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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Direktoriats?«, fragte Leandra erstaunt. »Wolltest du nicht für Onyeanus darüber berichten?«
    Esebian schenkte ihr ein falsches Lächeln. »Sammle du Eindrücke für mich. Wir sehen uns später.«
    Er verließ die Emporiumsloge, bevor Leandra weitere Einwände erheben konnte.
     
     
    Als Konsul war Esebian auf Hadadd eine der Felsvillen zugewiesen worden, die nur den höchsten Kandidaten zur Verfügung standen und mit allem Komfort ausgestattet waren. Der Villenkomplex dieses Lebensfelsens, von dem einige der roten Fäden stammten, die im Versammlungszentrum die Kondensationskristalle durchzogen, war sogar mit einem lokalen Transferitor ausgestattet.
    Beim Betreten des Apartments vergewisserte er sich, dass keine fremden Augen und Ohren aktiv waren – die von ihm installierten Wächter meldeten keine Verletzung der Privatsphäre. Ein Zimmer hatte er zusätzlich abgeschirmt, und dort wartete jetzt jemand auf ihn.
    Aus einem der drei Gegenstände, die Esebian von Lukas bekommen hatte, war in Verbindung mit ausreichend Proteinbrei ein Mensch geworden. Oder etwas, das aussah wie ein Mensch. Die Kopie basierte auf der DNS-Matrix, die er mithilfe der Facette gewonnen hatte, und in dem trockenen Nährtank lag ein Geschöpf, das aussah wie Akir Tahlon vor seinem Filigran-Unglück: durchschnittlich groß, das Haar dicht und graubraun, gut fünfzig Scheinjahre alt, das Gesicht schmal, mit hoher Stirn, die Augen … Die Augen waren leer, denn es steckten keine Gedanken und Gefühle hinter ihnen, aber Esebian hatte sich Bilder vom Hochkommissar und Präfekten angesehen, und deshalb wusste er von seiner Intelligenz und dem ausgeprägten Ordnungssinn, der an Besessenheit grenzte.
    Damit öffnen wir alle Türen , sagte Caleb zufrieden.
    El'Kalentar weiß, dass sich der Präfekt in Lapinta befindet , erwiderte Gunder. Wird er nicht Verdacht schöpfen?
    »Nicht sofort«, sagte Esebian laut. Passende Kleidung für die nackte Kopie lag bereit, vom Synthetisierer des Apartments geschaffen. Esebian warf noch einmal einen Blick auf das Wesen im Nährtank, nahm dann in einem bequemen Sessel Platz und aktivierte den Bewusstseinsprojektor. »Wenn er Verdacht schöpft, ist es bereits zu spät für ihn.«
    Dies ist alles viel zu unausgegoren , sagte Talanna. Das ist euch doch klar, oder? Wir haben keinen richtigen Plan, und die Vorbereitungen lassen sehr zu wünschen übrig. Wie sollen wir fliehen, wenn etwas schiefgeht?
    »Es darf nichts schiefgehen«, sagte Esebian, der ebenso wie die anderen begriff, dass Talanna Recht hatte. Unter normalen Umständen wäre er der Erste gewesen, der auf wesentlich sorgfältigeren Vorbereitungen bestanden hätte, aber von Normalität konnte hier ohnehin keine Rede sein. »Dies ist vielleicht unsere einzige Gelegenheit. Wir müssen sie nutzen.«
    Esebian schloss die Augen, und bevor er sich auf den Projektor konzentrierte, griff er mit seinen Kommunikationserweiterungen durch die Abschirmung des Zimmers noch einmal auf das lokale Datennetz zu und suchte nach einem ganz bestimmten Code. Auf dem Weg vom Verhandlungszentrum zum Lebensfelsen hatte er eine Anfrage ins Netz eingegeben, verschlüsselt mit dem Code von Tirrhels kleiner gelber Scheibe und eigentlich nur aus zwei Worten bestehend: Hier. Jetzt. Es wartete keine Antwort auf ihn, und Esebian fragte sich kurz, ob Tirrhel die Nachricht bekommen hatte. Für ein oder zwei Sekunden, länger nicht, war er unschlüssig, und dann schob er die Zweifel mit der Überzeugungskraft der eigenen Worte beiseite. Vielleicht war dies tatsächlich die einzige Chance, die sie bekamen.
    Esebian projizierte sein Selbst, und das im trockenen Nährtank liegende Geschöpf öffnete die Augen.
    Na bitte, klappt doch wunderbar , sagte Caleb.
    Esebian, zu Akir Tahlon geworden, richtete sich auf und versuchte, ein Gefühl für den Körper zu bekommen. Zuerst steckte Schwäche in seinen Gliedern, und Übelkeit lag auf der Lauer, aber die Phase der Desorientierung ging schnell vorbei, als er den von seinen Erweiterungen stammenden Informationsstrom einschränkte und die Wahrnehmungen des neuen Körpers in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit rückte. Bilder stiegen in ihm auf, und Esebian hielt sie fest, ohne sie zu nahe herankommen zu lassen. Die Kopie war nicht ganz leer, was seinen Erwartungen entsprach. Er hatte den rekonvaleszenten Akir Tahlon mehrere Sekunden lang mit der Fingernagelfacette berührt und deshalb nicht nur eine DNS-Matrix erhalten, sondern auch latente

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