht nur ihnen. Gleiche Chancen für alle, auch für die, die den Makel tragen.«
    »Das werden Magister und Erlauchte nie zulassen«, sagte Esebian.
    »Dann müssen wir sie dazu zwingen. Meine Pläne sehen vor … sahen vor …«
    Esebian wartete einige Sekunden. »Erebos?«
    »Violette Wünsche an einem Tag mit rotem Schnee«, flüsterte es aus dem Artikulator an der Decke, und von der anderen Seite des Raums, vom Klettergerüst, kam ein kurzes, kehliges Schnattern. »Talanna hat damals diese Worte gewählt. Als Erkennungszeichen für uns.«
    »Ja.«
    »Weißt du noch, was es damit auf sich hat?«
    Esebian horchte in sich hinein. »›Violette Wünsche an einem Tag mit rotem Schnee, unter vielen Farben sollen ruhen Kummer und Weh. Lass Licht die Dunkelheit des Schmerzes durchdringen und meiner Seele endlich Frieden bringen.‹« Und dann war er plötzlich da, der Schmerz, wie von einem Messer, das sich mitten in sein Herz bohrte, an einer Stelle, die der kühle mentale Modus nicht mehr schützen konnte. Esebian keuchte, ihm wurden die Knie weich, und seine Hände schlossen sich wie in einem Krampf ums Geländer. Ayanne hatte diese Worte auf Dannacker geschrieben, mit einem Stein ins Eis des Sees geritzt, kurz vor ihrem Tod. Wie hatte er das vergessen können? Du hast es nicht vergessen , sagte Talanna in ihm. Du hast es verdrängt.
    »Die Begriffe ›violette Wünsche‹ und ›roter Schnee‹ stammen aus den ›Balladen neuer Horizonte‹ des Dichters Jai Jalkut Escoe von Lahor«, sagte Erebos, und es klang nachdenklich. »Ich habe mit Talanna darüber gesprochen. Sie hat Lukas geliebt, und ich weiß von ihr, dass der Mann, der sie vorher war, oder einer der Männer, eine Frau namens Ayanne geliebt hat.«
    Esebian wagte kaum zu atmen und versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wie konnte der Schmerz nach all der Zeit noch immer so stark sein? Weil du ihn konserviert hast , antwortete Talanna, während Caleb nur wortlos schnaubte.
    »Kinder«, sagte Erebos. »Ich erinnere mich daran, dass sie von Kindern gesprochen hat. Zwei Kinder, die sterben mussten, weil bei der Operation, die ihren Makel entfernte, etwas schiefging.«
    »Hör auf«, ächzte Esebian. »Hör auf damit.«
    »Tut mir leid. Es war eine Assoziation. Neue Pläne, Esebian. Darum geht es. Denk an all die Menschen in den Gemischten Gebieten, die den Makel tragen und denen nur deshalb die Unsterblichkeit verwehrt bleibt. Weil Magister und Erlauchte es so wollen. Aurora wird ihnen die Chance geben, ebenfalls einen Platz auf den Hohen Welten zu bekommen. Oder auf neuen Hohen Welten. Darum wird es in Zukunft gehen, Esebian. Es gilt, die Schattenwelt ins Licht zu führen. Talanna hat das erkannt. Die Wechselfälle des Lebens zwangen sie damals, ihre Zukunftspläne zu ändern, wie sie mir anvertraute, und eine größere Situation mit weitaus mehr Variablen zwingt mich, meine Pläne zu revidieren. Eine Assoziation«, wiederholte Erebos. »Ich bedauere, dir Schmerz bereitet zu haben.«
    Esebian sah die Chance, das Thema zu wechseln, und er ergriff sie sofort. »Kurz vor seinem Tod sagte Lukas, dass ›etwas vorgeht‹. Er erwähnte neue Aktivitäten der Magister, die nicht nur die Kommunikation betreffen, sondern auch gewisse Umstrukturierungen. Und der Erlauchte, der ihn auf Gevedon angegriffen hat … Er fragte ihn, was er über die Magister wusste. Was bedeutet das alles?« Esebian atmete tief durch und spürte, wie der kontrollierte mentale Modus die innere Kühle zurückbrachte. »Gibt es vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher