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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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strafen und gefügig zu machen, damit ihre Forderungen erfüllt wurden.
    Bei mir hat sie die Fertigkeit eingesetzt, um mich zu beeindrucken. Sie weiß, dass sie damit nichts gegen eine Unsterbliche ausrichtet. Was mich verwundert, ist, dass ich überhaupt eine Nex hier antreffe.
    Ich springe ihr entgegen und verfehle sie knapp, weil sie im letzten Augenblick zur Seite ausweicht.
    Aus der Drehung heraus zieht sie ein Kurzschwert aus einer Falte ihres Rocks und schlägt nach mir. Wieder nutze ich eine Fertigkeit, die ich nahezu vergessen hatte. Es genügt ein Gedankenimpuls, und mein Leib verändert sich, wird durchschimmernd wie Glas und leicht wie Seide. Ich verwandle mich in ein gespenstisches Wesen, die Klinge fährt durch mich hindurch, ohne mir den Kopf abzuschlagen. Meine Kleider fallen mir vom Leib, ich werde nackt sein, wenn ich menschliche Form annehme.
    Wütend kreischt die Nex auf. Es ist ein Ton, der Menschen sterben lassen kann.
    Ich verziehe das Gesicht und lasse meinen Körper wieder seine feste Form annehmen, gleichzeitig ziehe ich den nächsten Blitz heran und lasse ihn in die Spitze ihrer Waffe einschlagen.
    Funken sprühen meterweit, das Metall glüht auf und leitet diemörderische Kraft in den Körper der Vampirin; als rauchendes Bündel stürzt sie zu Boden und liegt zuckend im Schnee.
    »Wo ist Marek?«, frage ich sie und bücke mich nach meinen Kleidern, um den Dolch zu suchen. Zum Anziehen ist später genügend Zeit, es macht mir nichts aus, dass sie mich nackt sieht. »Was hat er dir versprochen, damit du …«
    Ich spüre die Anwesenheit eines weiteren Lebewesens, und das Knirschen des Schnees warnt mich. Jemand hat sich von hinten an mich herangeschlichen.
    Abrupt neige ich den Oberkörper nach vorne und trete mit dem linken Bein nach hinten, die Ferse zielt in die Körpermitte dessen, der dort steht.
    Mein Fuß verfehlt – einen schwarzen Luchs! Im selben Moment fällt mir ein, dass die Viesczy sich gerne in solche Tiere verwandeln, aber da ist die lauernde Großkatze bereits zwischen den Regalen verschwunden. Der Vampir plant seinen nächsten Angriff; vom Eingang der Bibliothek vernehme ich neuerliche Schritte, es sind die eines Mannes. Der Motorradfahrer? Marek?
    Als ein Falter an mir vorüberflattert, weiß ich, dass ich die Nex einen Moment zu lange aus den Augen gelassen habe und sie die Gelegenheit zur Flucht genutzt hat. Es ist das Privileg von uns Vampiren, sich nicht um Materieprobleme kümmern zu müssen. Die Kraft, die uns erschaffen hat, verleiht uns diesen Luxus, aus einem scheinbar menschlichen Körper verschiedene Gestalten zu formen. Kleine oder große, das spielt keine Rolle.
    Ehe ich sie in einem neuerlichen Blitz verdampfen lassen kann, schnellt ein Arm aus dem Regal neben mir und berührt mich an der Schulter.
    Mir wird auf der Stelle schwarz vor Augen, ich breche in die Knie und habe jegliche Kraft verloren; wenigstens wird dadurch der weitere Kontakt zu dieser Hand verhindert.
    »Ein Judaskind«, sagt eine Männerstimme seitlich von mir, und ich erkenne einen russischen Einschlag in seinem Tonfall. »Niemals hätte ich geglaubt, dass es stimmt, was ich gehört habe.« Vor mir geht ein kahlköpfiger Mann in die Hocke, er trägt einen teuren Pelzmantel aus Hermelin, darunter ist ein mindestens ebenso teurer schwarzer Anzug verborgen; Schuhe und Handschuhe passen perfekt dazu. Die gelblichen Augen haben einen starren, stechenden Blick, der körperliche Schmerzen bereitet.
    Seine Hand legt sich zwischen meine Brüste auf den Solarplexus, und ich bin zu geschwächt, um zu reagieren. Meine Abwehrbewegung ist viel zu langsam, zu kraftlos.
    »Murony«, krächze ich den Namen seiner Art und möchte seiner Hand entkommen. Sofort entreißt er mir mit seinen Kräften noch mehr Energie. Je schwächer ich werde, umso mehr Hunger nach Blut verspüre ich.
    Er nickt, ich sehe ihn lediglich verschwommen wie in einem Zerrspiegel. »Da denkt man an nichts Böses, und plötzlich ist wieder eine von den Judastöchtern da. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.« Er sieht über meine Schulter, ich wende den Kopf und erkenne den schwarzen Luchs. »Ebenso wenig, wie ich gedacht hätte, einen Viesczy anzutreffen. Die Kunde, dass es wieder Leben in der Mühle gibt, hat allgemeine Unruhe ausgelöst, wie es mir scheint. Ich bin gespannt, wen es noch alles aus den Schlupflöchern an diesen Ort getrieben hat, um sie willkommen zu heißen.«
    Mir gelingt es, die letzten Reserven zu

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