Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
einen Zusammenhang mit El'Kalentar? Kannst du mir dabei helfen, den Erlauchten zu identifizieren, der mich zwang, El'Kalentar zu töten?«
    »Vor zweitausendneunhundertneun Jahren verschwand der Erlauchte El'Hantor von Gondal, der zweiten der ursprünglich elf Hohen Welten«, sagte Erebos. »Viele Monate suchte man nach ihm, nicht nur auf den Hohen Welten, sondern auch in den Tausend Tiefen und in den Gemischten Gebieten. Man fand keine Spur von ihm. Fast auf den Tag genau zweihundert Jahre später erschien er auf Kellupkia, einer der Dunklen Welten am Rand des Vorhangs. Er wusste nicht, was geschehen war. Er wusste überhaupt nichts mehr – sein Gedächtnis war leer. Man versuchte, den Inhalt eines Backups zu transferieren, das er einige Zeit vor seinem Verschwinden angefertigt hatte, wie in weiser Voraussicht, aber solche Transfers sind bei den Erlauchten ohnehin mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, und etwas in El'Hantors Bewusstsein weigerte sich, die Erinnerungsdaten aufzunehmen. Er befindet sich noch heute auf Gondal, im so genannten Schrein, zusammen mit drei anderen Erlauchten, denen es ähnlich erging wie ihm. Was auch immer mit ihrem Bewusstsein geschah, während sie verschwunden waren: Die Gedächtnisleistung von El'Hantor und der anderen beschränkt sich auf ein Jahr; sie vergessen alles, was zuvor geschah. El'Hantors Verschwinden ist der erste Kardinalpunkt, den ich in den Ereignisströmen feststellen konnte. Aber ich bin nicht ganz sicher, ob mit ihm alles begann oder ob der Anfang noch etwas weiter zurückliegt. Vielleicht begann alles vor über fünftausend Jahren, als El'Kalentar noch vor den Filigran-Kriegen zur Alten Erde flog, die damals zu den Sieben Mächten gehörte. El'Kalentar und El'Hantor waren Freunde, und es ist gewiss kein Zufall, dass auch El'Hantor die Alte Erde besuchte.«
    Esebian wartete geduldig und spürte noch immer die Blicke der drei Laii auf der anderen Seite des Raums. Einer von ihnen rieb sich die Arme, was ihn an Leandra erinnerte.
    »Vor zweitausendsechshundertfünfzig Jahren, etwa ein halbes Jahrhundert nach El'Hantors Rückkehr, geschah etwas, das man damals ›Inkursion‹ nannte: ein Angriff auf die besiedelten Sonnensysteme nahe beim Vorhang – einige der betreffenden Planeten wurden daraufhin zu den heute bekannten Dunklen Welten, unter ihnen Kellupkia. Erstaunlicherweise gibt es in den Datennetzen kaum mehr Hinweise auf diese Inkursion, woraus ich schließe, dass alle diesbezüglichen Daten von den Magistern beseitigt oder an einem Ort gespeichert wurden, der durch die üblichen Datennetze nicht erreicht werden kann. Ich selbst habe davon nur erfahren, weil ich einem obskuren Hinweis in einer lokalen Datenbank auf Kellupkia nachgegangen bin, und teilweise musste ich gelöschte Informationen aus Langzeitspeichern rekonstruieren. Zwei Jahre habe ich dafür gebraucht. Bis auf die Magister – und vielleicht die Erlauchten, da bin ich mir nicht sicher – weiß heute niemand mehr, wer damals durch den Vorhang kam. Reste der Abtrünnigen von der Alten Erde? Versprengte Abteilungen der Genetischen Armada? Jedenfalls leiteten die Magister kurz nach der Inkursion ihre erste Erweiterungsphase ein. Nach einigen Jahren verstärkter Kommunikationsaktivität schickten sie Hunderte von Seedern durch die Filigrane, und aus vielen von ihnen sind inzwischen Emergente und vollwertige Magister geworden.«
    »Lukas erwähnte, dass die Magister schneller, öfter und länger miteinander sprechen«, warf Esebian ein. »Offenbar findet erneut eine Phase erhöhter Kommunikationsaktivität statt.«
    »Ja. Die vierte in den vergangenen zweieinhalbtausend Jahren«, sagte Erebos.
    »Worüber reden die Magister?«
    Ein seltsames Geräusch kam aus dem Artikulator. Es klang wie die Parodie eines Lachens: abgehackt, kratzend, rau. »Oh, sie sprechen über viele Dinge, Esebian, die multilaterale Koexistenz von Kopplungskonstanten, Weltflächen in eingeschnürten Dimensionen, Flop-Übergänge, Calabi-Yau-Räume und die fünfte elementare Kraft im Makro- und Mikrokosmos, die Evolution. Sie philosophieren über den Stellenwert, den Gott in allem Existierenden einnähme, wenn es Ihn denn gäbe. Sie debattieren über die Möglichkeit von Leben im Kern von Sonnen und im Herzen von Schwarzen Löchern, und sie spielen miteinander, indem sie eigene Universen entwerfen, mit alternativen Basiskonstanten. Ein Magister namens Tear-Antaligar-al-Madrab-tan-Pascho-al-Bentrem-Kamiya hat einen Kosmos entworfen,

Weitere Kostenlose Bücher