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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aussterbende Menschen zu werden.« Dr. Julius lachte. Dabei preßte er die Hände gegen die Bandagen. Noch waren jedes tiefe Atmen, jedes Lachen, sogar die Körpererschütterungen beim Gehen schmerzhaft. Die leichte Gehirnerschütterung, die er ebenfalls gehabt hatte, verschwieg er. Er sagte nichts über Übelkeit und tagelanges Doppeltsehen, über Kopfschmerzen und eine bleierne Müdigkeit in den Gliedern. Da er sowieso die ersten beiden Wochen liegen mußte, war die Grundbedingung einer Commotio-Therapie – Ruhe! – ja erfüllt.
    Viermal hatte Prof. Karchow die verletzten Kollegen besucht. »Ihr macht ja Sachen!« hatte er gesagt. »Aber so ist es, wenn man euch außer Augen läßt. Gehen in ihrem Alter noch in den Wald und echauffieren sich dort so, daß sie nachher keine Chausseebäume mehr sehen –«
    Ein typischer Karchow-Ausspruch, den ihm niemand übelnahm.
    »Ich werde übermorgen mal wieder in die Klinik gehen«, sagte Julius. »Kollege Müller III hat sich erboten, mich mit seinem Wagen hinzubringen.« Er tippte gegen das Zuggewicht von Renates Streckverband. »Ich freue mich schon darauf, wie mich Fräulein Lisa Heintel bemitleiden wird –«
    »Hätte ich jetzt was Greifbares hier, ich würfe es dir an den Kopf«, zischte Renate. »Aber beruhige dich: Ich fahre mit!«
    »Das wird nicht gehen, Süßes.«
    »Mitsamt dem Galgen lasse ich mich hinfahren!«
    »Und dann?«
    »Dann montiere ich mein Zuggewicht ab und werfe es der Lisa in die männertolle Visage.«
    »Noch immer eifersüchtig, Reni?« Dr. Julius lachte und keuchte dabei unter den stechenden Schmerzen.
    »Immer! Und ich werde nie aufhören, es zu sein! Nicht, daß du eine solche Schönheit bist und dir deshalb alle Frauen nachlaufen. Aber ich teile meinen Mann auch nicht mit den Weibern, die in Torschlußpanik sich so etwas wie dich nehmen …«
    Dr. Julius erhob sich und klopfte Renate auf die Hände.
    »Man hört, du bist auf dem Wege der Gesundung.«
    »Wieso den?«
    »Du wirst wieder frech! Das ist ein gutes Zeichen!«
    Er wollte wieder hinaushumpeln, als Dr. Müller III hereinkam. Sein Gesicht versprach nichts Erfreuliches.
    »Sie haben eben angerufen von Ihrem ›Bethlehem‹, Kollege –«, sagte er.
    »Ach! Der Chef?«
    »Nein. Ein Kollege Wollenreiter. Sagen Sie mal, wer ist das eigentlich? Ruft mich an, fragt nach meinem Namen, ich sage ihn, und was antwortet er: Was, Müller III? Da hatte ich im siebten Semester einen Kommilitonen Müller III. Der aß im Sezierkeller regelmäßig Butterbrote mit Limburger Käse. Zum Selbstschutz, wie er sagte. Intensiver Käse überdecke den Leichengeruch. Sagen Sie mal, sind Sie der Käse-Müller?«
    Dr. Julius lachte. Auch Renate hinter ihnen im Streckbett lachte hell auf. »Das ist typisch Wollenreiter. Lieber Kollege Müller – Wollenreiter ist das, was man ein Erzviech, aber ein Genie nennt. Solche Typen sterben leider aus. Was wollte er denn?«
    »Ich sollte es Ihnen eigentlich gar nicht sagen –«
    »Deswegen hat Wollenreiter ja auch angerufen«, meinte Julius sarkastisch.
    »Mit Ihren Siamesen ist etwas los –«
    »Was?« Schlagartig verschwand alle Fröhlichkeit aus Julius Miene. »Die Zwillinge –«
    »Bei einem hat sich eine plötzliche Kreislaufschwäche eingestellt. Prof. Karchow befürchtet, daß dieses Kind stirbt und dann das andere mitsterben muß. Ist ja klar. Und er will sofort trennen –«
    »Sofort? Was heißt sofort?« sagte Julius leise.
    »Spätestens morgen früh. Prof. Hahnel von der Neurochirurgie ist schon in der Klinik.«
    Dr. Julius zögerte und blickte schnell zu Renate. Diese verstand diesen Blick und sagte laut und beschwörend:
    »Bernd, laß das! Ich bitte dich … du kannst es doch nicht! Du bist noch zu schlapp dazu. Du hältst es nicht durch. Fordere das Schicksal nicht heraus … wir sind ihm gerade entronnen, mit 'ner gebrochenen Haxe …«
    »Kollege Müller III.« Dr. Julius wandte sich zu dem jungen Chirurgen. »Können Sie mich in meine Klinik fahren? Sie hatten sich erboten, übermorgen –«
    »Ich weiß nicht, Herr Kollege –«, sagte Müller III zögernd.
    »Auf meine alleinige Verantwortung. Ich könnte es ja auch einfacher machen und eine Taxe bestellen.«
    »Dann schon lieber ich!« Müller III nickte und verließ das Zimmer. Renate winkte mit beiden Händen.
    »Bernd«, rief sie. »Du kannst da doch gar nichts tun! Du stehst ihnen nur im Weg.«
    Oberarzt Dr. Julius schwieg. Er bewegte die Finger, er spreizte sie, er tastete an den Knöpfen

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