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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und fertigten Aufzeichnungen an. Die größte Gefahr stellten die Magisterdrohnen dar, wusste Esebian, denn ihnen entging nichts, und sie ließen sich auch nicht von Erwartungshaltungen und individuellen Perspektiven beeinflussen. Sie bemerkten jeden noch so kleinen Hinweis und würden daraus ihre Schlüsse ziehen.
    Während Esebian am Boden lag, schwach und kraftlos, während sich die Lippen der über ihn gebeugten Leandra bewegten, ohne dass er ihre Worte hörte, folgte sein erweiterter Blick den Observanten und Drohnen ins zerstörte sichere Zimmer, das alles andere als sicher gewesen war. Er beobachtete, wie eine Drohne Proben von den nicht beseitigten Resten des Proteinbreis nahm und die andere zwischen den dampfenden, glühenden Trümmern Fragmente des Bewusstseinsprojektors fand.
    Die Observanten sprachen miteinander, aber ihre Worte spielten keine Rolle, bis einer von ihnen sagte: »Die Person ist identifiziert.«
    Und die beiden Drohnen summten: »Wir wissen, wer El'Kalentar getötet hat. Wir kennen den Mörder.«
    Wir kennen den Mörder.
    »Esebian, so sag doch was«, jammerte Leandra, die völlig aufgelöst wirkte und offenbar nicht wusste, was sie tun sollte.
    Sie kennen den Mörder, dachte Esebian, und Caleb und die anderen riefen: Bring uns weg von hier! Schnell, bevor die Observanten eintreffen!
    Esebian versuchte, auf die Beine zu kommen, und Leandra half ihm dabei, griff nach seinen Armen und zog ihn hoch.
    Schwankend stand er da, in den Rauchschwaden, die aus dem zerstörten Zimmer kamen. Er stützte sich auf Leandra und ließ sich von ihr zum Ausgang führen. Auch in den anderen Zimmern veränderten Variform-Möbel ihre Struktur; offenbar war der Formspeicher des ganzen Gebäudes beschädigt.
    Die kalte Finsternis der Wüstennacht erwartete sie draußen.
    Die anderen Villen des Lebensfelsens blieben in Dunkelheit gehüllt – ihre Bewohner befanden sich vermutlich noch beim Friedhof außerhalb von Appaia und beobachteten dort die vielen Lichter der »aufsteigenden Seelen«. Esebian sah sich um. Es stand kein Fahrzeug in der Nähe, weder ein Orbitalspringer noch einer der kleinen Transporter, die für den Individualverkehr auf Hadadd verwendet wurden.
    »Wie bist du hierhergekommen?«, fragte er Leandra mit rauer Stimme. »Und was hast du mit Tirrhel gemacht?« Hör auf, dumme Fragen zu stellen! , sagte Caleb scharf. Dafür hast du später noch Zeit genug. Zuerst musst du dafür sorgen, dass es ein Später gibt.
    »Der Transferitor«, brachte Esebian hervor und deutete zum großen Pavillon in der Mitte des Villenkomplexes.
    Ein Teil der Schwäche wich aus ihm, und nach einigen mühevollen Schritten konnte er allein gehen und musste sich nicht mehr auf Leandra stützen. Sein erweitertes Gehör hatte noch nicht seine alte Leistungsfähigkeit zurückgewonnen, aber er nahm ein vertrautes Surren in der Ferne wahr. Es stammte von Gravitationsmotoren – die Observanten näherten sich dem Lebensfelsen, und Esebian zweifelte nicht daran, dass sich zwei Magisterdrohnen in ihrer Begleitung befanden.
    Als sie den weißen Säulenpavillon erreichten, kam Licht von der gewölbten Decke, und eine Stimme sagte: »Es tut mir leid, aber die Funktionalität dieses Transferitors ist eingeschränkt.«
    Ein Teil der Konsole sah aus wie geschmolzen, und darüber leuchtete in warnendem Rot der Hinweis, dass sich kein kontrollierter Transfer durchführen ließ.
    Das Surren wurde lauter, und als Esebian einen Blick über die Schulter warf, sah er die blinkenden Positionslampen von vier schnellen Atmosphärenspringern.
    Wir wissen, wer El'Kalentar getötet hat.
    Das Schlimmste, was hatte passieren können, war tatsächlich geschehen: Er war entlarvt. Das stimmt nicht ganz , sagte Talanna. Das Schlimmste wäre gewesen, wenn Tirrhel uns getötet hätte. Sie hat ihn daran gehindert, irgendwie .
    Sie stand da, jung und unschuldig, verängstigt und bestürzt, die großen grünen Augen voller unbeantworteter Fragen.
    »Tirrhel – der energetische Avatar – hat einen eigenen Noder benutzt, um sich durch diesen Transferitor abzusetzen, aber dabei ist etwas schiefgegangen. Er hat das verdammte Ding beschädigt.« Esebian bediente bereits die Kontrollen, die sich noch bedienen ließen, während die warnende Stimme immer wieder auf eingeschränkte Funktionalität hinwies. Eine Anzeige machte ihm mehr Sorgen als die anderen: Die Energiekanäle des Transferitors hatten ihren Fokus verloren; das Wiederaufladen dauerte zu lange.
    Esebian

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