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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Haus beherbergte. Sie wagte sich nicht weiter.
    »Hinaus mit dir«, befahl Scylla leise und behielt die Schläfer im Auge.
    Die Upirina kauerte sich zusammen wie ein Tier, um den strengen Blicken der Heiligen auf den Bildern zu entgehen. Doch obwohl sie Angst hatte, schaute sie gierig zwischen den Männern hin und her; sie konnte sich anscheinend nicht entscheiden, mit welchem sie beginnen sollte.
    Blitzschnell sprang Scylla auf sie zu und bekam sie trotz der Ausweichbewegung an den Haaren zu fassen. Bevor die Upirina einen Schrei ausstoßen konnte, stach sie ihr die Klinge genau in den Hals, so dass nicht mehr als ein heiserer Laut entwich; der Stahl zerstörte die Stimmbänder und hielt den Kehlkopf fest.
    »Ich habe dich gewarnt«, flüsterte die Aeterna und drängte die Untote rückwärts zum Eingang hinaus. Behutsam schob sie die Tür mit dem Absatz zu, um die Männer nicht zu wecken. Erst dann zog sie den Dolch aus dem Hals der Upirina, die Scyllas Unterarm mit beiden Händen umklammert hielt und vergebens versuchte, den Griff um die Waffe zu sprengen.
    Kaum war sie von dem Dolch in ihrem Hals befreit, attackierte sie Scylla mit einem Doppelhieb.
    Es war für die Aeterna ein Leichtes, dem Angriff zu entkommen; die Gegnerin hatte ihr ganzes Leben lang nichts als Feldarbeit gelernt, und nur weil sie zu einer übermenschlich starken Upirina geworden war, hatte sie dies nicht unweigerlich zu einer guten Kämpferin gemacht.
    Scylla brauchte nur zwei schnelle Schritte, um hinter der Frau zu stehen, und durchtrennte den Nackenwirbel mit einem einzigen harten, schnellen Schnitt des Damaszenerdolches. Kopf und Körper fielen in verschiedene Richtungen, das Blut spritzte hoch aus dem Stumpf und zierte den Schnee mit dunklem Rot.
    »Du tötest mit so viel Eleganz«, erklang Mareks Stimme, als er von rechts aus dem Schatten eines Baumes erschien und das viele Blut betrachtete, das sich mit einem leisen Spritzgeräusch aus den Arterien ergoss, »doch du musst wirklich lernen, deine Spuren besser zu verwischen. Hättest du sie nicht bewusstlos schlagen und erst dort aufschlitzen können, wo ihr Blut niemandem auffällt?«
    »Es ging nicht anders«, knurrte Scylla zurück und hob den abgeschlagenen Kopf auf. »Nimm ihren Leichnam. Wir müssen sie wegschaffen.«
    »Nicht in ihr Grab?«
    »Nein. Lieber sollen sie ein leeres vorfinden als eine enthauptete Upirina. Sie wissen, dass keiner aus dem Dorf zu einer solchen Tat in der Lage gewesen wäre. Lass sie glauben, die Upirina sei in die weite Welt geflüchtet.« Sie eilte hinab zum Fluss.
    Marek griff den Körper am rechten Bein und schleifte ihn hinter sich her zur Böschung, an der Scylla stand und das abgeschlagene Haupt mit einem schwungvollen Wurf in die Morava schleuderte. Er beförderte den Körper mit einem Fußtritt in die Fluten, und gemeinsam verfolgten sie, wie die Leiche davontrieb. Einem vernichteten Upir tat das fließende Gewässer nichts mehr an.
    »Gehen wir wieder zurück und passen auf«, meinte Scylla schließlich. »Diese Upirina war sehr … verwirrt.«
    »Wir wissen doch schon lange, dass nicht jeder Verstand die Umwandlung gut verträgt«, erwiderte er. Er spielte damit auf ihr eigenes einjähriges Martyrium an.
    »Sie hatte zwar Angst vor den Bildern der Heiligen, aber sie ließ sich von ihnen nicht bannen.« Scylla schenkte Marek ein knappes Lächeln. »Wir werden noch einiges zu tun bekommen, fürchte ich.«
     
    15. Dezember 1731
Medvegia
     
    Die Tage vergingen. Glaser suchte und suchte, ohne eine Krankheit bei den Menschen zu finden, und fluchte ununterbrochen. Sosehr er sich bemühte, er konnte keine natürlichen Ursachen für das Massensterben ausmachen. Frustriert hatte der Medicus sich daher in der Zwischenzeit über den Branntwein der Bewohner hergemacht, keine Flasche war vor ihm sicher.
    Die Einwohner wurden noch unruhiger und bedrängten Viktor bei seinen täglichen Rundgängen in Medvegia, dass er auf den Medicus Einfluss nehmen sollte: Es müsse endlich gehandelt werden! Vater Ignaz diente ihm als Übersetzer, und sosehr der Geistliche sich bemühte, die Worte nüchtern wiederzugeben, Viktor hörte an den Stimmen, dass die Menschen sich vor neuerlichen Angriffen fürchteten. Auch in ihren Gesichtern stand nackte Angst geschrieben.
    Obwohl in das Schicksal der einfachen Leute sehr bewegte, konnte Viktor doch nicht leugnen, dass er die Aufregung genoss. Und natürlich war die ganze Angelegenheit für ihn viel zu spannend, als dass er sich

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