Kindsköpfe: Roman (German Edition)
singen.
»Jetz wäd op de Trumm geklopp, zimm bumm bumm, zimm bumm bumm.
Mer Korsare stonn om Kopp, zimm tärä bumm bumm. «
Hannes klatschte in die Hände und freute sich des Lebens.
»Helau«, sagte Niklas. Er konnte nicht anders.
»Die Korsaren Rot-Grün sin einer der älltesten Karnevallsvereine in Kölln, junger Mann«, klärte der Makler ihn mit todernster Miene auf, nicht ohne eine gewisse Note der Herablassung in seinem Singsang unterzubringen. Dann wandte er sich an Oliver .
»Un wat verschläächt so einen hoffnungsvollen jungen Mann in die verbotene Stadt?«
Oliver machte eine Kopfbewegung in Richtung Niklas, und der Kölner Narr nickte.
»Na, wie jesaacht, mir ejal, wat Se hier veranstalllten. Hauptsache, Se können zahlen.« Dann versah er ihre Namen auf seiner Liste mit einem Haken. An diesem Abend beschloss Niklas, Karnevalsvereine etwas wohlwollender zu betrachten.
Leider war der Preis, den der Makler nannte, noch etwas umwerfender als das Haus selbst. Um sein Entsetzen zu verbergen, trat Oliver hinaus auf den Balkon. Niklas folgte ihm und hakte sich mit einem Finger in seiner Gesäßtasche ein. Eine Weile blickten sie schweigend auf den Rhein.
»Das ist zu viel Geld, Nik.«
»Da unten auf der Wiese könntest du mit Hannes immer eure Drachen steigen lassen.«
»Tun wir ja schon.«
»Aber von hier aus kann ich euch besser dabei beobachten.«
Ein Vergnügungsdampfer kroch den Fluss entlang, strahlend wie eine Sternschnuppe. Lichterketten schmückten das Deck. Samba-Rhythmen im Hammondorgelsound, verquirlt mit überdrehtem Gelächter und ausgelassenem Geschrei, plätscherten ans Ufer. Gegenüber reckte sich der Fernsehturm in den Himmel, schlank und stolz. Mit Beginn der Dämmerung wurde die Kuppel allabendlich blau beleuchtet. Niklas betrachtete die roten Lämpchen. Wenn man sie von unten nach oben addierte, war es kurz nach acht.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte er plötzlich zu Oliver und wischte sich übers Gesicht.
»Was hast du denn?«
Niklas rannte die Treppe hinunter, zwei Stufen auf einmal.
»Wat is? Jefällt ihm die Wohnung nit?«, fragte der ahnungslose Makler.
Niklas bereute, dass er Lotte nicht mitgenommen hatte. Es war falsch gewesen, sie von der Wohnungsbesichtigung auszuschließen. Sie musste sich ausgestoßen und allein fühlen. Die Kleine machte ohnehin eine schwere Zeit durch. Was sie brauchte, war Verständnis, nicht Bestrafung. Schließlich ging es auch um ihr neues Heim. Das konnte man nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden. Das Kind sollte sich doch wohl fühlen in der neuen Umgebung.
Während er mit Vollgas durch die engen Straßen jagte, beschloss er, die Entscheidung in Lottes Hände zu legen. Sie dürfte sich als Erste ein Zimmer aussuchen, das größte und schönste. Warum nicht den Turm? Die Kleine sollte sich wie eine Prinzessin fühlen. Und endlich den Kummer vergessen, den ihr Vater ihr bereitet hatte.
Ihr Weinen war schon im Treppenhaus zu hören, es brach ihm das Herz. Seine Hand zitterte bei dem Versuch, die Tür zu öffnen. Niklas rief Lottes Namen, doch sie schien ihn nicht zu hören. Ihr Wimmern und Weinen brach nicht ab.
»Lotte, es tut mir leid!« Er stürmte in die Wohnung. Hinter der offenen Küchentür entdeckte er sie gleich. Zusammengekrümmt lag sie auf dem Boden, das rechte Bein seltsam von sich gestreckt. Zu ihren Füßen ein zusammengefalteter Klappstuhl und, zwei Armlängen entfernt, die Schultafel.
»Grünholzfraktur.« Der Arzt, weißhaarig, dickbebrillt und mit einem Schmiss quer über der eingefallenen Wange, deutete mit seinem wurstigen Finger auf die Röntgenaufnahme. »So ein Beinbruch ist bei Kindern kein großes Ding, die haben elastische Knochen. Ihre Tochter hat Glück gehabt.«
»Ich hätte sie nicht allein lassen dürfen«, sagte Niklas leise.
Der Arzt knipste das Licht aus und nahm die Röntgenbilder vom Schirm.
»Ach was. Gehen Sie zu ihr und sagen Sie ihr, dass Sie sie gern haben. Sie hat den Schreck sicher längst überwunden.«
Mit einem großväterlichen Lächeln legte er Niklas seine Hand auf die Schulter und schob ihn sanft aus seinem Zimmer.
»Machen Sie sich keine Sorgen, junger Mann. Bald ist wieder alles wie neu, und die Kleine wird Ihnen davonrennen.«
Als Niklas Lottes Zimmer betrat, war eine breitschultrige Schwester namens Andrea damit beschäftigt, die Frühstückswünsche des Kindes zu notieren.
»Ah, da kommt dein Papa.«
Lotte drehte sich demonstrativ weg.
»Wir sind gleich so
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