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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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als Nachfahren jener Geschöpfe, die vor Jahrtausenden Tunnel entlang der roten Lebensfäden der langsam und träge, mit der Geschwindigkeit von Kontinentalverschiebungen denkenden Geo-Intelligenz dieses Planeten gegraben hatten. Noch vor dreitausend Jahren – für die alten Erlauchten vor einem halben Leben – hatte es auf Hadadd eine blühende Xiri-Kultur gegeben, in deren Mittelpunkt die Lebensfäden und Felstürme gestanden hatten. Zwischen den beiden so unterschiedlichen Lebensformen war offenbar eine Art Symbiose entstanden – ob rein psychischer oder auch physischer Natur, darüber stritten die Xenobiologen noch –, doch irgendwann musste es zu einer Zäsur gekommen sein, die den Niedergang der Xiri eingeleitet hatte. Heute galten sie als primitive Lebensform, die aber, wenn sich Esebian recht entsann, unter besonderem Schutz stand. Die Frage lautete: Genossen sie den Status eines Protektorats?
    »Leandra … Frag ihn, ob Fremde in die Tunnel und Höhlen kommen. Leute wie wir. Observanten.«
    Sie wiederholte die Worte in einfacher Form, und Malgralk zirpte: »Nicht Besucher keine. Wenig. Himmel weit … weg. Dunkle Welt … unsrige. Wir weg hier. Hilfe kenne. Bald Transsssport.«
    Die zwölf mehrgelenkigen Beine krümmten sich wie Finger, und Malgralk huschte fort.
    »Er kommt gleich zurück«, sagte Leandra. Sie rieb sich kurz die Arme, griff nach der chemischen Lampe und zog sie näher. »Seltsame Geschöpfe … Auf Meistrom gibt es nichts dergleichen.«
    »Meistrom?«, wiederholte Esebian. Neue Müdigkeit breitete sich in ihm aus und machte seine Gedanken langsamer. »Heißt so die Welt in den Gemischten Gebieten, von der du kommst?«
    »Ja. Und deine Heimat? Wie lautet ihr Name?« Als Esebian nicht antwortete, fügte sie hinzu: »Es ist kalt dort, immer kalt. An die Kälte habe ich mich nie gewöhnt, obwohl ich dort aufgewachsen bin.«
    Vielleicht, dachte Esebian und wusste dabei, dass dieser Gedanke auf Gunder zurückging, meinte sie eine andere Art von Kälte, denn sie hatte sich selbst auf Oxnam die Arme gerieben, und im Filigranport des Haredion-Systems, wo es warm genug gewesen war. Vielleicht war es die besondere Kälte der Einsamkeit, an der manche Menschen mehr litten als andere.
    Oder es ist alles nur Mache, Sand-in-die-Augen-Streuerei , zischte Caleb. Sie wickelt dich ein, und du lässt es mit dir geschehen, Dummkopf.
    Und Talanna flüsterte: Lass ihn.
    »Sie gehören zur vierten Gruppe der Sieben Großen Spezies«, sagte Esebian.
    »Was?«
    »Die Xiri. Kennst du dich mit den SGS aus?«
    Leandra sah ihn groß an.
    »Die Sieben Großen Spezies, oder SGS. So lautet die Einteilung der Xenobiologen, und angeblich geht sie auf eine Kategorisierung der Magister zurück. Alle Lebensformen der Milchstraße und der anderen Galaxien werden in sieben Gruppen eingeteilt, jeweils nach ihren gemeinsamen Merkmalen. Die Xiri gehören zur vierten Gruppe, den Insektomorphen. Das sind die am meisten verbreiteten mobilen Lebensformen.«
    »Und die ersten drei?«
    »An erster Stelle stehen die Autotrophen, zu denen viele der uns bekannten Pflanzen gehören«, sagte Esebian. »Der zweite Platz gebührt den heterotrophen Pflanzen, die organische Nahrung aufnehmen. An dritter Stelle kommen die Mycophyta, die Pilze, wobei Schleimpilze eine besondere Untergruppe bilden – die Filigrane werden manchmal mit ihnen verglichen, das habe ich dir schon gesagt.«
    »Und wir?«
    »Wir sind Nummer sieben«, sagte Esebian. »Mammalia, in zwei Geschlechter unterteilt. Lebend gebärende Säuger.«
    »Wir sind die letzte Gruppe der am meisten verbreiteten Lebensformen?«, fragte Leandra erstaunt. »Und die beiden Gruppen vor uns?«
    »Nummer fünf, die Aquae, zu denen die Fische zählen, und Nummer sechs, die Reptilia, unter ihnen die Avianen.«
    »Vögel«, sagte Leandra.
    »Ja.«
    »Und wir sind die Letzten?«
    »Es gibt noch zahlreiche Nebenkategorien, aber von den Sieben Großen Spezies sind wir die letzte und kleinste, ja. Unsere anthropomorphe Perspektive gaukelt uns etwas anderes vor.« Er bemerkte Leandras Blick und sagte: »Wir sind Menschen, und deshalb halten wir uns für den Maßstab aller Dinge.«
    Leandra lächelte, beugte sich vor und legte ihm die Hand auf die Wange. »Du weißt so viel. Ich bin froh, dass ich bei dir bin.«
    Die Berührung überraschte Esebian so sehr, dass er Leandra wortlos ansah. Und während er starrte, stiegen unerwünschte Erinnerungen in ihm auf, düster und von einer Trauer, die das auf

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