Kindertotenlied: Thriller (German Edition)
Augen von diesem Anblick abzuwenden. Sie lag gefesselt und ausgestreckt zu seinen Füßen, sie war ihm ausgeliefert.
„Bind mich los“, sagte sie. „Bitte … tu das nicht …“
Sie spreizte absichtlich die Schenkel, wand sich und bäumte sich auf, als wollte sie sich befreien. Sie spürte, wie ihr Slip ihr ein Stück weiter hunterrutschte. Ausgezeichnet … Er starrte sie an. Ein harter, schwarzer, funkelnder Blick. Primitiv. Ein Raubtier. Wieder las sie den Zwiespalt in seinen Augen. Er war hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit, sie sich möglichst schnell vom Hals zu schaffen, und dem, was er sah: eine fast nackte, sehr schöne Frau, die ihm ausgeliefert war. Und dieser Körper, der sich ihm anbot, übte auf einen gewalttätigen, verkommenen Menschen wie ihn eine schier unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Sie lag da auf dem Boden, mit gefesselten Händen, ohne Waffe, wehrlos … So eine Gelegenheit würde sich ihm nie mehr bieten, genau das dachte er. Sie ahnte die Botschaft der sexuellen Erregung, die sich einen Weg durch sein Gehirn bahnte und ihm den Verstand trübte.
Ohne weiter nachzudenken, führte er eine Hand an seinen Gürtel und schnallte ihn auf. Sie holte tief Luft.
„Hör auf … nein … tu das nicht“, sagte sie.
Sie wusste ganz genau, dass eine solche Aufforderung auf diese Art von Mann dee genau entgegengesetzte Wirkung hatte. Er machte sich an seinem Hosenschlitz zu schaffen, langsam, ohne sie aus den Augen zu lassen. Einen letzten Schritt nach vorn. Als sich seine plumpe Pranke mit einem widerspenstigen Knopf abmühte, während er in der anderen weiterhin die Waffe hielt, umschlossen Zieglers Beine plötzlich zangenartig seine Fußknöchel und zog sie nun mit großer Wucht zu sich, wobei sie ihre eigenen Knöchel zu einem verhängnisvollen Knoten verschränkte.
Sie sah das überraschte Funkeln in seinen Augen, als er das Gleichgewicht verlor. Er ruderte mit den Händen durch die Luft. Fiel mit voller Wucht. Sein Kopf knallte hart gegen die Fußleiste. Doch konzentrierte sich Ziegler auf die Waffe, die zwischen ihnen landete. Unter ohrenbetäubendem Lärm löste sich ein Schuss. Ein schrilles Pfeifen wie von einer Feuerwerksrakete gellte ihr in den Ohren, und ein heißer Luftzug strich über ihre Wange, als das klein Metallgeschoss ganz dicht an ihr vorbeisirrte und unter einem kurzen, lauten Knall irgendwo hinter ihr in die Wand einschlug. Eine Rauchschwade, ein beißender Geruch. Sie kroch bereits strampelnd über den Boden und packte die Pistole in dem Moment, als er sich selbst danach umsah, während er sich gleichzeitig den Hinterkopf rieb. Sie wälzte sich auf die Seite, die Schulter an der Wand, den Blick auf ihre Füße und dahinter auf Zlatan selbst gerichtet. In ihren gefesselten Händen an ihrem Po hielt sie die Waffe und richtete sie auf ihn.
„Keine Bewegung! Beim kleinsten Zucken leere ich das Magazin in deinen Bauch!“
Er lachte hämisch. Seine Augen waren zwei finstre Schächte. Sie starrten in die schwarze Mündung des Laufs in Ziegler Rücken .
„Und was hast du jetzt vor?“, spöttelte er mit hochgezogenen Brauen. „ Mich umbringen? Das würde mich wundern … Glaubst du, du hältst das lange aus? Ich hab dein iPhone. Und den Schlüssel für die Handschellen. In dieser Position ist dein Arm in zwei Minuten vollkommen steif!“
Er sah sie mit der ruhigen Selbstsicherheit eines Raubtiers an, das alle Zeit der Welt hat. Er hatte recht. Schon jetzt begann ihr die Schulter, die unter ihr eingeklemmt war, einzuschlafen, und die Hand, die die Waffe in ihrem Rücken hielt, zitterte leicht. Bald würde sie so stark beben, dass sie nicht mehr richtig zielen könnte, und er hätte sich so weit erholt, dass er sich auf sie stürzen würde.
„Du hast verdammt recht“, äußerte sie lächelnd.
Er warf ihr einen erstaunten Blick zu. Gleich danach löste sich der Schuss, und er schrie vor Schmerzen, als seine Kniescheibe von der Kugel zerfetzt wurde.
„Scheiße, du spinnst wohl!“, schrie er, während er sich vor Schmerzen krümmte und sich mit beiden Händen das Bein hielt. „Du hättest … du hättest mich umbringen können!“
„Ganz genau!“, schleuderte sie ihm entgegen. „In dieser Position habe ich nach Gefühl geschossen, wie du dir vielleicht denken kannst. Ich hätte dich überall treffen können … Am Bauch, an Brust, am Kopf … Wer weiß, wo dich die nächste Kugel erwischt.“
Sie sah, wie er erblasste. Ohne sich weiter um ihn zu
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