Kinder des Judas
Jahrhundert zurückreichen.«
Viktor runzelte die Stirn. »Warum hat man dann nichts von ihnen gehört?«
»Ich mag die Italiener nicht, aber man muss ihnen lassen, dass sie Verstand genug bewiesen haben, diese törichten Anfragen passend zu beantworten«, warf D’Adorno ein. »Deswegen hat man nichts davon gehört. Wir sind aufgeklärt, im Gegensatz zu den einfachen Gemütern. Ich sehe deren Aberglauben jeden Tag.«
»Der Ausdruck, den Sie umschreiben, lautet Arroganz«, parierte Cabrera lächelnd. »Die meisten dieser befallenen Gebiete befanden sich bis vor wenigen Jahren noch in türkischer Hand. Aber seit der Niederlage vor Wien und ihrem Rückzug dringen wir in die befreiten Gebiete vor und erfahren immer mehr über diese Blutsauger. Übrigens berichtete der französische
Mercure galant
in den Jahren 1693 und 1694 von weiteren Vampiren in Russland und Polen. Es hat niemanden interessiert. Mich auch nicht, bis ich sozusagen in Ungarn selbst damit konfrontiert wurde.«
Viktors Neugier war restlos entflammt. »Sie haben viel nachgeforscht?«
»So viel es mir nur möglich war. Ich empfehle Ihnen, wenn Sie tiefer in die Causa eindringen wollen, Karl Ferdinand von Schertzens Buch namens
Magia posthuma
. Es dürfte das erste Buch dieser Art sein und erschien 1707.« Cabrera nahm einen Bissen Nougat. »So viele Menschen können sich nicht irren.«
»Ich werde es lesen.« Viktor konnte sich kaum vom Mund des Grafen losreißen. Die Worte empfand er als eine Offenbarung, und sofort drängten neue Fragen nach. Eine sehr komplizierte Materie. Er leerte seinen Mokka und verlangte nach einem weiteren, auch wenn sein Herz bereits wild pochte. Wie hielten die Türken das bloß aus?
D’Adorno sah ihm die Faszination überdeutlich an. »Sie können noch so viele schlaue Bücher anschleppen, Marquis. Ich bleibe dabei, dass es vollkommener Aberglaube ist, der auf Einbildung von Einfältigen basiert«, sagte er süffisant. »Es wirdbald eine rationale Erklärung für all das geben.« Er wühlte in seinen Unterlagen, bis er einen fleckigen Umschlag gefunden hatte, dann nahm er das Schreiben heraus. »Aber Sie sollten Ihre eigenen Erkenntnisse sammeln. Wenn Sie Zeit und Muße haben, einen kleinen Abstecher zu machen, ehe die große Pelzjagd beginnt, verweise ich Sie gerne an Medvegia.« Er wandte sich zur Karte. »Da, an der Morava. Ein Nest voller Deppen, die sich bei dem zuständigen Mann für die Belange des Dorfes in Jagodina über Vampire beschwert haben, die sie heimsuchen.« Er reichte den Brief an Viktor weiter. »Obristleutnant Schnezzer wird einen Medicus für hochansteckende Krankheiten aus Parakina entsenden, damit er der Sache nachgeht.«
»Also glaubt Schnezzer daran«, warf Cabrera ein.
»Nein. Er befürchtet, dass eine Seuche kursiert, welche die Dörfler nicht als solche erkennen«, schmetterte ihn der Marquis ab. »Bevor mir dort alles an Typhus ausstirbt, lasse ich Schnezzer gewähren.« Er legte eine der Münzen, die er von Viktor erhalten hatte, vor sich. »Was haltet Ihr von einer kleinen Wette, mein Freund?«
»Wenn Ihr gerne verliert, nur zu.« Cabrera zückte sein Portemonnaie und legte seinen Einsatz neben die Goldmünze. »Ich sage, dass es Vampire sind.«
Viktor überflog die Zeilen. Es wurde tatsächlich eine Klage über die Vampire vorgebracht. Schnezzers Verachtung über die Einfalt der Menschen war leicht zu erkennen. »Es sollen gleich zehn Untote sein?«
D’Adorno lachte. »Eine Krankheit«, wiederholte er siegessicher. »Mehr nicht.«
Viktor hatte den Entschluss gefasst, sich die Sache selbst anzuschauen; sein Herz raste bei dem Gedanken vor Aufregung und Freude gleichermaßen. Er würde schneller, als er geglaubt hatte, Vampire finden! »Ich bin äußerst gespannt, was ich Ihnen vermelden kann.«
Cabrera legte ihm warnend die Hand auf den Unterarm. »Lassen Sie sich nicht von der Ungläubigkeit des Marquis anstecken, Herr von Schwarzhagen, und achten Sie auf sich, wenn Sie in Medvegia angelangt sind. Nehmen Sie ein Kreuz mit, nur zur Sicherheit, oder hängen Sie sich am besten gleich einen Rosenkranz um den Nacken. Der Anblick des heiligen Kreuzes schwächt sie und wehrt sie ab.«
»Oder setzen Sie sich die Mütze verkehrt herum auf, tragen Sie die Taschen Ihres Mantel nach außen gestülpt und springen Sie auf einem Bein. Das wirkt sicherlich auch. Die Vampire werden sich dann totlachen. Gänzlich tot«, ergänzte D’Adorno spöttisch. Aber der Graf erwiderte die Herausforderung
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