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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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mobilisieren und meine Sicht zu klären. Aus den wenigen Worten schließe ich, dass er nicht von Marek geschickt wurde, um mich zu vernichten. Mein Bruder hat es geschickter angefangen, Halbwahrheiten gestreut und die Angst der Vampire vor dem Auferstehen der Kinder des Judas genutzt. Mit Erfolg.
    »Kennst du Marek?«, frage ich mit heiserer Stimme. Ich würde meine Seele für einen Eimer voll Menschenblut verkaufen.
    Seine andere Hand reißt mir die Mütze vom Kopf, darunter kommt mein langes dunkelrotes Haar zum Vorschein und fällt auf meine nackten Schultern. Ich habe es endlich von seiner schwarzen Farbe befreit, und es erstrahlt im Sternenlicht wie niemals zuvor.
    »Erst möchte ich deinen Namen wissen«, entgegnet er. »Sollte man ihn von früher kennen, oder bist du ein versprengtes Überbleibsel, das sich nach der alten Erde sehnt?« Er lässt weder mich noch den Luchs aus den Augen, er traut niemandem. Von ihm unbemerkt, hat sich der schwarze Falter auf seiner rechten Schulter niedergelassen.
    Der Schnee knirscht erneut, jemand nähert sich uns. Die schlanke Silhouette einer Frau tritt zwischen den Regalen hervor, und ihr Gesicht ist derart perfekt, dass man sie zu früheren Zeiten als Göttin verehrt hätte.
    »Ihr Name ist Scylla«, gibt sie statt meiner Antwort und hebt das Kurzschwert der Nex auf. »Lasst mich sie töten.«
     
    15. Dezember 1731
Medvegia
     
    Sie saßen am frühen Nachmittag im Haus des Popen. Viktor las in seinen Schriften über die Vampire, Glaser kritzelte an seinem Bericht herum, und Ignaz kochte das Essen für alle. Die Offiziere befanden sich im Freien bei den Schlitten, und es machte den Anschein, als stünde ein Aufbruch bevor.
    Glaser hatte nach der Öffnung des letzten Grabes kein Wort mehr gesprochen. Er hatte vor jeder Ruhestätte gestanden, die merkwürdigen Leichname betrachtet und war schließlich schweigend ins Haus des Popen zurückgegangen. »Mein Verstand suchte auf dem Weg ins Haus nach einer logischen Erklärung, ohne eine zu finden«, murmelte er jetzt und unterschriebdie beiden Blätter. »Daher gab es nur eine Wahrheit, und die habe ich geschrieben. Zweifach. Eine für Schnezzer, eine für das Collegium Sanitatis in Wien, das unbedingt von dieser Begebenheit erfahren muss, denn es handelt sich nach meinem Dafürhalten um eine Erschütterung der Wissenschaft und des bestehenden Weltbilds.«
    Viktor sah, dass er den Federkiel endlich zur Seite gelegt hatte und sich nach seinem unvermittelten Ausbruch nun darauf beschränkte, ins offene Feuer zu starren. »Darf ich Ihren Bericht lesen?«
    Glaser schob das Blatt zu ihm, stand auf und ging zum Bett, wo er nacheinander seine Habseligkeiten in einen Sack stopfte.
    Milizas Leib war hoch aufgeblasen und mit Bluth unterlaufen, welches mir selbst suspekt vorkam. Den Leuthen kann nicht unrecht gegeben werden
. Viktor überflog die Zeilen.
Dannenhero bitte ich Sie unterthänig, es möchte doch von der Löblichen Obrigkeit eine Execution nach einem weiteren Gutachten ergehen, um dieses Malum abzuwenden, das selbst ich für gut halte, um selbe Unterthanen zu beruhigen, weil es ein ziemlich großes Dorf ist, in dem sich diese Sache zutrug
.
    Viktor sah den Medicus an. »Ein
zweites
Gutachten?«
    »Ich bin zu unsicher, was hier vor sich geht.« Glaser schloss seine Tasche. »Das muss Belgrad entscheiden. Aber ich weiß, dass ich keine Nacht mehr länger in diesem Dorf bleibe. Was immer sich hier herumtreibt, es wird mich nicht bekommen.«
    »Was? Aber es wird dauern, bis eine zweite Kommission angereist ist«, sagte Ignaz aufgebracht. »Was sollen wir bis dahin tun?«
    Glasers Blick war ohne Mitleid. »Ausharren und beten. Wie in den Wochen zuvor.« Er rieb sich die rote Nase und sah zu Viktor. »Kommt Er oder möchte Er sich beißen lassen?«
    Viktors Verstand befahl ihm, zu gehen und sich in Sicherheitzu bringen. Doch zu seiner eigenen Überraschung hörte er sich sagen: »Ich bleibe bei den Menschen und warte auf die nächste Kommission.«
    »Wie Er will.« Glaser nahm den Bericht an sich und schob ihn unter den Mantel, stülpte sich die Kappe über die Haare und ging hinaus; krachend fiel die Tür zu. Gleich darauf erklang das Wiehern von Pferden, gefolgt von einem Männerruf und dem Schnalzen einer Peitsche.
    »Sie sind wirklich gefahren!« Viktor sprang auf und sah den Schlitten zum Dorf hinaus verschwinden. Er nahm die Taschenuhr heraus, es war kurz nach zwei. Seine Augen wanderten zum Porträt von Elvira, das in den

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