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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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ungepflegten Erscheinung nicht ansieht, kann er ein geregeltes festes Einkommen und ein dickes Konto nachweisen. Emma nicht.
    Er bemüht sich gar nicht erst, seine aufgestaute Wut zu unterdrücken, man sieht sie ihm deutlich an. Vermutlich hat Emma sich nicht an die vereinbarten Besuchszeiten gehalten und Elena wieder einmal nicht zu ihm gebracht. Ich kann sie sehr gut verstehen. Frick würde mit der Kleinen wieder in die Spielhalle eines Freundes gehen und sie vor Automaten setzen, an denen sie Ballerspiele zocken darf. Ich habe nichts gegen diese Art von Unterhaltung, wenn das Alter desjenigen stimmt, der sie inAnspruch nimmt. Elena ist viel zu klein, um gegen animierte Zombies in den Krieg zu ziehen.
    Wie gesagt, ich kümmere mich um diejenigen, welche auf meiner Liste stehen. Gründlich und bis zum bitteren Ende, das ich mehr als einmal selbst herbeigeführt habe.
    Heute werden Elena und Emma vor mir und meinem Accessoire verschont bleiben. Aber Frick vielleicht nicht. Ich setze meine Sonnenbrille auf und schiebe mich ihm in den Weg. »Entschuldigung, können Sie mir sagen, wo ich die Fauststraße finde?«, frage ich ihn mit einem perfekt imitierten osteuropäischen Akzent und halte ihn auf. Mutter und Tochter bekommen einen schönen Vorsprung.
    Er sieht mich an, schaut über meine Schulter zu den beiden. »Nein.« Frick will an mir vorbei, aber ich bleibe einfach vor ihm und wühle in meiner Handtasche.
    »Warten Sie, ich suche einen Stadtplan. Vielleicht …«
    »Was Sie da tun, ist Nötigung«, bellt er los und will mich zur Seite schieben.
    Stünden wir im Ring, hätte ich ihn in einer Sekunde ohnmächtig geschlagen, so dass er nicht einmal mehr Zeit hätte, den Schmerz überhaupt zu spüren. Aber da ich in der Passage stehe, sehe ich davon ab und wende einen wesentlich effektiveren Trick an: Ich lasse mich schreiend fallen, genau auf die Auslage des Zigarrenladens neben uns. Ich pralle dagegen und reiße sie mit mir zu Boden.
    Sofort steht der Verkäufer in der Tür, schaut besorgt zu mir und dann zu Frick. »Hey, junger Mann, ganz ruhig bleiben!«, ruft er und zeigt auf ihn, während er sich bückt und nach mir schaut. »Alles in Ordnung?«
    »Ich wollte nur wissen, wie spät es ist«, nuschele ich und wische mir das Blut von den Lippen. Mein Sturz war so berechnet, dass ich sie mir am Holz ein wenig aufschlage, nichts Tragisches, aber dafür theatralisch.
    Passanten bleiben stehen, zwei von ihnen stellen sich Frick halb in den Weg und sind offenkundig bereit, den Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen.
    Frick zieht die Augenbrauen zusammen. »Ich habe die Dame kaum berührt«, versucht er es mit der Wahrheit und wird doch nicht weit damit kommen.
    Der Verkäufer tupft rührend das Blut von meiner Lippe und fasst mir unter die Arme, um mir beim Aufstehen zu helfen. »Soll ich die Polizei rufen?«
    »Nein«, lehne ich ab. »Es war vielleicht keine Absicht von dem Mann.«
    »Absicht oder nicht«, der Verkäufer schaut auf die zertrümmerte Auslage, »ich habe den Schaden.« Herausfordernd mustert er Frick. »Die Polizei wäre nicht das Schlechteste.«
    Ich schneuze mir die Nase und schiele an Frick vorbei zum Passagenausgang. Emma und Elena sind verschwunden und damit auch dem Vater entkommen. Operation gelungen.
    »Nein, Sie brauchen keine Polizei. Ich komme selbstverständlich für den Schaden auf«, erklärt Frick ärgerlich und starrt mich dabei an. Er versucht, mich dazu aufzufordern, auch einen Teil der Summe zu übernehmen, aber da hat er sich gehörig geschnitten. Er ist der Rüpel. »Was macht das?«
    Der Verkäufer schaut auf die zerstreute Ware. »Na, da kommen Sie nicht unter vierhundert Euro weg.« Er sieht Frick an. »Ich nehme auch eine EC-Karte.«
    »Super«, zischt er ironisch und stapft an mir vorbei ins Geschäft.
    »Danke«, hauche ich dem Verkäufer zu und humple davon. Sobald ich außer Sichtweite bin und den Gebäudekomplex verlassen habe, gehe ich normal weiter und hefte mich an die Fersen von Elena und Emma.
    Ich mag es sehr, in ihrer Nähe zu sein. Ob sie es wollen oder nicht, ich gehöre zu ihrer Familie und weiß, wo ich sie suchenmuss. Heute drehen sie ihre übliche Donnerstagsrunde, was bedeutet, dass sie sich früher oder später von ihrem Spaziergang ausruhen und dabei einen Bagel essen werden.
    Es dauert nicht lange, und ich habe sie gefunden. Sie schlendern geschätzte zehn Meter vor mir her, ein Schaufensterbummel, wie er im Buche steht.
    Apropos Buch: Ich werde heute Nacht

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