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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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sein Ohr. Sofort knickt er etwas ein – und diesmal bin ich es, die gnadenlos nachsetzt!
    Wieder greife ich die Niere an, stöhnend versucht er zu entkommen,nur um in meinen Tritt von unten gegen sein Kinn zu laufen. Es kracht, sein Gesicht verschiebt sich und wird kleiner. Aber Monsoon gibt nicht auf, während ihm das Blut in Strömen aus dem Mund fließt.
    Er schlägt nach mir, aber ich zerschmettere die Latte mit einem Schlag der linken Hand, und während er noch ungläubig auf meine Faust starrt, springe ich hoch, und er bekommt den rechten Ellbogen gegen die Schläfe.
    Monsoon rudert mit den Armen, hinkt so lange nach links, bis er mit dem Ring zusammenstößt. Seine Gelegenheit auf eine Pause hat er abgelehnt, und ich sehe nicht ein, dass ich ihm ausgerechnet jetzt eine gewähren soll.
    Schnelle Trittkombinationen treiben ihn vor mir her um den Ring herum, ich halte immer auf die Körpermitte. Als er vor dem Tisch mit den Glasflaschen ankommt, ziehe ich ihm die Beine weg. Ich federe in die Höhe, und noch im Nach-hinten-Kippen erhält er einen Doppelschlag mit den Fäusten auf den Solarplexus, der ihn auf den Tisch wirft.
    Die Flaschen zerbersten unter seinem massigen Körper, Splitter zischen bis in die Zuschauerränge; mit ausgestreckten Armen bleibt er liegen und rührt sich nicht mehr.
    Das Notfallteam hetzt sofort aus der Dunkelheit heran, doch ich weiß: Monsoon wird heute nicht sterben. Ich spüre den Tod nicht.
    Ich habe ein Monstrum besiegt. »Für Thea!«, murmele ich und verlasse die Halle, ehe das Licht aufflammt. Ich will die Meute nicht anblicken. Meine Fans haben gesehen, dass ich verwundbar, aber nicht besiegbar bin. Eine Göttin.
    Ich fühle mich unglaublich gut. Schmerz und Adrenalin jagen durch mich hindurch und bringen jede Faser zum Schwingen, meine Wut bekam ihren Auslauf. Wie ich dieses Gefühl liebe!
    In meiner Kabine warten bereits die Helfer, um die Scherben,Splitter und Nieten aus dem Leib zu ziehen. Und wie immer wird Tanja sagen: »Wie du dir das antun kannst, Hel! Mit dir würde ich niemals tauschen.«
    Und wie stets werde ich sagen: »Ich mit dir auch nicht.«
    Während ich den schummrigen Gang entlanggehe, freue ich mich darauf, das Buch zu beginnen. Es hat mich zu lange beschäftigt.
     
    16. August 1670
Osmanisches Tributland
     
    Karol war stolz auf seine Tochter.
    Nicht nur, dass sie enorme Fortschritte in der türkischen Sprache machte, sie hatte auch mit Latein begonnen und zeigte bereits erste Erfolge. Jitka lernte wie eine Besessene bis spät in die Nacht, um so schnell wie möglich die vielen Bücher seiner Bibliothek lesen zu können.
    Meistens musste Karol die am Studiertisch Eingeschlafene nach Mitternacht in ihr neues, eigenes Bett tragen, das, durch einen dünnen Vorhang abgeschirmt, neben seinem im obersten Stockwerk stand. An heißen Sommertagen, wenn die drückende Hitze die Menschen in der Nacht schlaflos machte, durfte sie ihr Lager auf der Plattform der Mühle aufschlagen und unter den Sternen träumen.
    Für diese Sommernacht hatte Karol dort oben eine Überraschung geplant. Als er sie nach Einbruch der Dunkelheit zu sich rief und sie durch die Luke schaute, sah sie ihn umringt von den verschiedensten Fernrohren; das dickste davon besaß den Durchmesser eines starken Astes und war zweimal so lang wie ein Mensch.
    »Fernrohre!«, rief sie begeistert und betrat die Plattform.
    Er nickte und winkte sie heran. »Heute betrachten wir denMond und die Sterne«, erklärte er und zeigte auf die Bücher, die auf dem Boden lagen. »Hier sind die Sternbilder aufgezeichnet. Sieh sie dir gut an, und dann machen wir uns auf die Suche nach ihnen. Die Nacht ist klar, wir haben gute Sicht.«
    Wenig später schaute Jitka durch das größte Fernrohr und bewunderte die Schönheit der Gestirne. »Sie flackern und leuchten«, rief sie aufgeregt und drehte an dem Rädchen, um das Bild schärfer zu stellen, »als zwinkerten sie uns zu.« Sie schwenkte auf Geheiß ihres Vaters auf den Mond und erkannte, dass die vielen schwarzen Flecken, die man auch ohne Fernrohr mit bloßem Auge erkennen konnte, in Wirklichkeit Krater waren.
    »Eine bleiche Schönheit«, sagte Karol gedankenverloren. Dann bemerkte er, dass Jitka das Fernrohr schon wieder verstellt hatte, ohne eine Anweisung erhalten zu haben. »Und, Tochter, was siehst du jetzt?«
    Zu seiner Überraschung sprudelten aus ihr plötzlich die Namen verschiedener Sternbilder heraus, die sie eins nach dem anderen betrachtete. Eindeutig

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