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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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abrutschende Finger und einen Sturz in die Tiefe.
    »Ich bin … gefallen.«
    »Sie haben Glück gehabt«, sagte die Frau. »Sie sind auf Oskar gelandet. Ihr Begleiter war nicht so gut dran.«
    »Oskar?«, brachte Esebian hervor und versuchte, sich aufzusetzen. Zwei Männerhände halfen ihm dabei, und vor ihm erschien ein bärtiges, faltiges Gesicht im Lampenschein.
    »Unser Biomorph«, sagte der Mann. »Er hat Ihren Sturz abgefangen.« Er deutete zur Mitte der Höhle, zu einer Art Lager. Rucksäcke lagen dort, neben zwei geöffneten Frachtbehältern, die Ausrüstungsmaterial und Proviant enthielten. Davor bedeckte eine braune Masse wie ein dicker Teppich den Boden. Esebian beobachtete, wie sich vorn mehrere Augenstiele bildeten und auf ihn richteten.
    »Als Sie auf ihn gefallen sind, ist er so erschrocken, dass er sich zusammengezogen hat«, ertönte wieder die Frauenstimme. »Dadurch war der Aufprall Ihres Begleiters nicht so weich. Er brach sich einige Knochen, die Oskar bereits geheilt hat. Allerdings …«
    »Vielleicht ist er beim Sturz in eine lokale Anomalie geraten«, sagte der Bärtige respektvoll. »Das würde den Schock erklären. Aber seien Sie unbesorgt, Konsul – wenn wir den nächsten Konnektor erreichen, schicken wir Sie und Ihren Begleiter nach oben. Ich bin sicher, das Therapiezentrum, aus dem Sie kommen, kann den angerichteten Schaden beheben.«
    Esebian sah an sich herab. Er trug noch immer den dünnen Therapieumhang und darunter die Biomaske, die ihm das Aussehen eines gewissen Isaac DelMeo gab. An einigen Stellen wirkte sie blasig und verschrumpelt.
    »Wie sind Sie überhaupt hierhergekommen?«, fragte die junge Frau neugierig. Sie hielt die Lampe so, dass ihr Licht ihn nicht blendete, und er sah ihr Gesicht: oval, darin ein kleiner Mund, eine recht lange Nase und zwei zu große Augen, darüber eine fleckige Stirn und struppiges Haar. Keine Schönheit, aber der Glanz in den Augen verriet wache Intelligenz.
    Esebian versuchte noch immer zu verstehen, was passiert war. »Wo ist … mein Begleiter?« Er drehte den Kopf, als die Frau zur Seite deutete.
    Titus Magobb lag zwei Meter entfernt auf einer niedrigen Formspeicherliege und starrte zur Öffnung in der Decke.
    »Er spricht nicht«, sagte die Frau. »Katatonie. Wenn er wirklich Kontakt mit einer Anomalie hatte, kann auch er von Glück sagen.« Etwas leiser fügte sie hinzu: »Vielleicht hat er die Schreie gehört.«
    »Schreie?«, wiederholte Esebian.
    Der Bärtige zuckte die Schultern. »Einige Labyrinthforscher haben von sonderbaren Schreien berichtet, die sie in der Nähe der Konnektoren hörten. Schreie in ihren Köpfen. Vielleicht mentale Projektionen des Labyrinths. Möglicherweise Teil eines Abwehrsystems der Incera.«
    »Sind Sie … Forscher?«, fragte Esebian.
    »Oh, bitte entschuldigen Sie, Konsul. Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Das ist meine Tochter Evergreen, und ich bin Thadeus Hilroy, Xeno-Technologe von Callipto beim Vorhang. Wir sind seit vier Jahren hier und haben es uns zur Aufgabe gesetzt, den Großen Synchronisator im Zentrum des Labyrinths als Erste zu entdecken, mit Oskars Spürnase.«
    »Der Biomorph ist nicht nur unsere Krankenschwester für Notfälle, er verfügt auch über eine spezielle Bioprogrammierung«, fügte Evergreen hinzu. »Er erkennt Muster in den energetischen Strukturen des Labyrinths. Mit seiner Hilfe haben wir die toten Zonen identifiziert, die von Synchronisierungsversuchen verschont bleiben. Wir können also an sicheren Orten warten, bis wieder alles ruhig wird. Und Sie sind …«
    »Green!«, zischte der Bärtige.
    Esebian verstand. Man fragte einen hohen Kandidaten nicht nach dem Namen. Es erklärte auch den Respekt in der Stimme des Mannes. Dies waren gewöhnliche Sterbliche, noch immer auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich genug Meriten für Aufstieg und Kandidatenstatus zu verdienen.
    »Konsul Isaac DelMeo«, sagte er. »Der Mann dort …« Die Idee war plötzlich da, und er nutzte den Moment. »Er ist ein gefährlicher Verbrecher. Mit einer Transitweiche hat er mich aus dem Therapiezentrum von Bonville entführt, vermutlich mit der Absicht, Meriten zu erpressen. Warum wir ausgerechnet hier gelandet sind, weiß ich nicht. Vielleicht warteten hier irgendwo Komplizen auf ihn; vielleicht wurde der Transferfokus von einer der hiesigen Anomalien abgelenkt.«
    »Ein … Verbrecher?«, fragte die junge Evergreen – so jung wie Leandra, dachte Esebian –, und ihre Reaktion

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