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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Wolken, Sagittarius, Sculptor, Canis Major, Fornax und Hercules, alles Mitglieder der Lokalen Gruppe, und Andromeda, auf Kollisionskurs mit der Milchstraße. Siebenhundert Millionen Lichtjahre waren es bis zur weitest entfernten erreichbaren Galaxie – zwei Filigrane im Zentrum des Direktoriats boten entsprechende Verbindungen. Kongress und Poseidon waren angeblich in Weiten bis über eine Milliarde Lichtjahre vorgestoßen.
    »Ich habe eine Aufgabe für Sie, Tahlon.«
    »Exzellenz?«
    »Helfen Sie mir dabei, das Direktoriat zu retten.«

 
6
     
    Die Worte des Erlauchten kündigten etwas an, das Tahlons schlimmste Befürchtungen übertraf. Plötzlich fiel ihm das Atmen schwer. »Es sind nur fünf«, sagte er mühsam, wie um sich selbst Mut zu machen. »Nur fünf von mehr als zweiundzwanzigtausend in der ganzen Milchstraße.«
    Neben ihm hob El'Kalentar die Hand, und einige der Linien lösten sich aus den Gespinsten. »Es kam zu einigen sehr unglücklichen Zwischenfällen. Einen davon, den mit der Kolakona , haben Sie selbst untersucht. Ich habe inzwischen die Anweisung erteilt, dass die betroffenen Verbindungen geschlossen werden, nicht nur für Raumschiffe, sondern auch für den Individualverkehr. Lokal führt das zu erheblichen Problemen, aber für das Direktoriat als Ganzes ergeben sich dadurch keine nennenswerten Einschränkungen. Bei den anderen Nationen sieht es ähnlich aus, selbst im Poseidon, nehme ich an.«
    »Ist das Problem dort bekannt?«
    El'Kalentar nickte kurz, wodurch die rote Eidechse in seiner Stirn in Bewegung geriet. »Das Direktoriat hat sich mit den Verantwortlichen in Verbindung gesetzt.«
    »Wenn es bei den fünf Filigranen bleibt …«, sagte Tahlon hoffnungsvoll.
    »Denken Sie an den Stein, Präfekt. Sie haben ihn auf die Säule gelegt, und dadurch ist alles in Bewegung geraten.«
    »Ein Tropfen, der ins Meer fällt, bewegt den ganzen Ozean, auch wenn das menschliche Auge es nicht wahrnimmt«, sagte Tahlon nachdenklich. Er bemerkte den fragenden Blick des Erlauchten und fügte hinzu: »Diese Worte stammen von Jae.«
    »Er kennt den Ernst der Lage. Das Direktoriat beobachtet die Entwicklung seit dem zweiten Falschen Filigran und arbeitet eng mit den Magistern zusammen. Ist Ihnen klar, was passieren könnte, Präfekt?«
    »Destabilisierung«, antwortete Akir Tahlon, der in den vergangenen Stunden kaum an etwas anderes gedacht hatte. »Isolation. Chaos.« Er schauderte. Chaos. Nichts verabscheute er mehr.
    El'Kalentar richtete einen langen, nachdenklichen Blick auf ihn. »Wenn dieser Steingarten in sich zusammenfällt, Präfekt … Es könnte das Ende unserer Zivilisation sein. Es wäre sogar möglich, dass der besiegte Tod zurückkehrt und uns erneut herausfordert.«
    Tahlon erbleichte. »Die Unsterblichkeit könnte in Gefahr geraten?«
    »Die größte Errungenschaft unserer Gesellschaft, Präfekt. Ewiges Leben.« El'Kalentar winkte erneut, und weitere Linien krochen wie dünne Schlangen aus den Gespinsten. Sie pulsierten mehrmals und verschwanden dann. Die bunten Knäuel verloren an Farbe und Dichte, und schließlich blieben nur noch Punkte übrig, mit Datenetiketten, die Namen und Entfernung nannten.
    Aufruhr herrschte in Tahlon und wurde kaum geringer, als er in den kühlsten, rationalsten mentalen Modus wechselte. Mehr als dreihundert Jahre hatte er, wie die meisten Menschen, mit nur einem Ziel gelebt: das Gespenst des Todes zu besiegen und unsterblich zu werden. Ein letzter Aufstieg trennte ihn von dem Ziel, und die Vorstellung, dass ihn widrige Umstände daran hindern könnten, die Früchte all der Anstrengungen zu ernten, war ungeheuerlich.
    El'Kalentar musterte ihn. »Sie denken an Ihre eigene Zukunft, nicht wahr? Der Mann, der sich all die Jahre ganz dem Direktoriat gewidmet hat und die Ordnung über alles liebt, der über die Einhaltung der Regeln wacht und zu einem Synonym für Tüchtigkeit und Effizienz geworden ist … Dieser Mann entwickelt plötzlich egoistische Tendenzen. Er denkt vor allem an sich, an seine eigenen Hoffnungen und Wünsche, und erst dann an die Konsequenzen, die sich für unsere interstellare Gesellschaft ergeben würden.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Exzellenz …«
    »Schon gut. Ich verstehe Sie, Tahlon.« El'Kalentar deutete auf die vielen einzelnen Punkte. »Das sind die Projektionen einer möglichen Zukunft. Wenn die Filigrane ausfallen, sind wir auf unsere Fernraumschiffe angewiesen. Reisen damit benötigen viel Zeit, wie Sie wissen, und sind

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